Überwinde das Böse mit Gutem

13.07.2014 – 10:00
Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Swisttal-Odendorf
Gottesdienst zum
4. Sonntag nach Trinitatis (VI) Röm 12,17-21

Wochenspruch:
Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Galater 6,2

Eingangslied
EG 671 Unfriede herrscht auf der Erde

Liturgische Begrüßung

“Vergeltet nicht Böses mit Bösem, überwinde das Böse mit Gutem!” –
Geht es Ihnen auch so wie mir? Man freut sich über die Erfolge auf der Fußball-Weltmeisterschaft – und dann bleibt einem die Freude im Halse stecken, wenn man von den Raketen in Israel hört, von Toten und Verletzten. Und dann diese Nacht Raketen auf Städte in Israel, Jerusalem, auf den Flugplatz in Tel Aviv, Abwehrraketen, zum Glück nur Verletzte, Raketen auf Gaza, mehr als 56 Tote dort, Israel ist mit ersten Bodentruppen in Gaza.
Dazu schlimme Nachrichten aus der Ost-Ukraine.
Irgendwie kommt dieser Gottesdienst heute zu spät.
Soll ich heute meine Stola ablegen? Ist sie zu bunt? Oder soll ich sie anbehalten als Zeichen dafür, dass Gottes Liebe trotz allem grenzenlos bleibt?
Gerade wegen der Entwicklung in der Welt möchte ich stellvertretend als Sündenbekenntnis gleich ein Gebet für Israel / Palästina lesen.

Psalm EG 709.2
Ps 22,23.24a.25-29.32

Ehr sei dem Vater …

Gebet für Israel / Palästina
Du Gott des Friedens:
Wir alle leben davon,
dass du unsere Bosheit
nicht mit Bösem vergiltst,
und an die Stelle von Rache
dein barmherziges Recht setzt.
Du bist Anwalt der Schwachen,
weist die Starken in Grenzen
und schaffst Versöhnung.
An dich wenden wir uns,
ratlos und empört
angesichts der neuen Welle von Gewalt
im Nahen Osten.
Wir können die Trauer ganz Israels
über den Mord an drei Schülern verstehen.
Wir teilen den Zorn der Palästinenser
über den grausamen Rachemord.
Aber die Hassparolen auf beiden Seiten,
die Bereitschaft zu Gewalt
und der Ruf nach weiterer Vergeltung
wecken die Sorge um die Zukunft
der ganzen Region.
Nach unserem Ermessen
gibt es kaum noch Möglichkeiten
der Versöhnung,
und wir fürchten die Folgen eines Flächenbrandes
auch für uns.
Gott, bewahre uns davor,
uns in den Konflikt hineinziehen zu lassen,
einseitig Schuld zuzuweisen,
und die Verletzungen und Ängste
der anderen Seite
nicht anzuerkennen.
Wir haben keine tauglichen Rezepte.
Deshalb bitten wir dich:
Schaffe du Frieden
für Israel und Palästina,
und für die angrenzenden Staaten.
Heile die Wunden,
die Hass und Gewalt geschlagen haben
und führe die Menschen zusammen
in Respekt füreinander
und im Geist der Versöhnung.
Sylvia Bukowski, 7. Juli 2014
http://www.reformiert-info.de/13278-0-12-2.html

Kyrie-Gesang
EG 600 Meine engen Grenzen

Zuspruch
Gott kennt unsere Grenzen, und Ohnmacht und unsere Sehnsucht. Seine Liebe ist der Schlüssel, dass wir auf sein Erbarmen vertrauen und uns auch in Schwierigkeiten stark und frei fühlen dürfen. Bei ihm sind wir zu Hause – auch in Angst um das, was in der Welt geschieht. Gott ist der Gott aller Menschen.

Ehre sei Gott in der Höhe

Kollektengebet
Gott voll Barmherzigkeit und Liebe,
hilf, dass auch wir barmherzig sind und die ertragen, die du erträgst.
Gib, dass wir einander verstehen lernen.
Durch Jesus Christus, unsern Herrn.
(EG zum 4. S.n.Tr.)

Evangelium: Lk 6,36-42

Halleluja
Das ist ein köstlich Ding, dem HERRN danken *
und lobsingen deinem Namen, du Höchster.
Psalm 92,2 Halleluja.

Glaubensbekenntnis

Lied
EG RWL 665 Liebe ist nicht nur ein Wort

Predigt
Römer 12, 17-21
17  Vergeltet niemandem Böses mit Bösem.  Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.
18 Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so  habt mit allen Menschen Frieden.
19  Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«
20 Vielmehr,  »wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22).
21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Liebe Gemeinde,

leichter gesagt als getan.

Wenn man uns fragte, wie konfliktfähig wir sind, die meisten von uns würden sich wohl bescheinigen, dass wir eine ganze Menge aushalten können, und dass wir nicht besonders nachtragend sind.

Aber gibt es nicht irgendwie in jeder Familie Konflikte, die irgendwann einmal jemand unter den Teppich gekehrt hat, an die man nicht wirklich heran kommt?

Ich gestehe, ich kenne so etwas in der Familie. Ich mache das nicht gerne, aber es gibt so etwas. Menschen, die von der Beerdigung ihrer Geschwister ausgeschlossen wurden, weil es vorher so sehr gekracht hatte, dass man sich nur noch aus dem Weg gehen konnte.
Solche Konflikte haben eine Vorgeschichte. Wie oft hat man dann da gesessen, sich angehört, was der eine der Konfliktpartner über den anderen sagte, und dann auch, was der andere über den einen sagte.
Man kennt beide, man merkt, dass man beide Positionen ein Stück weit nachvollziehen kann, auch wenn man selber die jeweils andere Person so ganz anders kennt. Ja, beide haben ihre Schwächen, man erkennt den anderen in der Kritik durchaus wieder, und trotzdem tut es weh, den anderen so missverstanden zu sehen. Es tut weh, zu sehen, wie beide Seiten leiden. Der Konflikt tut niemandem gut, es gibt nur Opfer, nur Verletzungen. […]
Andere Konflikte sind globaler.

Israel konnte und wollte nicht aufhören, Siedlungen zu bauen. Die Hamas konnte und wollte nicht aufhören, Raketen zu schmuggeln, aufzustellen und abzuschießen.
Dann der grausame Mord an drei Jugendlichen. Dann der grausame Mord an einem Jugendlichen. Eine Verhaftungswelle. Raketen. Hunderte Tote.
Aktivisten und Zivilisten. Aktivisten, die sich hinter Zivilisten versteckten. Israel, das erst anruft und eine leere Rakete schickt, bevor sie ein Haus bombardiert. Eine Hamas, die Zivilisten auffordert, in dieses Haus zu kommen, damit die Israelis es nicht bombardieren können. Aber wenn die Rakete bereits unterwegs ist, wenn man das bemerkt, gibt es viele Tote.
Politiker, die zu Rache aufrufen und denen man hinterher ihre Bemühungen um Mäßigung nicht mehr wirklich abnimmt. Und nun die Eskalation.

Ich muss an den jungen Mose denken, Pflegekind bei der ägyptischen Prinzessin, Terrorist, der den Ägypter erschlägt, der den jüdischen Landsmann bedrängt.
Dem man den Friedenswillen nicht mehr abkauft, als er unter seinesgleichen Streit schlichten will.
Der Böses mit Schlechterem vergolten hatte. Der fliehen musste. Ins Exil. Der dort seine Liebe fand und – nach der Priesterlehre beim heidnischen Schwiegervater – am brennenden Dornbusch auch den jüdischen Jahwe-Glauben kennenlernte.
Den Gott des Alten Testaments, der von so vielen Menschen als Rachegott abgelehnt wird.

Hat er das nicht so oft gesagt: „Mein ist die Rache, spricht der Herr?“ Paulus zitiert hier in seinem Römerbrief 5. Mose 32,35.

Aber was bedeutet die Stelle in ihrem Zusammenhang?

Viele Menschen zu allen Zeiten dachten, dass Gott ein besonders effektiver Rächer ist. Und wenn er das so effektiv kann und tut, dann darf man ihm auch mal zuvor kommen und die Sache in die eigene Hand nehmen.  So haben es dann später oftmals die Christen gemacht. Sie fühlten sich berufen, an Gottes Stelle für ihn zu kämpfen und an seiner Stelle das Schwert in die Hand zu nehmen. Und wir müssen uns immer noch schämen über die Kreuzzüge, über Inquisition, über Kämpfe gegen die Achse des Bösen, über Todesstrafe und vieles mehr.

Denn was ist, wenn es ganz anders gemeint ist? Wenn Gott sagen will: Haltet Euch da raus. Lasst die Rache mal bitte meine Sache sein. Ihr seid viel zu aufgeregt; Ihr seid viel zu parteiisch. Wisst Ihr nicht, dass ich ein gnädiger Gott bin, der den Brudermörder Kain unter seinen Schutz stellte statt auch von ihm das Leben zu fordern?
Rächt euch nicht selbst, so heißt es im Römerbrief.
Paulus zitiert 3. Mose 19,18, und jeder bibelfeste Jude weiß sofort, wie der Vers dort fortgesetzt wird: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; in bin der HERR.“

Rächt Euch nicht, und dann folgt in 3. Mose das Gebot der Nächstenliebe, das uns vor allem aus dem Neuen Testament bekannt ist. Der Nächste, der Volksgenosse ist nicht der Fremde. Aber auch dazu gibt es Anweisungen, und selbst die Feindesliebe kommt in praktischen Anweisungen des Alten Testaments zum Ausdruck.

„Vergeltet niemandem Böses mit Bösem.  Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.“

Was für Kreisläufe kann man in Gang setzen, wenn man immer nur auf Stärke und Vergeltung setzt?
Was für Kreisläufe kann man in Gang setzen, wenn man auf Versöhnung setzt, ohne seine Sicherheit ganz außer Acht zu lassen?

Der Kreislauf aus abblocken, Siedlungen bauen, täglich sticheln, Wasserzuteilungen kürzen, er hat jedenfalls in die Eskalation geführt. “Anders geht es nicht. Eine andere Sprache verstehen die nicht. Man kann sich doch nicht alles gefallen lassen …”
Immer schneller hat sich die Spirale gedreht. Und diese Nacht hatten wir Krieg, und es sieht so aus, als würde er noch weiter eskalieren.

Unser Bundespräsident wurde gescholten, weil er mehr Engagement in der Welt gefordert hat. Ich bin überzeugt davon, dass es ihm Ernst war, dass bewaffnete Einsätze nur die allerletzte Möglichkeit sein dürfen, die er aber nicht ausschließen wolle. Und ich habe alle seine Äußerungen so verstanden, dass es vor dieser Schwelle viel zu tun gibt. Dass man vorher nicht locker lassen darf, dass man nichts unversucht lassen darf, um zu deeskalieren, um Menschen in die Lage zu versetzen, ihren Hass zu bändigen.

Ist wieder einmal viel zu wenig getan worden? Hätte man doch noch intensiver darauf hinweisen müssen, dass ausgeweiteter Siedlungsbau in die Katastrophe führen wird? Wo stehen wir als Christen? Dürfen wir einstimmen in den Chor derer, die sagen, es hat ja doch keinen Zweck?

Gibt es keine Alternativen?

Ich verfolge seit Jahren das Projekt www.Ferien-vom-Krieg.de
Angefangen hat es mit Kindern und Jugendlichen der verfeindeten Volksgruppen im ehemaligen Jugoslawien, seit einigen Jahren finden auch Ferienprojekte für Jugendliche aus Israel und Palästina statt. Fast alle Teilnehmer haben zum ersten Mal in ihrem Leben die Chance, den Konflikt mit den Augen der Gegner zu sehen. Es kostet sie unendliche Mühen, aus ihren Gebieten auszureisen und ein Visum zu bekommen. Hinterher müssen sie sehr vorsichtig sein wegen der Vorwürfe, sie hätten sich mit den Feinden eingelassen und seien nun Verräter. Aber alle wollen Sie weiter für den Frieden mitarbeiten. Alle können sie nicht aufhören, feurige Kohlen auf das Haupt der Feinde zu sammeln, ihnen Gutes zu tun, um sie so zu beschämen, dass aus Feinden Freunde werden.

Die Kollekten heute kann ich nicht umwidmen, aber ich kann Ihnen die Flyer empfehlen, die ich mitgebracht habe. Gerade eben noch kam über Twitter die Meldung, dass es dem ARD-Korrespondent Markus Rosch gelungen ist, Gaza zu verlassen. Und die Meldung: Die Straßen sind voller Flüchtlinge.

Die Jerusalem Post analysiert heute früh: Es sei ein Irrglaube, Israel könnte die Hama zerschlagen, ebenso wie es ein Irrglaube der Hamas ist, es werde nach der Vernichtung Israels aus den Ruinen ein neues Palästina entstehen. Bis jetzt habe die „eiserne Abwehrkuppel“ der israelischen Abwehrraketen gehalten. Aber das könne keine Option auf Dauer sein. Israel habe die Zahl ziviler Toter auf ein Minimum begrenzen können, so sehr jeder einzelne Tote schmerze. Vielleicht – das ist die Hoffnung – sei die militärische Führung der Hamas jetzt so geschwächt, dass sich die zivilen Palästinenser in den nächsten Wahlen für eine weniger gewaltbereite Regierung entschließen. Aber zu engagierten Friedensbemühungen gebe es keine Alternative.

Liebe Gemeinde, mir scheint, selten war ein Predigttext so aktuell. Selten waren seine Mahnungen so wertvoll. In der großen Politik wie im menschlichen Miteinander. Sind die Tischtücher erst zerschnitten, wird es unendlich schwer, sie wieder zusammen zu nähen. Es bleiben Wunden und Verletzungen. Um so wichtiger ist es, Böses mit Gutem zu überwinden. Hass auf Israel bringt gar nichts. Hass auf die Hamas auch nichts.

Ganz ehrlich: Ich kann jeden verstehen, der nach den Demütigungen der letzten Jahre und Jahrzehnte auf Gewalt nicht verzichten mag.
Und trotzdem führt dieser Weg immer in die Katastrophe. Es war noch nie anders.

Aber in all den Konflikten, in denen man den Betreffenden echte Perspektiven anbieten konnte, konnten auch die Konflikte überwunden werden. Nordirland, Baskenland, in Deutschland die RAF, Südafrika die Apartheid, Martin Luther King in den USA: Es hat sich gelohnt, nichts unversucht zu lassen.

Es lohnt sich, wenn wir nicht locker lassen und immer wieder fragen: Haben wir unseren Gegnern schon genug Gutes getan? Hat Deutschland sich schon genug für Frieden engagiert – oder immer nur für den eigenen Wohlstand? Was kann man noch für Frieden tun?

Und letztlich unser Gott: Was wäre, wenn er sagen würde, es hat doch keinen Zweck mehr…

Aber er sagt: Es hat immer noch Zweck, mit Liebe auf Hass zu antworten. Versucht es. Es ist für ihn ebenso mühsam wie für uns. Aber er lässt nicht locker.

Darum sollten wir uns einsetzen. Im Privaten – da gibt es für jeden genug zu tun, angefangen von der Erziehung unserer Kinder und Enkel: Können sie von uns lernen, wie man Gegner und Feinde liebt und ihnen Gutes tut?

Über unsere öffentlichen Äußerungen, wenn wir die Nachrichten hören, bis zu den Wahlen: Wählen wir Parteien, die zuverlässig für Deeskalation eintreten oder solche, die lieber die Zügel schleifen lassen, bis alles zu spät ist?

Überlassen wir die Rache lieber Gott. Er kennt auch die andere Seite. Und wenn Gott den anderen lieber in den Arm nimmt, um auch ihn zu trösten, werden wir nicht böse. Denn auch wir können nur deswegen leben, weil Gott auch uns in den Arm nimmt. Immer wieder neu.

Lied
EG 666 Selig seid Ihr

Meditation zum Abendmahl
„Du bereitest einen Tisch im Angesicht meiner Feinde“, so heißt es in Psalm 23.
Die Raketen fliegen, aber Du lässt dich nicht abbringen, deckst den Tisch, lädst mich ein ebenso wie die, mit denen ich streite.
Wir sollen zu Besinnung kommen, wir sollen unsere Kriegsbeile begraben, wir sollen merken, dass wir alle als Menschen Deine Ebenbilder sind.
Wir sollen merken, dass wir alle Menschen sind.
Manchmal fällt es uns schwer angesichts unserer Wut und unserer Trauer, dass wir uns auf Deine Einladung einladen. Trotzdem wollen wir Dich loben und preisen mit allen Völkern – gerade auch wenn einige jetzt noch verfeindet sind…

Dankgebet
Auch in Krieg und Not können wir Dich preisen, Gott, denn Du lädst uns ein an deinen Tisch. Hab Dank, dass wir dort auch unsere Gegner finden. Du hast sie eingeladen. Hab Dank, dass du nicht zulässt, dass wir Feinde bleiben.
Hab Dank, dass Du nicht Hass predigst, sondern Liebe.
Hab Dank, dass wir an deinen Tisch kommen dürfen.

Abendmahl

Joh 20,21
Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

LIed
EG RWL 678 Wir beten für den Frieden

Segen

Das Licht der Vergebung erhelle uns den Weg,
der Baum des Friedens gebe uns den Schatten,
die Welle der Liebe trage uns über das Meer,
die Kraft der Verwurzelung lasse uns beweglich sein.
Gottes Segen fließe durch unsere Hände und Füße,
damit wir, von Gott gesegnet,
für andere ein Segen sind.
(aus benno 2003, Segensworte für das ganze Leben, S. 181)

Gerechtigkeit statt Rache

16.09.2001
Gerechtigkeit statt Rache
Gottesdienst nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center
Evangelische Versöhnungskirche Essen-Rüttenscheid, 10.00 Uhr
Pfarrer z.A. Bernd Kehren

Vorspiel: Kyrie eleison (Kanon zu drei Stimmen)

Begrüßung

Herzlich willkommen heute zu diesem Gottesdienst.

Ich habe die Bilder von Dienstag immer noch vor Augen.

Erst das brennende World Trade Center, und der Interviewpartner des WDR sagte, mit Flugzeugen könne das nichts zu tun haben.

Und dann nach dem Konfirmandenunterricht die Nachricht: Zwei Passagierflugzeuge haben die beiden Türme gerammt. Tausende von Toten.
Zu diesem Zeitpunkt noch: Zigtausende von Toten.

Im Jugendclub Gazonga lief der Nachrichtensender.

Blankes Entsetzen. Wie kann das nur sein?

Am Morgen ging der Vater, die Mutter, der Freund, die Freundin wie immer aus dem Haus. Nun sind sie tot.

In Psalm 46,2-3 heißt es:
Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben, darum fürchten wir uns nicht.

Im Vertrauen darauf wollen wir heute Gottesdienst feiern.

Ich habe vor allem Friedenslieder herausgesucht, weil ich meine, dass Christen einen ganz bestimmten Auftrag haben, mit solchen unfassbaren Aggressionen umzugehen.

Davon wird dieser Gottesdienst geprägt sein, ebenso auch der Jugendgottesdienst am kommenden Samstagabend, zu dem ich Sie alle – besonders aber natürlich euch Jugendliche und eure Eltern – herzlich einlade.

Abkündigungen

Eingangslied
Gib Frieden, Herr, gib Frieden
(Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe Rheinland, Westfalen, Lippe Nr. 430)

ERÖFFNUNG
Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat,
der Bund und Treue hält ewiglich
und der nicht preisgibt das Werk seiner Hände.
Amen.

Eingangspsalm
Wir sprechen gemeinsam im Wechsel aus Psalm 37
unter der Nummer 719:

Befiehl dem Herrn deine Wege
und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen
und wird deine Gerechtigkeit heraufführen wie das Licht
und dein Recht wie den Mittag.
Sei stille dem Herrn und warte auf ihn.
Entrüste dich nicht, damit du nicht Unrecht tust.
Bleibe fromm und halte dich recht;
denn einem solchen wird es zuletzt gut gehen.
Der Herr hilft den Gerechten,
er ist ihre Stärke in der Not.

Kommt, lasst uns anbeten:
Gemeinde
Ehr‘ sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Gebet und stilles Gebet
Gott,
niemand ist hier, egal ob kleines Kind oder Erwachsener,
der nichts von diesem schrecklichen Unglück mitbekommen hat.
Manche von uns haben die Nächte am Fernseher verbracht,
um die neuesten Nachrichten zu erfahren.
Viele von uns haben Angst, wie es weitergehen soll.
Im Stillen Gebet versuchen wir nun, dir Gott von unseren Ängsten zu erzählen.

[STILLE]

Gott, du hörst uns. Darum bitten wir:
„Herr, erbarme dich.“

Gemeinde
Herre Gott, erbarme dich. Christe erbarme dich, Herre Gott, erbarme dich.

Zuspruch
Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben, darum fürchten wir uns nicht und singen:

Gemeinde
Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen.
Wir loben, preis’n, anbeten dich, für deine Ehr wir danken, dass du, Gott Vater, ewiglich, regierst ohn alles Wanken. Ganz ungemessn ist deine Macht, fort gschieht, was dein Will hat bedacht. Wohl uns des guten Herren.

Salutatio
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!

Gemeinde
Und mit deinem Geist.

Friedensgruß
So grüßt euch auch untereinander mit dem Gruß des Friedens. Wir haben ihn nötiger denn je.

Gemeinde (untereinander)
Der Friede Christi sei mit dir!

Verabschiedung der Kinder in den Kindergottesdienst
So singen wir heute auch die beiden letzten Strophen des Kindergottesdienstliedes, das Sie vorne in Ihren Gesangbüchern finden.
Die Kinder werden sich im Kindergottesdienstraum mit Gottes guter Schöpfung und seiner Erde beschäftigen.
3. Gott, der Vater und der Sohn und der Heil’ge Geist sei mit uns; sei mit uns bei Nacht und Tag, bei Traurigkeit und Freude.
La, la, la,  la…
4. Deinen Segen schenke uns, allen Menschen hier auf Erden.
Jede Stunde sei uns nah, Gott, Vater hoch im Himmel.
La, la, la, la…

Kollektengebet
Deinen Segen schenke uns,
allen Menschen hier auf Erden.
Gott, lass uns nicht aufteilen in Menschen,
die unsere Rache verdienen und Menschen,
die deinen Segen bekommen dürfen.
Wir vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit,
sondern auf deine große Barmherzigkeit
von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Gemeinde „Amen“

Schriftlesung
Wir hören die Schriftlesung aus Jesaja 32,9-17
9 Wohlan, … hört meine Stimme! … Die ihr so sicher seid, nehmt zu Ohren meine Rede!
10 Über Jahr und Tag, da werdet ihr Sicheren zittern; denn es wird keine Weinlese sein, auch keine Obsternte kommen.
11 Erschreckt, ihr Stolzen … , zittert, ihr Sicheren! Zieht euch aus, entblößt euch und umgürtet eure Lenden!
12 Man wird klagen um die Äcker, ja, um die lieblichen Äcker, um die fruchtbaren Weinstöcke,
13 um den Acker meines Volks, auf dem Dornen und Hecken wachsen, um alle Häuser voll Freude in der fröhlichen Stadt.
14 Denn die Paläste werden verlassen sein, und die Stadt, die voll Getümmel war, wird einsam sein, dass Burg und Turm für immer zu Höhlen werden, dem Wild zur Freude, den Herden zur Weide,
15 so lange bis über uns ausgegossen wird der Geist aus der Höhe. Dann wird die Wüste zum fruchtbaren Lande und das fruchtbare Land wie Wald geachtet werden.
16 Und das Recht wird in der Wüste wohnen und Gerechtigkeit im fruchtbaren Lande.
17 Und der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Ertrag der Gerechtigkeit wird ewige Stille und Sicherheit sein,
18 dass mein Volk in friedlichen Auen wohnen wird, in sicheren Wohnungen und in stolzer Ruhe.

GLAUBENSBEKENNTNIS
Liebe Gemeinde,
in besonderen Situationen bekennen wir unseren Glauben mit anderen Worten als denen des bekannten Apostolikums.
Ich möchte Sie bitten, im Gesangbuch den Heidelberger Katechismus aufzuschlagen auf der Seite 1352.
Dort finden wir die Erläuterungen zum sechsten Gebot:
„Du sollst nicht töten.“
Wir sprechen gemeinsam:

Frage 105
Was will Gott im sechsten Gebot?
Ich soll meinen Nächsten
weder mit Gedanken
noch mit Worten oder Gebärden,
erst recht nicht mit der Tat
auch nicht mit Hilfe anderer,
schmähen, hassen, beleidigen oder töten.
Ich soll vielmehr alle Rachgier ablegen,
mir auch nicht selbst Schaden zufügen
oder mich mutwillig in Gefahr begeben.
Darum hat auch der Staat den Auftrag,
durch seine Rechtsordnung das Töten zu verhindern.

Frage 106
Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?
Nein.
Gott will uns
durch das Verbot des Tötens lehren,
dass er schon die Wurzel des Tötens,
nämlich Neid, Hass, Zorn und Rachgier
hasst und dass alles für ihn heimliches Töten ist.

Frage 107
Haben wir das Gebot schon erfüllt,
wenn wir unseren Nächsten nicht töten?
Nein.
Indem Gott Neid, Hass und Zorn verdammt,
will er, dass wir unseren Nächsten lieben wie uns selbst,
ihm Geduld, Frieden, Sanftmut,
Barmherzigkeit und Freundlichkeit erweisen,
Schaden, so viel uns möglich, von ihm abwenden,
und auch unseren Feinden Gutes tun.

Kanzelabkündigung
des Präses unserer Evangelischen Kirche im Rheinland.

12. September 2001
Unbeschreibliches Leid ist durch die furchtbare Serie von Terroranschlägen in den USA über die Menschen gekommen.
Die menschliche Fähigkeit zum Bösen übersteigt alles, was wir uns vorstellen können. Die Schreckensbilder werden uns nicht mehr aus dem Sinn gehen.
Mit unseren Gedanken sind wir bei den Opfern, die ihr Leben oder ihre Gesundheit verloren haben.
Für Freitag, den 14. September 2001 haben die Evangelische Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz zu einem Friedens- und Gedenkgottesdienst in Düsseldorf eingeladen und dazu aufgerufen, auch vor Ort die Gemeinschaft im Gebet zu suchen.
Ich bitte Sie in diesen Tagen besonders um diesen wichtigsten Dienst, den wir Christinnen und Christen leisten können:

Beten Sie für die Opfer, für die Angehörigen und ihre Freunde.
Beten Sie für die Rettungskräfte, die weit über ihre körperlichen und seelischen Kräfte hinaus gefordert sind.
Beten Sie für die Politikerinnen und Politiker, von deren Urteilen und Entscheidungen so viel abhängt.

Untaten wie diese bringen neues Unrecht hervor. Wer auch immer hinter diesen Greueltaten steht, widerstehen Sie allen Versuchen, die allein den Islam als Weltreligion für diese Terroranschläge verantwortlich machen.
Gewalttäter, die ihre Taten religiös oder ideologisch begründen, irren. In Wahrheit sind sie den Götzen der Gewalt und des Fanatismus und des Hasses verfallen.
Stärken Sie alle Menschen, die sich für Vernunft und Verständigung einsetzen.
Suchen Sie das Gespräch, damit die Gräben des Hasses nicht noch tiefer werden.

Lassen Sie uns zusammen für ein Ende der Gewalt, für Gerechtigkeit und Frieden beten und arbeiten.
Manfred Kock

LIED EG 678 Wir beten für den Frieden

Predigt
Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt! Amen.

Liebe Gemeinde,

wenn wir uns jetzt Zeit nehmen würden, dass jeder von uns über die Ereignisse der letzten Wochen erzählen könnte, unsere Gottesdienstzeit würde nicht ausreichen.

Die einen schalteten zufällig genau in dem Moment den Fernseher ein, als die ersten Bilder vom brennenden World-Trade-Center gesendet wurden und dachten, einer der Weltuntergangsfilme würde diesmal nicht erst am Abend, sondern schon am Nachmittag gesendet.
Die anderen arbeiteten ganz normal weiter. Manche hatten von einem Flugzeugabsturz gehört, aber es klang so merkwürdig. Und dann sickerte ganz plötzlich die Erkenntnis durch: Da ist einer der schlimmsten Anschläge auf die Menschlichkeit geschehen, den wir alle jemals erlebt haben.
Immer wieder die Bilder vom Flugzeug, das fast durch das Hochhaus hindurch fliegt, immer wieder die Bilder vom Einsturz der Hochhäuser, die unter der Last der eingestürzten Etagen ganz in sich zusammen sackten.

Und nun die Nachrichten von den Menschen, die nach Freunden und Angehörigen suchen. Menschen, die genau wissen, dass niemand von ihren Arbeitskollegen überlebt hat, weil sie sich in den oberen Stockwerken, aus denen niemand mehr bis ganz nach unten gelangen konnte.

Wir sind entsetzt.
Wie kann das alles sein?
Das darf doch nicht wahr sein!
Gott, wo bist du? Gott, verlass uns nicht!

Wir fühlen mit den Opfern, wir fühlen mit den Überlebenden.
Wir fühlen mit den Amerikanern und stehen zu ihnen.
Sie brauchen uns. Wir wollen uns nicht entziehen.
Ich erlebe bei mir, wie emotional ich reagiere, wie mich das Entsetzten packt.

Doch dann klingen schrille Töne an mein Ohr.

Mein Mitgefühl können sie nicht hinwegwischen. Das bleibt.
Aber ich spüre Protest in mir aufkommen.

Ich höre von einem Kampf aller Guten gegen das absolute Böse.

Das absolute Böse ist schnell enttarnt: Alle diejenigen, die Tausende von Menschen mit einem Schlag umbringen und vor nichts zurückschrecken.
Und die Guten sind wir, wir, die wir keine solche Schreckenstaten vollbringen oder zulassen. Wir Guten müssen zusammenstehen, wir müssen das absolute Böse ausmerzen, wir müssen Flagge zeigen, wir müssen Soldaten schicken, wir dürfen uns das nicht gefallen lassen, wir müssen zum Gegenschlag ausholen.

Wie bitte?
Wir sind die Guten?
Woher wissen wir das?

Jesus wird einmal mit „guter Meister“ angeredet und weist dies entschieden zurück.
Gut ist nur einer, Gott.

Wir sind nicht gut. Niemand von uns.

Und ich denke an die 20 000 Kinder, die jeden Tag Stunde für Stunde, Minute für Minute an Hunger sterben. Und wir nehmen es hin. Niemand ruft mit 40 Milliarden Dollar dazu auf, das Böse auszumerzen, das es zulässt, dass diese Kinder sterben.

Im Gegenteil: Wenn die korrupten Regierungen, die ihre eigenen Menschen verhungern lassen, teuere Waffen bestellen, dann machen unsere Länder, deren Regierungschefs sich „gut“ nennen, selbstverständlich Geschäfte mit ihnen.

Im Gegenteil: Wenn in einem Drittweltland billiger produziert werden kann, weil dort für einen Hungerlohn 10 Stunden und mehr an sieben Tagen in der Woche gearbeitet werden kann, dann streichen wir gerne den Profit ein.

Im Gegenteil: Wenn der Welthandel den Kaffee zu preisen handelt, bei denen die Plantagenarbeiter verhungern müssen, dann greifen wir trotzdem zu. Nur eine verschwindende Minderheit bemüht sich, fair gehandelte Produkte zu kaufen, damit unsere Welt gerechter wird.

Wie glaubwürdig ist die angeblich christliche Welt, mit Werten wie der Feindesliebe, wenn sie regelmäßig schweigt, wenn Vergeltungsangriffe geflogen werden? Wie glaubwürdig ist unsere westliche Welt, wenn sie zusieht, wie Umwelt zugrunde geht, Hauptsache, der Euro oder der Dollar rollt?

Ich bin entsetzt über die schrecklichen Bilder,
aber das Entsetzen wird gesteigert dadurch, dass jemand sich für Gut erklärt und zum Kampf gegen das absolute Böse aufruft,
ohne jedes Schuldbewusstsein dafür, wie egal die Hungertoten unserer Welt letztlich sind –
ohne jedes Schuldbewusstsein dafür, wieviel Ungerechtigkeit auf der Welt von diesen angeblich Guten geduldet oder gar gefördert wird.

Ist nicht der Terrorist Osama bin Laden von den USA selbst ausgebildet und gefördert worden?
Hat er nicht einmal auf seiten dieser Guten gekämpft und dabei bei seinen Feinden für Angst und Schrecken gesorgt und Menschen vernichtet?

Wer ist da Gut? Wer ist da böse?
Wer kann sich da anmaßen, mit der Waffe in der Hand den Kampf gegen das absolut Böse aufzunehmen?

Damit ich nicht missverstanden werde: Ich halte jede polizeiliche Ermittlung für gerechtfertigt, damit die Terroristen enttarnt und verurteilt werden. Nach einem fairen Prozess und einem gerechten Urteil. So wie auch der Heidelberger Katechismus vom Auftrag des Staates spricht, durch seine Rechtsordnung das Töten zu verhindern. Keine Frage: Darin hat Amerika unsere volle Unterstützung nötig.

Aber müssen wir Vergeltungsschläge und Vernichtungsschläge „gegen das absolut Böse“ unterstützen?
Müssen gute Freunde nicht auch einmal sagen: Stopp: Hier gehst du zu weit, das darfst du nicht?

Als Predigttext habe ich bewusst zwei Verse aus Jesaja 32 herausgesucht.

Einen Teil haben wir schon in der Lesung gehört.

Jes 32,17-18: Und der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Ertrag der Gerechtigkeit wird ewige Stille und Sicherheit sein, dass mein Volk in friedlichen Auen wohnen wird, in sicheren Wohnungen und in stolzer Ruhe.

Diese schrecklichen Taten waren nicht gerecht, ihre Frucht ist massiver Unfriede. Die Terroristen bewirken Angst und Schrecken, sie bewirken Unrecht und Unsicherheit.

Aber diese Verse fragen auch uns selbstkritisch: Wie sieht es aus mit unserer Gerechtigkeit? Warum schotten wir uns ab gegen die Armut in der Dritten Welt?
Warum finden wir ab mit Tausenden Hungertoten jeden Tag?
Warum schreit niemand auf, wenn jeden Tag mehr Kinder (von den Erwachsenen reden wir erst gar nicht) am Hunger sterben als Menschen am letzten Dienstag in den Trümmern umgekommen sind?

Ist es vielleicht doch so, dass auch unsere Ungerechtigkeit letztlich nur zum Unfrieden führt?
Zu solchen Anschlägen, die gegen unser Unrecht und unsere Arroganz protestieren wollen?

Der Leiter der Caritas spricht von Entwicklungshilfe als Instrument der Terroristenbekämpfung.

Und so verstehe ich auch die Verse aus dem Jesajabuch:
Setzte dich für Gerechtigkeit ein, dann wirst du Stille und Sicherheit ernten.
Rufe nicht auf zu Gegengewalt, sondern bekämpfe den Terror mit Gerechtigkeit.

Dort ist wahrhaftig noch viel zu tun.

Und darum müssten unsere Kirchen noch deutlicher werden und nicht nur allgemein für Weisheit unserer Politiker bitten.

Darum müssen wir warnen, wenn die untauglichen Mittel ergriffen werden, die den Hass und den Terror nur steigern.

Darum müssen wir sagen: Vergeltung trägt nicht dazu bei, dass das Böse auf der Welt weniger würde.

Jesus hat die Welt nicht dadurch erlöst, dass er das Böse mit einem Streich auslöschte (dann gäbe es uns nämlich gar nicht mehr), sondern indem er für uns betete und für uns starb.
Sein Auftrag an uns war: Folgt mir nach. Dienet, sorget für Gerechtigkeit, ich will bei euch sein.

Darum wollen wir bitten, und darum wollen wir beten.
Darum wollen wir uns in Erinnerung rufen, dass unsere Religion nicht auf Rache aufbaut, sondern auf Feindesliebe.

Das ist schwer. Es übersteigt vielleicht unsere Vernunft.

Aber es könnte helfen, dass unsere Herzen und Sinne nicht hart werden.
Es könnte helfen, dass wir aus unserem Entsetzen und aus unserem Mitgefühl die richtigen Konsequenzen ziehen.

Darum beten wir für den Frieden.
Frieden zwischen den Religionen.
Frieden zwischen den Religionen, die letztlich alle nur Frieden wollen. So wie es unzählige Muslime betonen, die sich ebenfalls von den Terroristen distanzieren und für den Frieden beten.
Und darum schließe ich ganz betont die Predigt mit den Worten aus Philliper 4,7, die ich auch sonst gebrauche:

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all‘ unsre Vernunft, bewahre unsre Herzen und Sinne in Christus Jesus!

Lied
Unfriede herrscht auf der Erde (EG 671)

Fürbitten und Vaterunser
Lassen Sie um Frieden beten. Die einzelnen Bitten beantworten wir mit dem Lied „Verleih uns Frieden gnädiglich.“

Gott, wir beten für die Opfer, für die Angehörigen und ihre Freunde.
Nimm die Ermordeten in dein Reich auf, in dem es keinen Terror und keine Anschläge mehr gibt.
Gott, wir beten für die, die die Anschläge verletzt überlebten: verletzt an Leib, aber in jedem Fall an ihrer Seele, ebenso wie ihre Freunde und Verwandten. Wir beten auch für uns, die wir verletzt sind, und Wut spüren und Angst und Trauer.
Wir brauchen deinen Frieden, deine Nähe, damit wir nicht scheitern mit unserem Leben, alle, die wir von dieser schrecklichen Tat verletzt sind.
Damit wir nicht unseren Zorn zum Maßstab machen, sondern deine Liebe.
Darum singen wir:

Gemeinde:
Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten. Es ist ja doch kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du unser Gott alleine. (EG 421 )

Gott, ganz besonders beten wir jetzt für die Rettungskräfte, die bis an den Rand der Kräfte versuchen, Überlebende zu finden, und die dabei so viele finden, die alle nicht überlebt haben.
Gott, es kostet so viel Kraft, Leichenteile aus dem Schutt zu bergen.
Gibt ihnen Menschen, die ihre Trauer aushalten.
Gib ihnen Menschen, die schweigend mittragen, was sie erdulden müssen. Gib ihnen Menschen, die mit ihnen die Wut und den Hass herausschreien, weil diese Gefühle menschlich sind und verständlich.
Hilf ihnen, dass sie an ihrer schweren Aufgabe nicht zerbrechen. Gemeinsam singen wir:

Gemeinde:
Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten. Es ist ja doch kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du unser Gott alleine. (EG 421 )

Gott,
ganz besonders beten wir für die Politikerinnen und Politiker, von deren Urteilen und Entscheidungen so viel abhängt.
Gott, wir möchten konkreter bitten.
Wir bitten, dass unsere Politiker durch ihre Entscheidungen die Spirale von Gewalt und Gegengewalt nicht weiter anheizen.
Gott wir bitten, dass gerade unsere Politiker, die sich christlich nennen, sich an deinen Geboten orientieren und nicht Gewalt mit Gegengewalt vergelten.
Ihre Aufgabe ist es, Menschen vor Gewalt zu schützen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
Aber ihre Aufgabe ist es nicht, Gewalt zu vergelten, sondern für Gerechtigkeit zu sorgen in der Welt.
Solange jeden Tag 20 000 Kinder an Hunger sterben, nimmt uns in der Dritten Welt niemand ab, dass militärische Gegenschläge der Gerechtigkeit dienen.
Gott, viele Menschen in der Welt erleben die Länder unserer westlichen Welt als solche, die sie um des Profits willen ausbeuten und denen sie ansonsten egal sind.
Darum bitten wir für unsere Politiker, dass sie sich für Gerechtigkeit in aller Welt einsetzen, dafür, dass keine Kinder mehr am Hunger sterben müssen und dafür, dass man uns überall auf der Welt abnimmt, dass wir für deinen Frieden eintreten.
Wir singen gemeinsam:

Gemeinde:
Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten. Es ist ja doch kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du unser Gott alleine. (EG 421 )

Gott, gemeinsam beten wir, dass dein Wille im Himmel wie auf Erden geschehe, mit den Worten, die du uns gelehrt hast:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung;
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

LIED
Herr, wir bitten komm und segne uns EG 607

Sendung und Segen
Gehet hin im Frieden des Herrn.
Der HERR segne dich und behüte dich;
der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
Gemeinde: „Amen.“

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