Wenn Kinder sterben

Wenn Kinder sterben

Unsere letzten Jahre in Deutschland sind insgesamt von Frieden und Wohlstand geprägt. Die Medizin hat einen hohen Standard. Und so leben wir oft, als könne uns nichts geschehen. Wir wissen vom Tod, aber er geschieht oft im Heim oder im Krankenhaus und erscheint weit weg. Es passiert anderen, nicht uns.

Und so fallen wir aus allen Wolken, wenn wir selber davon betroffen sind. Der Tod von Kindern berührt uns besonders. Ist uns bewusst, wie oft das geschieht, auch vor der Geburt?

Statistisch werden jedes Jahr knapp 700 000 Kinder in Deutschland geboren. Aber wussten Sie, dass 30-40 % aller Schwangerschaften die 12. Woche nicht erreichen, weil der Embryo nicht lebensfähig ist? Das wären knapp 400 000 Fälle in Deutschland jedes Jahr. Hinzu kommen Schwangerschaften, die als verspätete Regelblutung unerkannt bleiben.

Manchmal ist das so früh, dass sich eine persönliche Betroffenheit nicht zeigt. Oftmals hat man sich aber schon in bunten Bildern ausgemalt, wie es weiter geht: Wie soll das Kinderzimmer aussehen. Wie lange bleibt man zu Hause? Viele Fragen werden durchgespielt.

Und dann wird diese Hoffnung durch die Worte der Frauenärztin jäh zerstört. Wichtig zu wissen: Diese Kinder werden durch unseren Kliniken beerdigt, egal wie klein sie sind. In Euskirchen werden sie zweimal im Jahr gemeinsam beerdigt, falls die Eltern nicht eine individuelle Lösung gefunden haben, etwa auf einem vorhandenen Grab der Großeltern.

Der weltweite Gedenktag am 2. Sonntag im Dezember zeigt uns: Wir sind damit nicht allein. Wir dürfen auch um diese Kinder trauern – gemeinsam mit all den Eltern, deren Kind das Licht der Welt erblickt hatte, bevor das Schreckliche eintrat.

Dieses Jahr findet die Gedenkfeier in Euskirchen am 9. Dezember um 16 Uhr in St. Matthias (Franziskanerplatz 1) statt unter der Überschrift: „Heile mein gebrochenes Herz!“

Die Partnerschaft der Eltern wird durch ein solches Ereignis auf eine harte Probe gestellt. Männer trauern oft anders als Frauen. Die Gedenkfeier ist ein guter Ort, um gemeinsam zu trauern. Es tut gut, solche Orte immer wieder bewusst aufzusuchen. Denn dann können wir auch gemeinsam all die vielen anderen Orte des Lebens suchen, die uns gut tun. So bleibt die Trauer ein wichtiger Teil unseres Lebens, gibt aber zugleich Raum für all die anderen wichtigen und auch schönen Teile, die unser Leben ausmachen.

Bernd Kehren, Pfarrer

2. Vorsitzender von NEST e.V.


  • Diese Kolumne erscheint seit Anfang 2015 im Abstand von vier Wochen im Euskirchener Wochenspiegel. Wir danken der Redaktion für diese Möglichkeit, auf NEST e.V. aufmerksam zu machen.