Peter Beier – Ein Testament?

Aus dem Bericht des Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland auf der Landessynode 1993
(Schlußteil)

Vielleicht ist nun alles, was wir. . . erörtern und bedenken, bedeutungslos im Angesicht der umfassenden Bedrohung, in die wir unseren Planeten manövriert haben und weiter manövrieren.
Die Wälder sterben.
Diese Rasse wird nichts lernen, selbst dann nicht, wenn ihr die Sonne Krebsflecken auf die Haut brennt.
Die einzige Hoffnung, die bleibt, findet für mich in einem schlichten frommen Satz der Väter und Mütter im Glauben Ausdruck: Gott, der Herr, sitzt im Regiment.
Es wird regiert.
Das sind keine Selbstberuhigungen, sondern Aufforderungen zu zähem Kampf für den Bestand der Schöpfung und die Erhaltung der Art, wenn es Gott gefällt.
Hätte ich jetzt ein Testament zu hinterlassen, ich schriebe meinem Enkel so:
Komm, ich erzähl‘ dir die Geschichte vom Turmbau zu Babel.
Die Geschichte erzählt dir alles über mich und meine Generation.
Sie erzählt alles über den Menschen.
Du fragst, was wir mit eurer Zukunft gemacht haben.
Du fragst, was ich gegen explodierenden Wahnsinn unternahm.
Ich kann vor deinen Fragen nicht bestehen.
Was wir gesagt und getan haben, war halbherzig genug.
Ich gehörte zu denen, die in Gottes Namen warnen wollten.
Das war viel zuwenig, wir hätten widerstehen müssen.
Aber es mangelte uns an Phantasie und Löwenmut.
Es mangelte an gemeinsamer Sprache.
Wir haben geredet. Aber aneinander vorbei.
Wir haben argumentiert. Aber über Köpfe und Herzen hinweg.
Das ist unsere Schuld.
Du trägst die Folgen. Nicht ich.
Wenn es für dich etwas zu lernen gibt, dann das:
Unsere Maßstäbe, unsere Werte taugen nicht zum Überleben.
Unsere Sprache ist verbraucht.
Unsere Denkgewohnheiten sind verelendet.
Darum sei genau, mein Junge.
Gib keinen Rabatt auf nachträgliches Gejammer.

Die Menge der Leute wird dir versichern:
Das haben wir nicht gewußt. Glaub‘ ihnen nicht.
Sie haben gewußt, was zu wissen war.
Sie hätten es wissen können.
Andere werden dir sagen:
Wir konnten nichts machen.
Glaub‘ ihnen nicht.
Sie hätten eine Menge machen können.
Vergiß uns, mein Junge, wenn es sein muß.
Es ist Zeit, uns zu vergessen.
Wie die Turmbaugeschichte lehrt.
Mach‘ dich mit anderen auf die Suche nach der neuen Sprache.
Sie ist da.
Buchstabiere das Wort Jesu Christi, besser als es uns je gelang.
Misch‘ dich ein. Halte dich nicht heraus.
Aus Politik und Wissenschaft.
Mach‘ dich sachkundig.
Nimm den Spaten und betrachte die Erde.
Lies die Seekarten.
Sprich mit den Fischen.
Sie werden dir antworten.
Mach‘ keine große Karriere.
Besser ist es, zu widerstehen.
Vielleicht ist das Ende offen.
Für dich und die Deinen.

aus:
„Gemeinde … Oase für Kinder“

Von den Chancen der Arbeit mit Kindern in der Kirche.
Eine Arbeitshilfe, vorgelegt vom Ausschuß „Arbeit mit Kindern“ der Ev. Kirche im Rheinland, Düsseldorf 1993/1994

Titelbild der Arbeitshilfe "Gemeinde ... Oase für Kinder"

Informationen zu Peter Beier (1934-1996):
https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Beier

Hausarbeit zu dieser Arbeitshilfe:
Gemeinde – Oase für Kinder

Kabarett-Gott ?!

Mit welcher Vorstellung beginne ich, die Bibel zu lesen: jenes schöne Kapitel, mit den Sonne und Mond und den sieben Tagen?

Mit welcher Vorstellung beginne ich, die Bibel zu lesen: jenes schöne Kapitel, mit den Sonne und Mond und den sieben Tagen?

Die Frage ist halt, welches Bild von Gott wir haben wollen:
Ist er eher der Bio- und Erdkundelehrer, der unbedingt die Naturkunde im ersten Kapitel der Bibel unterbringen wollte?
Oder der Sowilehrer?

Oder kann man sich Gott als Kabarett-Texter denken, der einen genialen Text für eine Aufführung in Babylon geschrieben hat?
Und ich sehe die Juden mit trappelnden Füßen vor mir, wie der Vers mit den beiden großen Lampen am Himmel kommt, und sie denken sich in den Applaus hinein, dass es förmlich laut hallt: „Und du, König von Babylon, der du dich für das Ebenbild von Gott Sonne hältst und Schiss hast vor Gott Mond in der Nacht: Du fürchtest dich nur vor einer kleinen Lampe am Himmel. Und Ebenbild bist du … von einer großen Lampe. Herzlichen Glückwunsc h, Du Ebenbild der großen Lampe….“
Und dann kommt die Stelle mit dem „Gott schuf den Menschen zu seinem Ebenbild, männlich ebenso wie weiblich.“
Und den Zuhörerinnen und Zuhörern läuft es erregt den Rücken rauf und runter: Nicht nur der da oben, nein jeder Mensch soll als Ebenbild Gottes gelten.

Und so wurde der Erdkundelehrergott für mich völlig bedeutungslos.

Aber Jesus später, der mit dem „was ihr dem Geringsten (nicht) getan habt, habt ihr mir (nicht) getan“, der von sich als dem „ben Adam“, dem Menschen sprach und vielleicht doch nicht einen Würdetitel im Blick hatte, sondern Gen 1 , dass doch jeder Mensch Ebenbild Gottes sei, eben Mensch, der brachte das wieder in Erinnerung.
Lebt als Ebenbilder Gottes. Mensch sein und Mensch sein lassen…

Ich mag Gott, der Spaß hat an Literatur, an Kabarett, an Humor, an Gedichten und Liebestexten. Der anleitet, zu seinen Gefühlen zu stehen und zu Hasspsalmen. Weil, wenn man es artikulieren kann, vielleicht doch nicht umsetzt.
Weil der Feind doch auch nur ein Ebenbild Gottes ist…
Und so haben wir eine wunderbare Bibel bekommen.
Und kein Bio- oder Erdkundebuch.