Sternenkind – Trauer und Hoffnung

Sternenkind – Trauer und Hoffnung

Wir stehen hier und trauern
um unser Sternenkind.
Wir weinen und bedauern,
die wir zusammen sind.
Wir waren voller Freude
und tiefer Zuversicht,
Voll Kummer sind wir heute,
der Schmerz die Seele sticht.

Das wollen wir dir sagen,
du treuer Gott und Herr:
Das Herz ist voller Fragen,
die Seele schwarz und leer,
verletzt und tief verwundet
durch diesen Riesenschock.
Doch du hast uns bekundet,
du bleibst bei uns, o Gott.

Bei dir sind wir geborgen,
geborgen unser Kind.
Wir glauben an ein Morgen,
zusammen wir dann sind
voll Zuversicht getröstet
in Deiner guten Hut.
Wir trauern und wir leben.
Die Hoffnung tut uns gut.

T: Bernd Kehren 2017, M: Hans Leo Hassler 1601 (O Haupt voll Blut und Wunden)

Wie bekommt mein Kreuz das größte Gewicht?

Wen soll ich nur wählen?

Eine Hilfe dazu geben „Wahlomaten“, die die verschiedenen Wahlprogramme analysieren und auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit der eigenen Auffassung aufmerksam machen.

So wichtig diese Überlegungen sind und so sehr sie zu meiner Orientierung beitragen können, so müssen sie doch um einige taktische Gedanken ergänzt werden. „Wie bekommt mein Kreuz das größte Gewicht?“ weiterlesen

Sichere Unsicherheit – Heute gibt es Fisch!

Sichere Unsicherheit – „Heute gibt es Fisch!“

„Und dann kommt dieser Satz, der mich immer wieder umhaut: ‚Niemand unter den Jüngern aber wagt, ihn zu fragen: Wer bist Du? Denn sie wussten, Es ist der Herr.'“
Predigt am 23. April 2017 zum Sonntag Quasimodogeniti in der Maria-Magdalena-Kirche zu Heimerzheim „Sichere Unsicherheit – Heute gibt es Fisch!“ weiterlesen

Wie kann ich mit meiner Trauer umgehen?

Wie kann ich mit meiner Trauer umgehen?

Eigentlich werde ich immer wieder ganz anders gefragt: „Wie kann ich von meiner Trauer los kommen?“

Trauer wird als schwer empfunden. Dann stört sie und man will sie los werden.

Aber geht das überhaupt?

An wie vielen Gräbern wird versprochen: „Wir werden dich niemals vergessen!“ Und das sagt man normalerweise auch nur bei Menschen, an die man sich gerne erinnert. Und wenn man sich an sie erinnert, dann spürt man den Verlust. Anfangs sehr heftig, später immer weniger heftig. Aber ganz vergessen wird man diesen Menschen sicher nie. Und man will es auch gar nicht.

Am schlimmsten sind dann die Tränen. Sie kommen so unvermittelt und man kann so wenig dagegen machen. Ein Kontrollverlust – und wer mag schon einen Kontrollverlust. So kann man es sehen.

Aber vielleicht kann es helfen, die Tränen auch aus einem ganz anderen Blickwinkel zu sehen.

Als mein Schwiegervater starb, hatte ich Angst, nicht weinen zu können. Als Pfarrer und eine Zeit lang als freier Grabredner habe ich gelernt, mit einer guten Atemtechnik die Trauer weitgehend im Griff zu haben. Ich bin dafür verantwortlich, dass Trauernde sicher durch die Trauerfeier geführt werden mit all den Gefühlen, die sie gerade haben. Wenn die Trauergemeinde auf der Beerdigung den Pfarrer trösten muss (bei allem Verständnis dafür, dass auch das einmal vorkommen kann), dann stimmt etwas nicht. Würde ich weinen können bei dieser Beerdigung eines lieben Menschen, an den ich auch nach Jahren noch gerne denke?

Es war eine wunderbare Beerdigung. Er hatte sich die Lieder noch selber heraus gesucht. Ich konnte Einzelheiten aus seinem Leben hören, die ich bis dahin noch gar nicht kannte. Und ich habe jede meiner Tränen genossen. Denn es waren Tränen für den besten Schwiegervater der Welt.

Der Tod konnte manches, und er konnte mir insbesondere diesen Schwiegervater nehmen. Aber er konnte mir nicht all die vielen Erinnerungen und die Zuneigung nehmen. Und genau das drücken doch meine Tränen aus: Erinnerung und Zuneigung.

Die Trauer hört erst dann auf, wenn auch die Erinnerung aufhört. Will ich das? Ganz sicher nicht!

 

Unser Gehirn ist ein ganz phantastisches Organ. Was man besonders gerne macht, wird durch besonders viele Nervenverbindungen (Synapsen) belohnt. An wen man besonders viele Erinnerungen hat und für den man viele Rituale und Gewohnheiten hat, für den gibt es – vereinfacht ausgedrückt – auch besonders viele Synapsen.

Und jetzt stirbt dieser Mensch, und all die vielen Synapsen laufen sozusagen erst einmal ins Leere. Man spürt die Lücke: Man ist traurig.

Mit jedem neuen Tag, mit allem, was wir nun tun, kommen neue Synapsen und neue Erinnerungen hinzu. Die alte Traurigkeit wird immer mehr relativiert. Neue Gewohnheiten und neue Rituale entstehen. Und das ist gut so.

Aber auf die Erinnerungen möchte ich nicht verzichten. Sie sind das, was bleibt. Und jede Träne ist für mich nicht mehr ein Kontrollverlust, sondern ein Zeichen dafür, dass mir der Tod die Erinnerung nicht nehmen kann.

Fritz Roth, der ehemalige Bestatter aus Bergisch-Gladbach, sagte immer: „Trauer ist Liebe!“ Der Tod konnte mir diesen Menschen nehmen, aber er kann mir die Liebe nicht nehmen. Das will ich nicht und das gönne ich ihm auch nicht.

Immer wieder mache ich im Gespräch die Erfahrung, dass schon allein dieser Perspektivwechsel bei der Trauer helfen kann. Man muss nicht mehr Angst vor der Trauer haben, sondern man kann anfangen, sie in gewisser Weise zu „genießen“. Denn jede einzelne Träne ist dann für einen Menschen, der einem viel bedeutet hat und noch immer viel bedeutet und an den man sich gerne erinnert.

Und genau das wünsche ich Dir:

Ein gutes Verhältnis zu Deiner Trauer und zu Deinen Tränen

Bernd Kehren

Passion und Ostern 2017

Passion 2017 Wie so oft und wie damals schon bringen Mächtige die Unbequemen zum Schweigen. Wie so oft und wie damals schon leiden Menschen - und manchen können wir auch heute nicht helfen. Wie so oft und wie damals schon leiden die Helferinnen und Helfer. Und dann kam Ostern. Auferstehung den Mächtigen zum Trotz dem Leiden zum Trotz. Auferstehung: Da kommt noch etwas nach Krankheit und Leiden. Glaube, Hoffnung, Liebe und Leben Ostern 2017

Passion 2017

Wie so oft
und wie damals schon
bringen Mächtige die Unbequemen zum Schweigen.

Wie so oft
und wie damals schon
leiden Menschen –
und manchen
können wir auch heute nicht helfen.

Wie so oft
und wie damals schon
leiden die Helferinnen und Helfer.

Und dann kam Ostern.
Auferstehung
den Mächtigen zum Trotz
dem Leiden zum Trotz.

Auferstehung:
Da kommt noch etwas
nach Krankheit und Leiden.

Glaube, Hoffnung, Liebe
und Leben

Ostern 2017

Bernd Kehren

Niemand kann seine Verantwortung an die Bibel abgeben!

Mein Kommentar zum Beitrag von Matthias Albrecht in www.evangelisch.de

„Dann müssten sie uns auch steinigen“

Lieber Matthias Albrecht,

mir scheint, dass das Problem an einer ganz anderen Stelle liegt: Schon seit frühester Zeit glauben Menschen, dass Gott nur perfekte und widerspruchsfreie Bücher inspirieren könne.

Kein menschlich erdachtes Buch kann perfekt sein. Wenn etwa die Bibel perfekt wäre, dann wäre das auch ein Beweis für die Existenz Gottes. So etwa lautet auch die Legende für die griechische Übersetzung des AT: 70 Gelehrte hätten unabhängig voneinander das AT übersetzt und seien dabei zu einem übereinstimmenden Ergebnis gekommen. Deshalb müsse auch dieser Übersetzung göttlich sein…

Lange Zeit hat man deswegen die Wirklichkeit, wie man sie aus der Bibel interpretierte, passend und aus der Erde etwa eine Scheibe gemacht.

Als sich das nicht mehr halten ließ, erklärte man die Bibel zum Menschenwort. Gott kann nach dieser Ideologie immer noch keine Fehler machen. Für die Fehler  und Widersprüche sind die Menschen zuständig. Und die Theologie wird zu einer Destille, bei der man das biblische Menschenwort reinkippt und das unfehlbare göttliche Menschenwort heraus bekommt. Manche nennen das auch die „Mitte der Schrift“.

Leider bekommt man dabei immer nur das heraus, was bei der entsprechenden Destillationstemperatur nun mal heraus kommt. Oder auch anders formuliert: Als Ergebnis kommt hinten das heraus, was man vorne als Voraussetzung definiert hat.

Darum möchte ich die Voraussetzung gründlich hinterfragen, dass Gott Bücher nur fehlerfrei inspirieren könne und wolle.

Ich möchte ganz bibeltreu die Bibel in ihrer theologischen textkritischen Rekonstruktion aber auch in ihren alten und neuen Übersetzungen als göttlich inspiriert auffassen. So, wie sie ist. Mit allen ihren Widersprüchen und Fehlern.

Was hat Gott sich dabei gedacht?

Vielleicht, dass wir es ernst nehmen können, dass er auch uns trotz unserer Widersprüche liebt?
Vielleicht, damit wir begreifen, dass es ohne Widersprüche gar nicht geht?

Wenn Gott eine widerspruchsfreie Bibel wollte: Warum hat er sie dann mit _vier_ und nicht nur mit _einem_ Evangelium ausgestattet? _Ein_ Zeuge würde seine Aussage vielleicht widerspruchsfrei hinbekommen. Aber vier? Wenn diese Aussage noch einen langen Zeitraum abdecken soll?

Warum gibt es in der Bibel sowohl eine radikal königskritische Linie und zugleich eine radikale Königsideologie?

Warum gilt Reichtum als Beweis für ein gottesfürchtiges Leben und warum wird dieser „Beweis“ etwa bei Hiob grundsätzlich infrage gestellt?

Und dann missverstehen immer noch viele die Bibel als ein Buch, mit dem man die Verantwortung für sein Handeln abgeben kann: Wenn man einen Bibelvers findet, mit dem man sein Handeln legitimieren kann, dann ist man seine Verantwortung los. Dann muss diese Handlung wohl richtig sein.

Nein! Die Bibel will uns diese Verantwortung nicht abnehmen! Darum ermahnt uns 1. Kor 13,13, dass es Wichtigeres als den Glauben gibt. Dass der perfekteste bibeltreue Glaube ohne Liebe so sinnlos ist wie eine Glocke mit einem Sprung. Dass Glaube, der Berge versetzt, tausende Opfer dort hinterlässt, wo man die Berge wieder absetzt.

Die Bibel ist nicht wahr dadurch, dass sie widerspruchsfrei ist. Sondern dadurch, dass sie Probleme von mehreren Seiten betrachtet und uns zu eigenen Entscheidungen heraus fordert. _Das_ ist die Aussage, dass Gott uns zu seinen Ebenbildern (gleichberechtigt männlich wie weiblich) geschaffen hat: Wir können unsere Verantwortung für unser Tun nicht an die Bibel abgeben.

Im Gleichnis vom großen Weltgericht sind viele verblüfft, die mit bestem Wissen und Gewissen entsprechend der Bibel gelebt haben. Und Jesus wirft ihnen vor: Ihr habt die Würde von Menschen trotz oder gerade wegen Eures Glaubens mit Füßen getreten. Ihr habt Menschen verachtet und im Stich gelassen, die arm, krank, straffällig geworden sind. Ihr verachtet Menschen, weil sie anders lieben als ihr und bildet Euch etwas darauf ein, dass ihr für Eure Verachtung sieben Bibelstellen zu Eurer Entlastung anführen könnt.

Ist Euch nicht klar, dass jeder Mensch – auch jeder schwule Mensch – ein Ebenbild Gottes ist, und dass ihr mich selbst verachtet, wenn ihr diese verachtet?

Diese sind Ebenbilder Gottes – und Ihr seid Ebenbilder Gottes, die Verantwortung dafür tragen, wie sie mit anderen Menschen umgehen, wie sie die Bibel lesen, und welche Schlüsse sie daraus ziehen.

Soweit meine Paraphrase zu Mt. 25.

Ulrich Bach hat sich immer dagegen verwahrt, die Bibel in einer „Arena-Theologie“ zu interpretieren: Danach würden die armen Kreaturen unten in der Arena um ihr Leben kämpfen und „wir“ sitzen gemütlich auf den Rängen und überlegen, was wohl gut und richtig ist.

Von Gott sprechen und die Bibel als Richtschnur unseres Lebens interpretieren können wir nicht von den Zuschauerrängen, sondern nur aus der Arena heraus: Als Betroffene, die dort ihre Verantwortung wahrnehmen und dabei auch scheitern können und dieses Scheitern selber ausbaden müssen –  im Vertrauen darauf, dass Gott uns im Scheitern und Gelingen liebt. So wie wir sind. Hetero die einen, schwul oder lesbisch oder sonst was die anderen. Aber alle von Gott geliebt. Weil er uns alle als seine Ebenbilder geschaffen hat.

Sagt mir die Bibel, so wie sie als Richtschnur für unser Leben inspiriert ist. Da bin ich ganz biblizistisch.

Lutherkondome – Können wir mehr als Fakenews?

Die Evangelische Kirche bricht eine Aktion einer Düsseldorfer Jugendkirche ab.

Die Jugendlichen hätten Kondome mit der Aufschrift „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ bedruckt.

Die Aktion sei sexistisch, heißt es in den Medien. Was daran sexistisch sei, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Kritik wird laut am Verhalten einer als spießig empfundenen Kirche. Ich selbst habe mich vorsichtig an dieser Kritik beteiligt, weil ich den Jugendlichen zutraute, dass die Aktion Teil eines sich selbst erklärenden Gesamtkonzeptes sei.

Im Nachhin merke ich, dass ich und viele andere begonnen haben, Urteile zu fällen, bevor alle Fakten auf dem Tisch lagen. Das fällt schwer in unserer schnelllebigen Zeit.

Abschließend mag ich immer noch kein Urteil fällen. Lieber noch ein wenig abwarten.

Und dann lese ich heute von der Pressemitteilung meiner Landeskirche von gestern, 22.03.2017, die erklärende Homepage habe „www.heutewirdgenagelt.de“ geheißen. Es waren gar nicht nur Luther-Zitate, sondern eben auch ,Nageln bis der Papst kommt‘, ,Schrei vor Erlösung‘ und ,Mach den Mund auf‘. Ich beginne, meine Kirchenleitung zu verstehen.

Das ist in der Tat nicht mehr die Ebene von „Luthersocken“ oder anderen modernen Devotionalien. Diese Sprüche stellen sich auch nicht durch ein Fragezeichen selbst in Frage.

Denn an vielen Stellen hätte ich mir sehr wohl gewünscht, dass Luther „anders“ gekonnt hätte, wenn ich an seinen manchmal mehr als groben Sprachstil oder seinen Antijudaimus denke.

Und jetzt verstehe ich auch die Betroffenheit und die Empörung von betroffenen vergewaltigten Frauen und Mädchen in unseren kirchlichen Einrichtungen, die solche Sprüche in keinerlei Weise witzig finden können.

Was mich ärgert: Hätte die Kirchenleitung das nicht gleich sagen können? Andererseits frage ich mich: Wollte sie die entsprechende Jugendkirche schützen, indem man die „heftigen“ Sprüche und den Titel der Homepage nicht sofort nannte? Und wieder andererseits: Warum war ich bereit, beim Bashing auf diese gar-nicht-komische Kirchenleitung wenigstens ein Stück weit mitzumachen, wo doch offensichtlich war, dass noch nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen?

Der ganze Skandal ist eines der vielen Lehrstücke, dass man mehr miteinander im Gespräch bleiben muss, statt direkt in das Bashing der üblichen Verdächtigen einzustimmen. Man könnte ja auch mal bei seiner Pressestelle anfragen, bevor man kritisch bloggt. Und vielleicht hätte diese dann noch schneller deutlich genug werden können.

Ein Lehrstück, dass man – wenn man nicht selbst nachfragt – auch mal ein wenig warten kann, bis die Zusammenhänge sichtbar werden, bevor man kommentiert und urteilt. Wir kritisieren einerseits Fakenews – und produzieren andererseits selber welche.

Warum vertrauen wir den üblichen kirchenkritischen Publikationen mehr als unserem eigenen Laden?  Und warum fragen wir nicht nach, wenn offensichtlich ist, dass noch Fakten fehlen, die zu einer Bewertung wichtig sind? Noch immer sind nicht alle Fakten auf dem Tisch, etwa der Inhalt jener „erklärenden“ Homepage. Aber ich gestehe, zuviel erwarte ich von jenem Inhalt nicht mehr, angesichts dessen, wie ein Zusammenhang hergestellt wurde zwischen der Anwesenheit des Papstes und der Kunst, mittels Metallstiften Hölzer zu verbinden. Aber weiß ich es? Bis jetzt immer noch nicht wirklich. Muss ich es wissen, was auf der Homepage stand?

Mit Kommentaren, die auf Vermutungen beruhen, erzeugen wir mehr Fakenews, als es uns lieb sein kann.

Das synoptische Problem – wie es wirklich war …

3. Mai 57
Eine kleine Kneipe in einem Vorort von Jerusalem.

Johannes blickt von seinem Konzept auf. Er hat einen ganz eigenen Entwurf. „Jungs, ich finde es ganz in Ordnung, was ihr da vorhabt. Aber ich habe mir schon so meine Gedanken gemacht, und das ziehe ich jetzt auch durch.“

Matthäus und Lukas schauen ein wenig betroffen. Sie sind noch nicht dazu gekommen, ihre Gedanken zu bündeln. Sie haben zwar schon viel von Jesus gehört, und bestimmte Geschichten liegen in der Zeitleiste fest, aber bei all dem Zuhören und wegen ihrer sonstigen Verpflichtungen haben sie es beide noch nicht geschafft, eine eigene Vorlage zu entwickeln.

„Schaut doch nicht so betröppelt!“ Markus holt sein Manuskript aus der Tasche. „Das ist relativ kurz, ihr könnt das auch noch gerne ergänzen. Über den Schluss muss ich noch mal nachdenken.“

Matthäus und Lukas sind wie elektrisiert. Sie überfliegen die Blätter, die Markus auf den Tisch gelegt hat. In der Tat, da lässt sich noch einiges hinzufügen. Während Johannes auscheckt und etwas Trinkgeld auf dem Tisch liegen lässt, beschließen die drei anderen, noch ein wenig zu bleiben. Matthäus und Lukas machen sich Notizen, in welcher Reihenfolge Markus seine Kapitel sortiert hat. Die klingt eigentlich ganz logisch. Matthäus und Lukas kennen noch Geschichten aus der Kindheit. Matthäus weiß etwas von einer Flucht nach Ägypten, dafür hat Lukas von den Engelgeschichten mit den Verheißungen an Elisabeth und Maria gehört.

„Sag mal, mir hat man erzählt, diese große Rede hätte Jesus auf dem großen Feld am See Genezareth gehalten…“ Matthäus schüttelt den Kopf. „In Wirklichkeit ist das doch schon eine Sammlung von mehreren Reden und Begebenheiten. Aber als Rede macht sich das besser. Wenn Du das ‚Feldrede‘ nennst, dann nenne ich das ‚Bergpredigt‘. Die Seligpreisungen müssen aber auf jeden Fall rein!“

Lukas hebt den Kopf. „Meinst Du wirklich, das wird mal jemand lesen, so in 1000 oder 2000 Jahren, oder so?“

„Will denn Jesus nicht viel früher wiederkommen?“ Matthäus ist skeptisch.

„Und wenn nicht? Dann werden die doch wissen wollen, wer alles von wem abgeschrieben hat!“ Lukas weiß gar nicht, wie recht er mit dieser Vermutung hat.

Matthäus beginnt zu grinsen. „Wenn die dann genauso sorgfältig sind wie unsere Schriftgelehrten heute, sollten wir es ihnen nicht zu einfach machen. Ich habe da so ein paar nette Ideen. Das wird ein Spaß!“

 

Der Legende nach sollen verschiedene Beobachter Mitte Mai 57 in der Nähe von Jerusalem unabhängig von einander zwei Männer auf ihrer Wanderung an einer Quelle beobachtet haben. Sie waren nicht zu übersehen. Ihr Lachen konnte man schon von weitem hören.

 

Der sinkende Petrus – Friedwald Bad Münstereifel 1.11.2016

Ansprache im Friedwald Bad Münstereifel zur Gedenkfeier am 30.10. und 1.11.2016
(zu Matthäus 14,22-33)

„Der sinkende Petrus – Friedwald Bad Münstereifel 1.11.2016“ weiterlesen

Veröffentlichungen

Traurig liegt er auf der Fensterbank
Gedanken über einen kleinen Porzellanengel
in:
Regina Rosenkranz, Jan Eijking (Hg.)
Die verkauften Toten
Anthologie für eine neue Trauerkultur
Oktober 2012, S. 131-134
9,80 Euro – ISBN 987-3-942594-42-4
Informationen zum Buch
und zum Schreibwettbewerb.
Bestellen unter shop.1-2-buch.de

Darf Gottesdienstteilnahme für Konfirmanden verpflichtend sein?
In:
Christoph Urban, Timo Rieg (Hrsg.), Das vergessene Jahrzehnt. Kinder, Jugend, Gottesdienst. Diskussionen, Provokationen und Visionen aus dem kirchlichen Leben.
2004, biblioviel-Verlag, Bochum, S. 127-130

Ein Koffer für die letzte Reise
In:
Fritz Roth (Hrsg.), Einmal Jenseits und zurück. Ein Koffer für die letzte Reise.
2006, Gütersloher Verlagshaus, S. 116-117

Altenheimseelsorge – vielfältige Aufgabe
in:
Altenpflege – Magazin für Fachkräfte in der Altenpflege.
12/2006, Vincentz-Verlag, S. 26-28

Bestatterschelte oder Selbstkritik?
Ein wütender Einwurf zum Beitrag “Vereinnahmung und Vermarktung” von Ulrich Rottschäfer (Deutsches Pfarrerblatt 12/2006, S. 624ff.)
in:
Das deutsche Pfarrerblatt
01/2007, S. 42 f..

stärker als der Tod (Gedicht) und
Stärker als der Tod (Kurzgeschichte)
in:
Stärker als der Tod. Was bleibt, wenn einer geht.
Herausgegeben vom Hospizdienst Weilerswist
2009, ISBN 978-3-941037-33-5
, Seite 59 und Seiten 60-65

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Pfarrerlücke 2030

Keine Pfarrstellen für junge Theologen
in der Evangelischen Kirche im Rheinland?
Überlegungen gegen den PfarrerInnenmangel im Jahr 2030

(19.06.2006 mit Updates in den Folgejahren)

Der Sonderdienst in der Evangelischen Kirche im Rheinland wird abgeschafft, weil es für junge Theologen fast keine Pfarrstellen mehr gibt.“ So zitiert der EPDWochenspiegel den Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider (epd Wochenspiegel Ausgabe West vom 15. Juni 2006 (Nr. 24), Seite 2).

An dieser Aussage sind zwei wichtige Details falsch.

  • Für junge Theologen gibt es sehr wohl Pfarrstellen – wenn die Rheinische Kirche nicht in einem absehbaren katastrophalen Mangel enden will.
  • Das Problem des Sonderdienstes sind nicht die jungen, sondern die inzwischen nach ihrem Sonderdienst ehemals jungen Theologen sowie der Wartestand.

Die Arbeitsgruppe II zur Prioritätendiskussion in der EKiR empfiehlt (EKiR: Prioritätendiskussion. Ergebnis der Arbeitsgruppe II (Dienst- und Arbeitsrecht) – (Materialheft) unter A III 3, Seite 18), die jetzt 1874 Pfarrstellen (Stand: 1.7.2005) auf 1000 Pfarrstellen im Jahre 2030 zu reduzieren. Bei einem linearen Abbau von Pfarrstellen müssten ab sofort jedes Jahr durchschnittlich 35 Stellen abgebaut werden. Dennoch sollten jedes Jahr fünf Neueinstellungen erfolgen (A.a.O., Seite 19).

Sollte dieser Vorschlag umgesetzt werden, kann im Jahre 2030 jede zweite der geplanten 1000 Pfarrstellen nicht besetzt werden.

 

Alterspyramide der Pfarrerinnen und Pfarrer

Diese Entwicklung ergibt sich aus der Altersstruktur der Pfarrerinnen und Pfarrer der EKiR und kann aus der vorstehenden Grafik (Quelle: http://www.ekir.de/ekir/6197_6843.asp – Die Zahlen der folgenden Überlegungen wurden mit recht großer Genauigkeit dieser Grafik entnommen, soweit nicht anders angegeben.) abgelesen werden. Der StatistischeDienst der EKiR nennt für den 1.10.2005 folgende Zahlen (Statistischer Dienst der EKiR, Zahlenspiegel Nr. 1/2006 – http://www.ekir.de/ekir/dokumente/zsp.pdf):
2342 Pfarrerinnen und Pfarrer insgesamt, davon
204 PfarrerInnen im Probedienst,
175 PastorInnen im Sonderdienst
5 GemeindemissionarInnen
Damit spiegelt die Fläche der Grafik insgesamt diese 2342 Theologinnen und
Theologen wider, denen die Zahl von 1961 Pfarrstellen (A.a.O.) gegenüber steht.

Zwei Phasen bis 2030

Aus dem Schaubild ergeben sich für die folgenden Jahre bis 2030 zwei Phasen
(Der Sonderdienst-Fonds neigt sich dem Ende zu; dauerhaft ist der Sonderdienst aus diesem Fonds nicht zu finanzieren, und es ist sicherlich sinnvoll, dort verbliebene Gelder zur Qualifizierung der Betroffenen zu verwenden.):
In den kommenden 15 Jahren (gerechnet ab 2005) werden durchschnittlich jeweils 36,5 Personen die Pensionsgrenze erreichen. Danach folgen weitere 10 Jahre, in denen durchschnittlich 119,5 Personen in den Ruhestand gehen.
2005:     
2167 Pfarrerinnen und Pfarrer (*)
 -550 Reduzierung durch Pensionierung
2020: 
1617 Pfarrerinnen und Pfarrer
-1195 Reduzierung durch Pensionierung 10 Jahre je 119 – 120 Personen
2030:
 422 Pfarrerinnen und Pfarrer
(* Im Ausgangspunkt werden alle 175 Pastorinnen und Pastoren im Sonderdienst herausgerechnet. Entsprechend weniger Personen werden in den jeweiligen Jahren durchschnittlich pensioniert. Die Grafik dürfte in dieser Altersphase vor allem PastorInnen in Sonderdienst darstellen.)
Damit könnte im Jahre 2030 beinahe jede zweite der geplanten 1000 Pfarrstellen nicht besetzt werden!
Selbst wenn linear jedes Jahr 5 Neueinstellungen erfolgen würden, könnten
im Jahr 2030 nur 547 Stellen besetzt werden (25 Jahre je 5 Personen = 125 Neueinstellungen. 422+125=547).

Wartestand

Der Wartestand kann an diesem Problem nur wenig ändern. Im Wartestand oder in Freistellung sind 374 Personen (Statistischer Dienst der EKiR, Zahlenspiegel Nr. 1/2006 – http://www.ekir.de/ekir/dokumente/zsp.pdf). Unterstellt man, dass dieser Kreis eine ähnliche Alterstruktur aufweist wie die übrigen Theologinnen und Theologen im Dienst (Dieser Personenkreis ist in der Grafik nicht aufgeführt, so dass diese Angaben nur grob geschätztwerden können.) und dass alle entsprechend zu Verfügung stehen (Auch in diesem Fall muss ich grob schätzen.), dann entlasten im Jahr 2030 nur etwa 60 Personen (15 Prozent) die zu erwartende Lücke:
Auch mithilfe des Wartestandes können im Jahr 2030
nur 607 der geplanten 1000 Stellen besetzt werden.

Die Lage ist noch schlimmer!

Diese Zahlen gehen davon aus, dass alle derzeitigen Pfarrerinnen und Pfarrer zur
Anstellung übernommen werden.
Vor allem aber wird unterstellt, dass alle Pfarrerinnen und Pfarrer im Jahre 2030 eine volle Stelle bekleiden – auch jene Pfarrerinnen und Pfarrer, die jetzt im geteilten Dienst beschäftigt oder auch weiterhin freigestellt sein werden sind. Das wird sicherlich nicht der Fall sein: Die Lage ist noch viel schlimmer.
Damit im Jahre 2030 wirklich 1000 Pfarrstellen besetzt werden können, müssen von nun an jedes Jahr mindestens 20 Personen in Vollzeit eingestellt werden – unter der Berücksichtung von Teilzeitstellen usw. eher mindestens 25 Personen.

Kein linearer Abbau von Pfarrstellen

Die Altersstatistik der Pfarrerinnen und Pfarrer in der EKiR macht unmittelbar
deutlich, dass in den nächsten 15 Jahren keinesfalls jährlich 35 Stellen eingespart werden können. Sonst müsste bei jeder Pensionierung automatisch die Stelle wegfallen. (Alternativ müsste bei einer Pensionierung eine andere Stelle wegfallen, deren InhaberIn die Stelle des Pensionärs übernehmen würde.)
In den darauf folgenden 10 Jahren werden weitaus mehr Menschen in den Ruhestand gehen, als überhaupt Pfarrstellen abgebaut werden können.

Richtige und falsche Signale an den theologischen Nachwuchs

Die Einstellung von 5 jungen TheologInnen im Jahr kommt einem
Einstellungsstopp gleich. Dies und die fatale Behauptung, es gäbe fast keine Pfarrstellen für junge Theologinnen in der EKiR, setzt bei jungen Menschen das Signal, es lohne sich nicht, Theologie zu studieren. In der Folge würde die Evangelische Kirche im Rheinland nicht einmal für die Hälfte der bis 2030 zu besetzenden Stellen geeignete KandidatInnen finden können.

(Man braucht nicht viel Phantasie, um die Abnahme der Zahl der Theologiestudierenden unter http://www.ekir.de/ekir/images/08stud-z.gif

fortzuschreiben, wenn tatsächlich eine Zeit lang nur noch 5 Menschen pro Jahr Zugang zum Pfarrberuf in der EKiR erhielten. – Was würde dies für die Existenz der theologischen Fakultäten und ihren Disput im wissenschaftlichen Fächerkanon bedeuten?!)
Der Bedarf an jungen TheologInnen ist zweifelsfrei gegeben; und das sollte auch in der Öffentlichkeit vermittelt werden. Darüber hinaus ist zu betonen, dass das Theologiestudium auch für Arbeitgeber außerhalb der Kirche wichtige Schlüsselqualifikationen vermittelt. Die Studierenden sollten von Anfang an so beraten werden, dass sie ihr Theologiestudium auch im Blick auf eine Beschäftigung außerhalb der Kirche anlegen, die modernen Sprachen pflegen, Auslandssemster einlegen, sich Grundkenntnisse in BWL aneignen, gezielt Praktika in für sie interessanten Bereich in der Wirtschaft ableisten.
(Hund/Lück, Berufsperspektiven für Theologinnen und Theologen, Spener Verlag 2000 (Hrsg: Ev. Kirche in Hessen und Nassau). Internet: http://www.muehltal-evangelisch.de/Berufsperspektiven.pdf. Vgl. im katholischen Raum: Becker/Pelzer (Hg.), Berufschancen für Theologiennen und Theologen, Herder 2006.)

Zukunftszugewandt entscheiden und handeln!

Es heißt, unter den gegebenen presbyterial-synodalen Verhältnissen gäbe es keine Möglichkeiten zur Personalplanung. Die Lebensdaten der Pfarrerinnen und Pfarrer, insbesondere ihr mutmaßlicher Eintritt ins Pensionsalter waren aber jederzeit abrufbar. Durch Altersteilzeitmodelle wurden Sonderdienstler Jahre lang vorzeitig in Pfarrstellen vermittelt. Damit war absehbar, wann und für wie viele Sonderdienstler es keine Stellen mehr geben wird. Sie sind im Dienst für die Kirche gealtert und finden nun weitaus schlechtere Chancen zur Umorientierung im Arbeitsmarkt. Sonderdienst und Wartestand verbreitern den „Bauch“ der starken Jahrgänge und tragen kaum zur Verringerung der Besetzungslücke 2030 bei.
Solche fatalen Fehler dürfen der Evangelischen Kirche im Rheinland auf keinen Fall noch einmal unterlaufen. Sonst müssen in Zukunft die Pfarrerinnen und Pfarrer nicht nur eine ständig wachsende Zahl von Gemeindegliedern betreuen, sondern darüber hinaus auch die Vertretungen für vakante Stellen mit ebenfalls gewachsenen Anforderungen leisten. Die EKiR stünde im Jahr 2030 vor einem personellen Fiasko.

Schlussfolgerungen

  1. In den folgenden 13 Jahren (Zur Synode 2007 sind seit dem Zahlenstand 2005 aus diesen Berechnungen 2 Jahre vergangen.) sollten alle frei werdenden Stellen wieder besetzt werden, vorzugsweise mit jungen Theologinnen und Theologen.
  2. In diesem Zeitraum muss die EKiRverbindliche Regeln für den Pfarrstellenabbau ab 2020 vereinbaren.
  3. Trotz des Pfarrstellenabbaus muss die EKiR auch ab 2020 jährlich mindestens 25 junge TheologInnen einstellen.
  4. Studierende müssen von Anfang an so begleitet und beraten werden, dass ihnen das Theologiestudium durch den weiten Ausbildungshorizont reelle Chancen in der freien Wirtschaft bietet. (Vgl. oben: Hund/Lück und Becker/Pelzer)
  5. Die Landeskirche muss gegenüber dem Sonderdienst Verantwortung übernehmen für die mangelnde Planung in der Vergangenheit.
  6. Vor konkreten Entscheidungen der Landessynode müssen jahrgangsweise exakte Zahlen (unter Berücksichtigung von Teilzeitstellen) zum Ausscheiden von Pfarrerinnen und Pfarrern in den Ruhestand vorgelegt und mit realistischem Stellenabbau in den beiden Phasen bis 2020 und bis 2030 sowie mit den erforderlichen Neueinstellungen in Beziehung gesetzt werden.
Bernd Kehren, Pastor im Sonderdienst für Altenheimseelsorge
19.06.2006

[Dieser Text bis hierher als PDF: PfarrerInnenmangel 2030]

Update (Ostern 2007):

Inzwischen wurde auf der Landessynode 2007 ein Maßnahmenpaket geschnürt, das langfristig auch helfen soll, dem drohenden PfarrerInnenmangel entgegenzutreten. (Insofern ist der Text oben veraltet.) Ob es gelingt? Endlich soll es eine mittelfristige Personalplanung geben. Je nach Finanzlage sollen auch (junge) Menschen eingestellt werden, die den Mangel ab etwa 2020 abfedern. Konkrete Zahlen gibt es noch nicht. Für die inzwischen im Sonderdienst gealterten Menschen sieht es immer noch schlecht aus. Die Synode hat freundlicherweise ein Zeitfenster bis 2008 eröffnet, in dem Bewerbungen auf Pfarrstellen noch möglich sind – auf die wenigen Pfarrstellen, die derzeit ausgeschrieben werden.

Danach wird es ein zentrales Bewerbungsverfahren geben – und daran wird die Mehrzahl scheitern. Vor allem jüngere Absolventen werden Stellen in der EKiR finden können, aber auch sie sehen die Chancen zur Zeit ausgesprochen pessimistisch.

Wird es der Kirchen gelingen, den erfolglosen Bewerberinnen und Bewerbern eine Perspektive in der Kirche zu ermöglichen? Partnerschaftlich? Wird es eine pastorale freiberufliche Mitarbeit, gebunden an die Ordinationsrechte, geben können? Und wird diese Mitarbeit angemessen bezahlt werden können?

Ein “Ehrenamt” wird freiwillig ausgeübt. Die drohende Arbeitslosigkeit wird dazu führen, dass die Betroffenen Alternativen suchen. Welche Möglichkeiten wird die EKiR finden, sie dennoch in einem angemessenen Rahmen an sich zu binden? Noch stehen viele Fragen im Raum, hoffentlich gibt es zur Synode 2008 bereits praktikable Antworten.

Besonders bitter: Viele Maßnahmen der letzten Jahre wurden als Reaktion darauf “verkauft”, dass es in der Pfarrerschaft Problemfälle gegeben habe, die letztlich nicht zum Pfarrdienst geeignet waren.

Statt diese Personen nun zu schulen und zuzurüsten, wurden dem Nachwuchs immer weitere Maßnahmen aufgedrückt (Fortbildungen in den ersten Amtsjahren und vieles mehr). Was hat es dem Nachwuchs genutzt? Jetzt steht die Mehrheit trotzdem ohne Stelle da.

Und wer fasst den Mut zum Bekenntnis: Ja, wir haben manche Pfarrerin und manchen Pfarrer im Amt, der Defizite aufweist, weil Defizite einerseits völlig normal sind, und weil wir andererseits das Pfarrerdienstrecht so gehandhabt haben, dass auch Problemfälle eine Chance bekommen?

Wer fasst den Mut zum Bekenntnis: Ja, wir haben zu oft einem Presbyterium nicht deutlich genug gesagt, dass eine bestimmte Wahl mit großer Wahrscheinlichkeit große Probleme nach sich ziehen wird? Wir hatten zwar “Erkenntnisse”, aber wir haben sie nicht weiter gegeben? Weil wir nicht unsozial sein wollten?

Wer fasst den Mut zum Bekenntnis: Ja, wir haben das kirchliche Beamtenrecht im Blick auf die Pfarrerinnen und Pfarrer völlig neutral durchgezogen und damit in Kauf genommen, dass wir nicht die für bestimmten Aufgaben Besten in den Dienst nehmen konnten, sondern nur solche, die im zur Verfügung stehenden Zeitfenster bestimmte formale Anforderungen erfüllten?

Im Ergebnis muss die Kirche jetzt “unsozial” sein – und sie wird viele gut ausgebildete und fähige Kräfte verlieren, die sie selber mit großen Einsatz ausgebildet hatte.

Bernd Kehren

Update 2010

Es sind weitere Jahre ins Land gezogen. Inzwischen wird die Pensionskasse eifrig gefüllt. Inzwischen gibt es Pfarrer mit besonderem Auftrag, einerseits aus den Reihen der Pfarrer im Wartestand, andererseits aus fähigen Nachwuchskräften. Nicht mehr zu jeder dritten, sondern zu jeder zweiten Besetzung einer Pfarrstelle schlägt die Kirchenleitung Kolleginnen und Kollegen aus dem Wartestand vor.

Gleichzeitig werden jedes Jahre eine ganze Reihe junger Theologen eingestellt, damit die Pfarrerschaft nicht ganz überaltert. Über 450 Nachwuchskräfte sind aus dem Dienst ausgeschieden und predigen weiterhin ehrenamtlich und nun auch über das neue Portal ekir.de/pastorale-dienste, über das diejenigen “gebucht” werden können, die mit ihren zusätzlichen pastoralen Diensten sich und ihre Familien zumindest teilweise ernähren wollen.

Es hat sich etwas getan. Fakt bleibt aber nach wie vor, dass in 10 Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand treten werden, und dass dann die Pfarrstellen gar nicht so schnell abgebaut werden können, wie ältere Kolleginnen pensioniert werden. Ich befürchte immer noch, dass von den seinerzeit 1800 Pfarrstellen im Jahr 2030 maximal 650 werden besetzt werden können. Die jungen KollegInnen, die jetzt erfolgreich eine Pfarrstelle bekommen, werden einen großen Teil ihrer Kraft auf die Zusammenlegung von Pfarrstellen und Gemeinden, auf Kooperationen mit anderen Gemeinden und die Verwaltung des Mangels legen müssen. Es wird schwer werden. Auch weil es immer weniger KüsterInnen, immer weniger KirchenmusikerInnen und immer weniger Mitarbeitende in der Jugendarbeit geben wird.

Es wird hart werden. Hoffentlich werden jetzt die richtigen Weichen gestellt.

Bernd Kehren

Update 2014

Die niedrigen Zahlen sind auf der Synode im Januar bestätigt worden. Aber immerhin haben wir eine Kirchenleitung, die die Probleme engagiert in Angriff nehmen will.

Zum ersten Mal wurde an verschiedenen Stellen von Kreissynoden, der Sondersynode in Hilden 2013 und auch jetzt wieder bekannt, dass die Synoden gegen den ausdrücklichen Widerstand des Finanzdezernenten eine massive Unterdeckung der Pensionskasse beschlossen hatten und das dadurch freie (aber nicht eingesparte) Geld lieber in Projekte steckte, die ihrerseits wieder die Pensionskasse belasten würden.

Mir würde es gut tun, wenn jetzt einer derer, die damals dafür gestimmt oder den Beschluss beklatsch hatten, aufstehen und sich entschuldigen würde.

Stattdessen treten nun (falsche?) Propheten auf, die den Ernst der Lage leugnen, die in den nötigen Abstimmungsprozessen auf Kirchenkreisebene einen Angriff auf das Presbyterial-synodale Prinzip sehen und darauf verweisen, dass die Kirchensteuern nominell doch immer gestiegen seien, obwohl die Gemeindegliederzahl beständig abgenommen hat. Dass es mit der Pensionskasse und der Beihilfe inzwischen sehr knapp werden wird, wird beharrlich ignoriert. Und zur Frage, wie der Prozesse einer fast Drittelung der Pfarrstellen bewältigt werden soll, dazu erfährt man von diesen Propheten auch nichts.

Im Nachhinein muss ich sagen: Die Kosten liefen aus dem Ruder, es führte kein Weg daran vorbei, die Zahlen der Warteständler zu reduzieren und Maßnahmen zu ergreifen, die zumindest den Jüngeren von ihnen den Weg in reguläre Pfarrstellen ermöglichte. Das bedeutete fast einen Einstellungsstopp für junge Theologen. Im Ergebnis wurden die eingestellt, die das Examen bestanden haben, jedes Jahr ungefähr 20 Personen.

Für die Zukunft kann man sagen: Der Pfarrberuf ist ein sehr schöner Beruf. Und wer jetzt mit dem Theologiestudium beginnt, wird viel Arbeit haben, wenn er oder sie mit dem Vikariat fertig ist. Offene Pfarrstellen wird es dann wohl genug geben. Sofern die Sparanstrengungen greifen und das Problem mit der Pensionskasse und der Beihilfekasse gelöst wird.

Update 2015

Präses Rekowski bittet im Namen der EKiR um Entschuldigung für die Folgen einer verfehlten Personalpolitik und die Art des Umgangs mit den Betroffenen. So offen hat das auch sein Vorgänger nicht getan. Die Folgen für viele der Betroffenen sind damit nicht aus der Welt. Aber man spürt ihm ab, wie genau er hingesehen und diese Folgen wahrgenommen hat. Vielleicht wird er ja Wege finden, zumindest die schlimmsten Folgen ein wenig abzufedern.

Die Arbeitsbelastung im Pfarramt wird in wenigen Jahren immens steigen. Hoffentlich verschweigt er das nicht, wenn er nun darum wirbt, wie dringend die EKiR nun wieder gut ausgebildete Theologen braucht. Es ist und bleibt dennoch ein schöner Beruf. Deswegen hängen so viele Pastorinnen und Pastoren an ihren Ordinationsrechten, auch wenn sie davon allein nicht leben können. Wenn das keine Einladung zum Theologiestudium ist, was dann?

Deutsch predigen in der Moschee?

Deutsch predigen in der Moschee?

Die Wellen schlagen hoch in der Diskussion, ob und wie in Köln Ehrenfeld eine neue Moschee errichtet werden soll. Dabei wird immer wieder auch die Forderung aufgestellt, in den Moscheen in Deutschland solle auch auf Deutsch gepredigt werden.

Einerseits kann ich diese Forderung nachvollziehen. Warum soll nicht nach einem Aufenthalt von mehr als 25 oder 30 Jahren auch der Gottesdienst in einer Moschee in deutscher Sprache gehalten werden? Gehört das nicht zur Integration?

Andererseits kann ich meine Erfahrungen nicht vergessen, die ich während des Vikariats auf Studienfahrt unserer Vikariatsgruppe nach Griechenland gemacht habe.

Wir hatten uns entschlossen, einerseits Kontakte zur griechisch-orthodoxen Kirche zu nutzen und andererseits eine Gruppe von Deutschen Frauen zu besuchen. Es war eine sehr lehrreiche Fahrt.

Die meisten dieser Frauen hatten griechische Männer geheiratet und lebten nun seit vielen Jahren in Griechenland. Dass man Leberwurst vermissen könnte, hätten wir nie gedacht. Aber unter den klimatischen Verhältnissen dort kennt man solch ein Produkt halt nicht. Kann man sich als Ausländerin in einem fremden Land integrieren? Ich glaube, die meisten Frauen dort waren gut integriert. Viele hatten inzwischen die griechische Staatsbürgerschaft. Und dennoch brauchten sie ihre Orte, an denen sie deutsch sprechen und sich austauschen konnten. Dennoch freuten sie sich über jedes Päckchen mit einem aktuellen Roman in deutscher Übersetzung.

Auf der Studienfahrt hatte ich die Planung und Gestaltung des Gottesdienstes in der deutschen Auslandsgemeinde in Thessaloniki übernommen. Die deutsche Pfarrerin war zu diesem Zeitpunkt in Deutschland. Wenn der Gottesdienst nicht auffallen sollte, mussten wir ihn selber halten. Die Kirche: Eine größere Wohnung in der ersten Etage in einer Geschäftsstraße. Ein wenig aufgeregt und ein wenig stolz nahm ich zur Kenntnis, dass der Konsul aus Thessaloniki mit seiner Familie den Gottesdienst besuchte.

Die Predigtsprache war natürlich Deutsch. Erstens kann ich kein Neugriechisch, zweitens sind meine Altgriechisch-Kenntnisse bei weitem nicht so gut, dass ich es aktiv sprechen könnte (und wer hätte es überhaupt verstanden), und drittens halte ich es für selbstverständlich, dass die Gottesdienste in einer Auslandsgemeinde in der jeweiligen Heimatsprache gehalten werden. Warum denn nicht?

Der zweite Gottesdienst, den wir während unserer Fahrt besuchten, war völlig anders. Wir waren zu Gast in einer orthodoxen Gemeinde in einem der Vororte von Thessaloniki. Bescheiden wollten wir uns hinten in die Bank setzen, aber die Gemeinde erwartete uns und geleitete uns in die erste Reihe. Der Gottesdienst war natürlich auf Griechisch gehalten. Aber extra für uns waren Theologie-Dozenten von der Universität aus Thessaloniki gekommen, die die Evangelienlesung auf Deutsch lasen. In einem orthodoxen Gottesdienst in Griechenland! Jede und jeder hatten wir einen deutsch-griechischen Ablauf der Liturgie erhalten.

Der Höhepunkt war das Vaterunser gegen Ende des Gottesdienstes. “Vater unser” erklang es auf Deutsch aus dem Altarbereich hinter der Ikonostase. “Lauter”, rief der Priester, und jetzt begriffen wir: Das Vaterunser sollten wir laut auf Deutsch für die griechische und mit der griechischen Gemeinde sprechen. Es gab keine und keinen aus unserer Gruppe ohne feuchte Augen, als wir beim “Amen” angekommen waren.

Müssen Türken ihre Gottesdienste in Deutschland auf Deutsch halten? Und Araber auf Arabisch?

Ich käme nicht im Entferntesten auf die Idee, dass in der Deutsch-Lutherischen Kirche in Jerusalem der Gottesdienst nicht auf Deutsch gehalten würde – darum habe ich auf der Israelreise damals doch genau diese Kirche aufgesucht.

In den Räumen der Versöhnungskirche in Essen-Rüttenscheid war während meiner Zeit dort als Pfarrer im Probedienst eine koreanische Gemeinde zu Gast. Selbstverständlich wurden ihre Gottesdienste auf koreanisch gehalten. Selbstverständlich war aber auch, dass wir gemeinsame Gottesdienste hielten, etwa zu Heilig Abend oder zum Gemeindefest. Die Predigt wurde entweder zweisprachig gehalten, oder – wenn Pfarrer Kim auf deutsch zu uns predigte – erhielten seine Gemeindeglieder die Predigt gedruckt auf koreanisch. Höhepunkt war immer das gemeinsam gebetete Vaterunser auf Koreanisch und Deutsch.

Als Pfarrer Kim dann die Pfarrstelle der koreanischen Gemeinde in Düsseldorf übernahm, wurde auch dieser Gottesdienst selbstverständlich auf Koreanisch gehalten. Mit einer Übersetzung der Predigt und jener Teile des Gottesdienstes, für die eine Übersetzung vorlag, durch die Kopfhörer der Simultanübersetzungsanlage.

So sollte sich das gehören: Man pflegt die gute Nachbarschaft, und lädt sich immer wieder gegenseitig zu seinen Gottesdiensten ein, auch wenn sie in der eigenen Sprache gehalten werden. Wenn jemand zu Gast im Gottesdienst ist, der dieser Sprache nicht mächtig ist, bemüht man sich im Rahmen der Möglichkeiten um eine Übersetzung, zumindest in Zusammenfassung. Und wenn man unter sich ist, dann bleibt man bei seiner Muttersprache.

Die Gottesdienste der französisch-sprachigen Gemeinde in meinem derzeitigen Kirchenkreis sind – wie der Name schon sagt – auf Französisch.

Gibt es nun einen sachlichen Unterschied zwischen all diesen christlichen Gottesdiensten in christlichen Auslandsgemeinden und muslimischen Auslandsgemeinden?

Könnte man die Zahl und die Größe der Gemeinden anführen? Wie müsste man dann vergleichsweise mit den Japanern in der japanischen “Kolonie” in Düsseldorf umgehen?

Die Forderung nach Integration in das Gastgeberland ist eine Selbstverständlichkeit. Auch für Christen gilt sicherlich die Aufforderung Jeremias aus der “Babylonischen Gefangenschaft” aus Kapitel 29,7: “Suchet der Stadt Bestes!” Selbstverständlich lernt man die Landessprache und kann sich damit verständlich machen, wenn man länger dort wohnt. Selbstverständlich erwartet man, dass sich die Menschen hier um deutsche Sprachkenntnisse bemühen. Selbstverständlich erwartet man von den Gästen in einem Land, dass sie auf Sitten und Gebräuche Rücksicht nehmen und sich entsprechend anpassen. Genauso selbstverständlich wie die Neugier für die Sitten und Gebräuche der Gäste – und wie die Rücksicht der Gastgeber darauf.

Aber genauso selbstverständlich werden Gottesdienste in Auslandsgemeinden egal welcher Religion in der Muttersprache gehalten. Auch dann, wenn die Gäste schon einen einheimischen Pass haben und man sich fragt, ob denn “Gast” noch eine angemessene Bezeichnung ist.

So kenne ich es von den wenigen eigenen Auslandsaufenthalten, so kenne ich es von befreundeten christlichen Auslandsgemeinden hier in Deutschland. Und so sollte es auch für die Gottesdienste der Auslandsgemeinden anderer Religionen gelten.

Die Predigtsprache ist kein sinnvolles Kriterium für erfolgreiche Integration und kann es auch niemals werden.

Bernd Kehren

P.S.:
Gleiches Recht für alle!
Und:
„wir Christen“ sollten dabei mit gutem Beispiel voran gehen –
und nicht schlechten Beispielen nacheifern.

Muss das Grab wirklich anonym sein?

Novembergedanken

Ich lese gerade, dass die Zahlen der anonymen Beisetzungen nicht weiter steigen.

Finde ich gut.

Allein aus Kostengründen werden aber die Urnenbeisetzungen weiter zunehmen.
Selbst in der katholischen Eifel gibt es seit der Streichung des Sterbegeldes bei den Krankenkassen eine ungeahnte Zunahme der Feuerbestattungen.

Und immer wieder höre ich: „Meine Kinder sollen mit meinem Grab nicht so viel Mühe haben. Das soll für die nicht so teuer werden.“

Im Trauergespräch treffe ich dann auf Angehörige, die ihre Schwierigkeiten mit der testamentarischen Anordnung haben.

Sie müssen die Urne oder den Sarg nach der Trauerfeier stehen lassen und können die Weg nicht mitgehen.
Vielleicht würden sie sogar gerne das Grab pflegen – aber die Eltern oder Großeltern haben sie nie deswegen gefragt.
Es gibt Menschen, die brauchen kein Grab für ihre Trauer.
Aber woher soll man wissen, dass die eigenen Kinder dazu gehören, wenn man sie vorher nie gefragt hat?

Also: Bevor jemand schriftlich festlegt, er möchte anonym beerdigt werden: Bitte sprecht mit den Kindern drüber, wie die dazu stehen.
Sprecht mit Trauerbegleitern, die davon wissen, wieviel schwerer die Trauerarbeit ohne Grab ist.

Und fragt beim örtlichen Bestatter nach den Alternativen!
Und wenn der davon nichts weiß, dann hört euch um, und fragt einen anderen, der wirklich Ahnung von seinem Job hat!

Hier in Euskirchen gibt es „teilanonyme Beerdigungen“. Da kann man beim Sarg, bei der Urne bleiben, da weiß man dann ungefähr, wo das Grab ist. In jedem Fall kann man den letzten Weg mitgehen, kann man sehen, wie der Sarg abgesenkt wird. Das ist eine enorme Hilfe beim Trauern.

Inzwischen gibt es hier Baumbestattungen: Die Urne wird im Wurzelbereich einer Buche beigesetzt, ein Stein mit Namen und evt. einem Kreuz erinnert an den Verstorbenen, aber eine weitergehende Pflege ist nicht notwendig. Es gibt Rasengräber, über die hinweggemäht wird.

Es gibt so viele Möglichkeiten inzwischen, genau die Beerdigung zu bekommen, die man sich wünscht und die den Nachkommen in ihrer Trauer gut tut – und fast nie muss sie „anonym“ sein.

Wirklich anonym macht doch nur dann Sinn, wenn man seinen Nachkommen eines auswischen und ihnen für immer entkommen will. Das soll es ja auch geben. Aber dann war das Leben miteinander schon schwer genug.

Schöne Grüße
Bernd Kehren

Kleine Kinder im Gottesdienst – unfertige Thesen –

Als aber die Hohenpriester und Schriftgelehrten die Wunder sahen, die er tat, und die Kinder, die im Tempel schrien: Hosianna dem Sohn Davids!, entrüsteten sie sich und sprachen zu ihm: Hörst du auch, was diese sagen? Jesus antwortete ihnen: Ja! Habt ihr nie gelesen: »Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet«?
(Mt 21,15-16)

 

Kleine Kinder im Gottesdienst – unfertige Thesen –

  • „Kinderlärm ist Zukunftsmusik“
  • Alle Gemeindeglieder haben ein Anrecht darauf, den Gottesdienst besuchen zu können. Dies gilt insbesondere auch für Eltern mit kleinen Kindern. Das bedeutet, dass die Gemeinde ein Mindestmaß an Toleranz gegenüber der Unruhe aufbringen muss, die durch Kinder nun einmal entsteht.
  • Mit der Behauptung, kleine Kinder würden im Gottesdienst nur stören, und der Forderung, sie sollten zu Hause bleiben, schließt eine Gemeinde die Eltern junger Kinder auf Jahre vom Gottesdienst aus.
  • Eltern nehmen die Störungen durch ihre Kinder sensibler wahr als alle anderen Anwesenden. Oft reagieren sie nicht sofort, weil dies die Störung zunächst vergrößern würde, und hoffen, dass das Kind auch wieder ruhiger wird. Sie brauchen deshalb die Unterstützung und den Zuspruch der Gemeinde, dass die Bewegungen und Geräusche ihrer Kinder nicht abgelehnt werden.
  • Kleine Kinder dürfen in der Kirche umherlaufen.
  • Eltern sollten vermeiden, hinter ihren Kindern herzulaufen. Sind die Eltern weit genug weg, kommen die Kinder von alleine zurück. Laufen die Eltern hinterher, haben die Kinder keinen Grund, zurückzukommen. Die Eltern stören dann oft mehr als die Kinder.
  • Wenn genügend Eltern mit ihren kleinen Kindern in den Gottesdienst kommen, kann es durch die Masse zu unruhig werden. Schön, wenn eine Gemeinde dann eine Möglichkeit anbieten kann, dass die Eltern optisch hinter eine Glasscheibe und akustisch über eine gute und regelbare Lautsprecheranlage am Gottesdienst teilnehmen können, während die Kinder durch ihr Spiel Gott loben.

Warum misstraut man den Organspendern?

Warum misstraut man den Organspendern?

Zu meinem Beitrag im Kölner Stadtanzeiger vom 11.02.2014
2014-02-11_KStA-Leserbeitrag__Organspende_Bernd_Kehren

Ich möchte nicht missverstanden werden:
Für mich ist die Organspende ein Werk der Barmherzigkeit.

Ich verstehe nur nicht, warum mit den vielen Details zur Organspende nicht offen und ehrlich umgegangen wird. Krankenkassen, Politik, Organspendeorganisationen enthalten uns viele Informationen vor. Wir müssen denen blind vertrauen. Aber sie misstrauen uns, sonst würden sie uns besser informieren.

 

Darum verstehe ich meinen Beitrag als Aufruf, uns Spenderinnen und Spendern umfassend alle nötigen Informationen zu jedem Organ und zu jedem Gewebe mindestens so zu Verfügung zu stellen, wie es bei jedem anderen operativen Eingriff in unseren Körper auch erfolgt. “Mindestens”: Die Organspende ist so sensibel, dass in diesem Fall die Informationen besonders sorgfältig und umfassend sein müssen.

Für Menschen mit schwachen Nerven kann diese Information ja durchaus abgestuft erfolgen. Nicht alle wollen alles wissen. Nicht allen muss alles zugemutet werden. Aber jeder muss das Gefühl haben: “Es gibt keine Geheimnisse. Wenn ich will, kann ich mit wenigen Klicks Zugang zu allen Details bekommen.”

Aber in dieser Geheimnistuerei, in diesem Misstrauen uns Spendern gegenüber sehe ich die wichtigste Ursache dafür, dass so viele zögern, einen Organspendeausweis auszufüllen.

 

Meine zweite Frage bezieht sich auf die Diskrepanz zwischen der Feststellung des Hirntods und dem, was wir sonst Sterbeprozess nennen.

Nicht nur in der Hopizarbeit haben wir doch begriffen, dass Sterben ein Prozess ist mit vielen Zwischenstufen, dessen Ende nicht wirklich exakt bestimmt werden kann. Wenn die sicheren Totenzeichen mit Leichenstarre und Totenflecken eingetreten sind, ist man irgendwo am Ende dieses Prozesses angekommen. Nach meinem Verständnis ist dies auch bei der Organspende so.

Für den Operateur ist es gefühlsmäßig und juristisch absolut wichtig, dass der Organspender nicht durch ihn zu Tode kommt. Das hat zu der juristischen Feststellung des Hirntodes geführt. Biologisch und vom äußeren Anschein jedoch kann auch die Feststellung des Hirntodes nur ein kurzer Augenblick im Sterbeprozess sein. Hinter den Hirntod gibt es kein zurück mehr ins Leben. Zugunsten des Organempfängers muss nun der Sterbeprozess mit hohem intensivmedizinischem Aufwand aufgehalten werden. Ohne diese Intensivmedizin würde der Körper aufhören zu atmen und es würde nicht lange dauern, bis die bekannten eindeutigen Todeszeichen eintreten. Die Organe und Gewebe wären unbrauchbar. Nach der Organentnahme nimmt der Sterbeprozess dann einen extrem rapiden Verlauf. Aber er ist in keinem Fall mit dem Formalakt der Hirntod-Festellung abgeschlossen.

Auch über diese Differenz müsste meiner Ansicht nach offen gesprochen werden. Und sie müsste zu einer ehrlichen Gesetzessprache führen, die dem rechtlichen Bedürfnis der Operateure und OP-Pfleger entgegen kommt, die dem Überlebenswillen der Empfänger entspricht, und die mit dem biologischen und sichtbaren Verlauf der Organspende übereinstimmt.

Hinter den Hirntod gibt es keinen Weg zurück. Aber der Weg ist mit dem Hirntod auch noch nicht ganz zu Ende gegangen. Ehrlichkeit auch in dieser Hinsicht wäre ein vertrauensbildendes Signal, das m.E. die Spendebereitschaft vergrößern würde.

Bernd Kehren, 11.02.2014