Vertrauen basiert auf Transparenz, betont Dr. Matthias Rein. Auch wenn es sich in den letzten Jahren deutlich verbessert hat, so fehlt es immer noch an einer umfassenden Aufklärung.
Vor jeder noch so kleinen Operation wird mir ein mindestens vierseitiges Infoblatt ausgehändigt, dessen Kenntnisnahme ich mit meiner Unterschrift bestätigen muss. Man vergleiche den Umfang solcher Infoblätter mit den Infos auf www.organspende-info.de
Bei der Organspende genügt im Zweifel ein kleiner Ausriss aus einer postkartengroßen Infoschrift, die mir irgendwann einmal zugeschickt wurde.
Bei kritischer Rückfrage wird mir dann immer wieder gesagt, ich müsse ja nicht alles spenden, ich könne ja auch nur bestimmte Organe oder Gewebe spenden.
Da mir aber zu jedem dieser Gewebe oder Organe die Information fehlt, bin ich nicht in der Lage, eine begründete Entscheidung zu treffen. Für eine Entscheidung müsste ich wissen, was das für meinen eigenen Körper bedeutet und wie bei der OP vorgegangen wird, genauso ausführlich, wie es bei jeder anderen OP sonst auch geschieht. Und ich müsste wissen, was das für den Körper des Empfängers bedeutet und wie bei dessen OP vorgegangen wird. Welche Risiken diese OP für ihn haben wird und welche Erfolgsaussichten im allgemeinen bestehen.
Und bei diesem besonders sensiblen Thema wüsste ich auch gerne, wie mit dem Personal umgegangen wird: OP-Schwestern und -Pfleger, AnästhesistInnen, usw. Welche Formen der Fürsorge erfahren sie? Haben sie die Möglichkeit zur Supervision? Wie werden sie vorbereitet? Welche Begleitung erfahren sie, nachdem sie den Moment des Abschaltens aller unterstützenden Systeme erleben mussten, wenn sie dadurch belastet werden?
Und welche Standards gelten für die Aufklärung und Einbeziehung der Angehörigen? Wie werden sie unterstützt? Wer ist für sie da?
Bisher ist es immer noch so, dass man die detailliertesten Informationen von ausgewiesenen Transplantationsgegnern bekommt. Wieso eigentlich?
Umgekehrt wird in der Öffentlichkeit vor allem emotional für die Organspende geworben. Da gehen bei mir regelmäßig rote Lichter an. Wenn mir Werbung emotional kommt, will sie mich in der Regel über den Tisch ziehen. Und dann schalte ich ab.
Viele Menschen wollen die Einzelheiten gar nicht wissen. Das ist zu respektieren. Aber das Wissen darum, dass nichts verheimlicht wird, und dass jede nötige Information zur Verfügung steht, sorgt für Transparenz und könnte für Vertrauen sorgen.
Da ist immer noch viel zu tun. Und es wäre schön, wenn Kirche sich für diese nötige Transparenz einsetzt und sie einfordert, damit (endlich) Vertrauen entstehen kann.
Bernd Kehren
Dieser Leserbrief ist erschienen im Deutschen Pfarrerblatt 8/2017