Daniela Emge
Was war und wen vertrat der Rheinische Konvent?
Als Vereinigung der Pastorinnen und Pastoren der Evangelischen Kirche im Rheinland
vertrat der Rheinischen Konvent deren Interessen. Bei der Mitgliederversammlung am 20.09.2025 wurde einstimmig die Auflösung des Rheinischen Konvents zum 31.12.2025 beschlossen.
Es wird also in Zukunft keine eigene Vertretung der Pastoren und Pastorinnen mehr geben, die in privatrechtlichen Dienstverhältnissen, ehrenamtlich oder freiberuflich tätig sind oder waren – im Gegensatz zu den Pfarrern und Pfarrerinnen (so ist die offizielle, allerdings kaum bekannte Sprach-Regelung in der EKiR).
Im Jahr 2012 vertrat der Rheinische Konvent fast 550 Personen, zuletzt waren es etwa 335. Viele davon haben später Pfarrstellen bekommen. Sehr selten stößt noch jemand zu dieser Gruppe neu hinzu. Und viele sind schon oder bald im Ruhestand. Das alles sind nachvollziehbare Gründe dafür, dass sich im Rheinischen Konvent fast niemand mehr engagieren wollte.
Etwa 2/3 dieser Personen lebt innerhalb der EKiR. Der Rheinische Konvent vertrat auch die, die in anderen Landeskirchen oder im Ausland ihre Ordinationsrechte ausüben: ehrenamtlich oder gegen Bezahlung.
Für viele Themen, die speziell unsere Gruppe betreffen, gibt es inzwischen Lösungen – oder sie haben sich erledigt. Es ist fraglich, wie viel darüber hinaus noch erreicht werden kann.
Wir hoffen, dass sich der Evangelische Pfarrverein im Rheinland auch künftig für uns engagiert, zumal die Pfarrvertretung hingegen nur für die i.d.R. verbeamteten Pfarrstelleninhaber zuständig ist.
Deswegen haben wir auch beschlossen, den Restbestand unseres Kontos an den Rheinischen Pfarrverein zu überweisen.
Am Anfang vertrat der Rheinische Konvent auch die Interessen des Nachwuchses: im Vikariat (bzw. auf der Warteliste zum Vikariat), im Probe- und im Sonderdienst.
Ab 2008 war der Zugang zum Pfarrdienst neu geregelt worden, seitdem war bereits der Probedienst ein Pfarrdienstverhältnis auf Lebenszeit. Für diese Gruppe war nun nicht mehr der Rheinische Konvent zuständig, sondern die Pfarrvertretung.
Außerdem unterschieden sich die Vikariats-Themen sehr von den unseren. Es war im Interesse beider Gruppen, dass eine Vikarsvertretung gegründet wurde.
Die Satzung des Rheinischen Konvents wurde 2012 entsprechend angepasst.
Im Jahr 2006 führte der Rheinische Konvent mit der Unterstützung des Landeskirchenamtes, das die Weiterleitung übernahm, eine Umfrage zu alternativen Verdienstmöglichkeiten für Theologen und Theologinnen durch. 81 Personen antworteten. Schon damals wurde die Vielfalt ihrer Tätigkeiten deutlich: Etwa 20 Personen waren in den Bereichen Medien, in der freien Wirtschaft oder in sozialen oder therapeutischen Bereichen berufstätig. Viele hatten sich weitergebildet. Die übrigen arbeiteten bei anderen Kirchen oder Einrichtungen, an Schulen oder in der Erwachsenenbildung. Und viele waren ehrenamtlich aktiv.
Das ist heute noch so: Manche haben auch Stellen in der Wissenschaft oder bei Verwaltungen, als Pastor bei einer Gemeinde oder Pastorin bei einem Kirchenkreis, in Freikirchen oder in Altersheimen. Einige verdienten allerdings zeitweise auch auf dem Bau ihren Lebensunterhalt, an einer Drogeriemarktkasse, in einem Kindermuseum oder mit Orgeldiensten. Viele haben versicherungspflichtige Stellen, allerdings oft befristet und in Teilzeit. Manche haben auch „Minijobs“ – und nicht wenige waren und sind selbstständig. Früher waren viele als Hausfrau und Mutter ausschließlich ehrenamtlich tätig, darunter nicht wenige Pfarrfrauen.
In allen Gruppen finden sich Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen: Viele haben keine finanziellen Sorgen und einige haben nie eine Pfarrstelle angestrebt. Aber gerade manche freiberuflich Tätige leben unter prekären Bedingungen, und manche stocken ihre niedrigen Renten durch Honorar-Tätigkeiten auf. Wir sind eine sehr heterogene Gruppe!
Kommunikation mit kirchlichen Organisationen und Einzelpersonen
Mehrmals im Jahr trafen sich Vorstandsmitglieder mit Vertretern der für uns zuständigen Abteilung zum Austausch im Landeskirchenamt, meistens mit Dr. Lehnert und Herrn Plischke. Wir erhielten aktuelle Informationen und trugen unsere Anliegen vor.
Danebenarbeitete 2010 – 2016 die „AG Strukturierter Kontakt“ besonders mit Dr. Lehnert an uns betreffenden Regelungen. Dazu trafen wir uns meist in der Wuppertaler Jugendkirche bei Axel Neudorff, und sicher hat auch deren Atmosphäre zu einem sehr konstruktiven Austausch beigetragen.
Zu wichtigen aktuellen Themen verschickten wir spätestens seit dem Jahr 2006 regelmäßige Infobriefe (früher: „Newsletter“) und zusätzliche Mails und Stellenanzeigen. Wir führten persönliche Gespräche, die Internetseite (s.u.) ermöglicht (noch) den Zugriff auf viele Informationen und zeitweise auch einen Austausch über eine „Yahoo-Group“.
Zu verschiedenen Themen veröffentlichten wir Artikel, Stellungnahmen und Flyer. Bei Landessynoden vertraten den Rheinischen Konvent als geladene Gäste: Sören Asmus, Martin Engels, Dr. Claudia Andrews, Axel Neudorf, Anne Simon und Peter Trollhan.
Verschiedene Vorstandsmitglieder vertraten unsere Interessen auch in Arbeitsgruppen oder Kommissionen der Landeskirche.
Auf Grundlage der Rückmeldungen auf die bereits erwähnte Umfrage entstand eine Vernetzungsliste samt Mailverteiler für Pastor*innen. Die erste Liste führte 40 Personen mit Kontaktdaten und Informationen über ihre Erwerbstätigkeit auf. Die Liste wuchs bis auf zuletzt etwa 100 Pastorinnen und Pastoren und etwa 50 „Ehemalige“. Sie förderte den Austausch über alternative Verdienstmöglichkeiten, Erfahrungen mit den Bewerbungsverfahren oder Kolloquien und berufliche Themen.
Seit 2002 wurden wir von Dr. Lehnert zu jährlichen Tagungen eingeladen. Seit längerer Zeit wirkte der Rheinische Konvent an diesen Tagungen aktiv mit (Andacht, Statements, Moderation).
Hier wurde über die uns betreffenden Themen informiert und manchmal wurden auch Anregungen von Teilnehmern aufgenommen und umgesetzt (z.B. die Ruhestandsregelung).
In diesem Rahmen wurde auch an Themen wie dem der „Gemeinschaft der Ordinierten“ gearbeitet – auch zusammen mit anderen Gruppen wie Prädikant*innen oder der Pfarrvertretung. Besonders in den letzten Jahren wurden auch interessante Referate gehalten, und nicht zuletzt gab es Zeit zum Austausch untereinander.
Seit 2021gab es auch einige Videokonferenzen für unsere Gruppe, erfreulicherweise nahmen daran auch mehrere Personen aus dem Ausland teil.
Situation nach dem Sonderdienst oder Probedienst
Den Sonderdienst gab esvon 1985 bis 2011 – und nur in der EKiR. Er war eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der Landeskirche und zunächst auf drei Jahre befristet, später auf fünf und schließlich auf insgesamt zehn Jahre (wobei das Gehalt auf 80 % reduziert wurde).
Viele haben sich während des Sonderdienstes fortgebildet und spezialisiert: Etwa in der Krankenhausseelsorge. Das erleichterte oft den Weg in Pfarrstellen.
Aber nicht wenige wurden dann mit etwa 40 Jahren nach bis zu 10 Jahren Sonderdienst in die Arbeitslosigkeit entlassen. Fatal war für viele, dass sie im Probe- und Sonderdienst verbeamtet waren – aber eben zeitlich befristet. Nach der Entlassung wurden die Betroffenen als Ausgleich für ihre Pensionsansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung „nachversichert“. Außerdem wurde ein Übergangsgeld gezahlt, das nach der Dauer der Anstellungszeit berechnet wurde. Aber längere Zahlungen von Arbeitslosengeld oder Fördermöglichkeiten wie Kredite für die Gründung einer „Ich-AG“ ersetzte es nicht.
Auch der Wechsel von einer privaten in eine gesetzliche Krankenversicherung und die oft hohen Versicherungskosten waren ein Problem.
Der Rheinische Konvent hatte sich seit 1996 (!)dafür eingesetzt, dass die befristeten Stellen in privatrechtliche Dienstverhältnisse, also „Angestellten- Stellen“ umgewandelt werden konnten. Als das endlich möglich war, lohnte es sich jedoch für die Betroffenen nicht mehr.
Als der Sonderdienst auslief, war es noch schwerer Pfarrstellen zu bekommen als vorher. Jahre vorher waren Pfarrstelleninhaber unter attraktiven Bedingungen mit 58 Jahren in den Ruhestand gegangen, damit mehr Pfarrstellen für jüngere frei wurden. Später gingen also weniger in den Ruhestand, und dann wurde die Zahl der Pfarrstellen erheblich reduziert. Zudem bewarben sich nun viele nach oder während ihres Sonderdienstes gleichzeitig mit jüngeren Menschen, die den Probedienst bzw. Stellen „zur Anstellung“ („z.A.“) absolviert hatten.
Im Jahr 2000 gab es in der EKiR insgesamt etwa 2000 Pfarrstellen und an die 500 Personen im Sonderdienst (236) und im Probedienst (240). Die meisten von ihnen hofften, auf die Dauer eine Pfarrstelle zu erhalten.
Andere Landeskirchen hatten ihre Auswahlverfahren vor oder nach dem Vikariat. Die Betroffenen waren jünger und häufiger noch nicht familiär gebunden, was eine berufliche Umorientierung erleichterte.
Die Landeskirche unterstützte viele dabei, z.B. durch berufliche Perspektivberatungen durch die Firma Consult („Outplacement – Programme“). Etwa 2/3 der 68 Personen, die bis 2008 daran teilgenommen hatten, erhielten eine Festanstellung. Formate wie das „Lateinprojekt“ ermöglichten den Umstieg ins Lehramt.
Viele jüngere Theologen und Theologinnen aus dem Rheinland bewarben sich erfolgreich auf Stellen in anderen Landeskirchen oder im Ausland: u.a. in den USA, Frankreich oder England. Im Jahr 2018 hatten etwa 100 Personen aus dem Rheinland Pfarrstellen (im privatrechtlichen Dienstverhältnis) in der Schweiz.
Nicht wenige fanden aber zunächst keine angemessen bezahlte Stelle, manchen gelang es leider nie. Lange hatte sich die Kirche viele für einen späteren Bedarf „warmgehalten“. Und dann traf es viele materiell und psychisch hart.
Manche klagten vor Gericht gegen die Landeskirche (und bekamen manchmal sogar in Teilen Recht) oder machten ihre Situation im Lokalfernsehen öffentlich.
Wer entlassen worden war, erhielt wenig wertschätzende Schreiben der zuständigen Stellen aus dem Landeskirchenamt. Da ging es in Verwaltungsdeutsch um die personalrechtlichen und finanziellen Themen.
Manche wussten nicht, wie sie für sich und ihre Familien den Lebensunterhalt verdienen sollten. Der Inhalt und der Ton dieser Schreiben verletzten sie zusätzlich.
Die Zahl dieser Ordinierten wuchs rapide durch die Entlassung vieler „Boomer“ , zumal besonders viele damals Theologie studiert hatten. Zu den Examina traten in den 1980 er Jahren manchmal etwa 100 Personen gleichzeitig an.
Die meisten wollten ihre Ordinationsrechte bewahren. Das wurde uns nicht leicht gemacht: Damals waren wir zu ca. zehn Gottesdiensten p.a. verpflichtet, die wir ehrenamtlich halten sollten. Alle zwei Jahre sollten wir ausführlich (mit Orts- und Zeitangaben) über unsere pastoralen Tätigkeiten berichten.
Als später Kirchenrat Dr. Lehnert für uns zuständig war, änderte sich der Umgang mit uns sehr. Die verpflichtende Zahl der pastoralen Tätigkeiten wurde etwa halbiert und auch Religionsunterricht und andere bezahlte Tätigkeiten wurden als pastorale Dienste anerkannt. Auch die Beauftragung und die Berichte wurden einfacher. Letztere sind seit 2009 nach Erreichen des gesetzlichen Ruhestandsalters nicht mehr nötig.
Zentrales Bewerbungsverfahren
Ab 2008 musste der (oft nicht mehr junge) theologische Nachwuchs das zentrale Auswahlverfahren der Landeskirche durchlaufen, um eine Stelle mit besonderem Auftrag erhalten und sich auf andere Pfarrstellen bewerben zu können. Die uns vorher bescheinigte „Anstellungsfähigkeit“ berechtigte nicht mehr dazu.
Ein ähnliches Bewerbungsverfahren mussten auch die absolvieren, die nach dem Zweiten Theologischen Examen eine Stelle im Probedienst („zur Anstellung, z.A.“) erhalten wollten.
Dieses Bewerbungs-Verfahren war kein „Assessment-Center“, wie es sie in der freien Wirtschaft gibt: Wer sich bewarb, musste sich im Gespräch mit den Beauftragten der Landeskirche bewähren und nicht in der Gegenwart und in direkter Konkurrenz mit anderen, die sich beworben hatten.
Zuvor hatte der Rheinische Konvent mehrere Stellungnahmen und Pressemitteilungen veröffentlicht und hatte öffentlichkeitswirksame Aktionen durchgeführt. So konnte er u.a. immerhin erreichen, dass jährlich 20 zusätzliche „mbA-Stellen“ eingerichtet wurden.
Für die Bewerbung mussten diverse Unterlagen vorgelegt werden („Die Mappe“): Dabei waren auch Arbeits-, Fort- und Weiterbildungszeugnisse wichtig, und nun spielten die Examens-Noten eine so große Rolle, dass eine Bewerbung für viele völlig aussichtslos war: Sie konnten sich ausrechnen, dass sie bei der großen Zahl von Bewerbungen auf nur 2 x 10 Plätze im Jahr keine Chance hatten.
Der Konvent hat sich immer wieder für Korrekturen des Verfahrens eingesetzt: auch dafür, dass die Noten weniger und etwa ehrenamtliche Arbeit oder Erfahrungen durch Familienarbeit stärker bewertet wurden.
Beim ersten Durchgang des neuen Verfahrens bewarben sich aus unserer Gruppe 62 Personen, 20 wurden zum Bewerbungstag eingeladen (12 m., 2 w), 10 erhielten eine mbA-Stelle.
Insgesamt kamen von 2008 bis 2023 etwa 115 Pastor*innenüber das Zentrale Bewerbungsverfahren in mbA- bzw. Pfarrstellen, im Einzelfall mit über 60 Jahren.
Zuletzt bewarben sich nur noch ein bis zwei Personen. 2024 wurde das Zentrale Bewerbungsverfahren für unsere Gruppe wiederabgeschafft.
Für alle Pastor*innen gibt es nun wieder die Möglichkeit, sich nach einem erfolgreichen Kolloquium direkt auf Stellen zu bewerben.
Kolloquium
Ab 2010 ermöglichte ein Kolloquium bei Dr. Lehnert, die Wahlfähigkeit zu erhalten und sich auf Pfarrstellen in der EKiR zu bewerben. Die Voraussetzung für dieses Gespräch ist eine pastorale Tätigkeit im Angestelltenverhältnis über mindestens vier Jahre mit mindestens einer halben Stelle. Insgesamt traten seit 2013 89 Personen aus der Gruppe der Pastorinnen (59) und Pastoren (30) zum Kolloquium an, darunter 14 Personen aus dem Ausland. Die meisten „bestanden“ es und mindestens 53 dieser Personen kamen bisher in Pfarrstellen.
„Ergänzende pastorale Dienste“ auf Honorarbasis
Zu diesem Thema arbeitete zunächst eine Arbeitsgruppe des Konvents und später eine landeskirchliche Arbeitsgruppe. Dort engagierten sich u.a. auch die Superintendenten Bruckhoff (Aachen) und Dröge (Koblenz), ferner vom Rheinischen Konvent Michael Coors, Markus Risch und ich.
Wir waren uns einig, dass es auch die Möglichkeit „legaler“ und angemessen bezahlter Einzel-Dienste geben müsse (mir war nach einer Vertretung einmal ein größerer Schein aus einer Diakoniekasse zugeschoben worden … ).
Dr. Lehnert hatte sich sehr dafür eingesetzt, dass die Möglichkeit pastoraler Honorardienste 2009 von der Synode beschlossen wurde. Es hatte nicht nur Widerstand gegeben, weil das Modell nicht zum Pfarrbild passte, sondern auch Missverständnisse: Sollte der gesamte Pfarrdienst künftig auf Honorarbasis ausgeübt werden?! – Nein, der Pfarrdienst im Rahmen der Pfarrstellen (und i.d.R. im Beamtenstatus) sollte erhalten bleiben, aber er sollte durch andere Formen pastoralen Dienstes ergänzt werden. So kam es zu der etwas hölzernen Formulierung „Ergänzende pastorale Dienste“.
Für solche Dienste wurden Richtlinien mit Muster-Verträgen und Honorarvorschlägen erarbeitet. Letztlich muss ein Honorar frei ausgehandelt werden. Es ist dabei manchmal schwer zu vermitteln, dass von solchen Honoraren ggf. auch Steuern, Versicherungen u.a. bezahlt werden müssen.
Doch die freiberuflichen Dienste sind inzwischen selbstverständlich und für manche noch immer eine wichtige Verdienstmöglichkeit.
„Ergänzende pastorale Dienste“ im Angestelltenverhältnis
Schon lange waren Ordinierte in privatrechtlichen Dienstverhältnissen tätig: Etwa in einer diakonischen Einrichtung, als Pastor für Jugendarbeit oder als Pastorin, die während einer Vakanz Vertretungsdienste übernahm. Nun war das auch offiziell und legal.
Treffen mit Kirchenleitungs-Mitgliedern im Jahr 2011
Im Mai 2011 kam es auf unsere Anregung hin zu einem Treffen mit Präses Nikolaus Schneider, Oberkirchenrat Manfred Rekowski und den Kirchenleitungsmitgliedern Renate Brunotte und Dr. Monika Lengelsen in Düsseldorf – Derendorf. Vorstandsmitglieder des Rheinischen Konventes nahmen Stellung, und Betroffene äußerten sich teilweise sehr aufgebracht über den Umgang der Landeskirche mit ihnen.
Präses Schneider sprach damals von früheren „Hilfs-“ und „Notmaßnahmen“ und äußerte Sätze wie: „Wir … hatten die demografischen Entwicklungen nicht auf dem Schirm.“ und: „Wir sind bereit, für die Bereiche, für die wir Verantwortung tragen, diese auch zu tragen. Wo wir Fehler gemacht haben, wollen wir diese benennen und dazu stehen.“ Renate Brunotte sprach aus, dass manche „massive Traumatisierungen erlebt“ hätten.
Bei diesem Treffen wurden eine Reihe von Änderungswünschen und Vorhaben formuliert, die unsere Situation verbessern sollten, die im Laufe der Jahre größtenteils auch umgesetzt wurden.
Handreichung
Die Broschüre „Ergänzende Pastorale Dienste. Eine Handreichung zum Dienst der Pastorinnen und Pastoren nach Art. 62aKO“ wurde im März 2015 veröffentlicht.
Sie fasst verschiedene rechtlichen Grundlagen zusammen und behandelt weitere Themen wie Kommunikationswege, Zuständigkeiten, Möglichkeiten der Einbindung auf den verschiedenen kirchlichen Ebenen und Zugangsmöglichkeiten zum Pfarrdienst. Sie informiert ferner darüber, wie es zu der hohen Zahl rheinischer Pastor*innen gekommen war, die keine Pfarrstelle hatten. Allerdings gab es schon bald und immer wieder Aktualisierungsbedarf, heute ist sie nur noch digital unter ekir.de einzusehen.
Besondere Aufmerksamkeit fand in der Öffentlichkeit aber das Vorwort des Präses.
Entschuldigung des Präses
Präses Rekowski benannte im Vorwort der Handreichung auf S. 5 ausdrücklich die „tiefen Enttäuschungen und Verletzungen“ und „große wirtschaftliche Härten und persönliche Krisen“, die für viele mit der Entlassung aus dem Dienst und vergeblichen Bewerbungen verbunden waren. Auch schrieb er: „Der damalige Umgang mit dieser Personengruppe etwa bei der („administrativen“) Umsetzung beschlossener Maßnahmen ließ vielfach Wertschätzung vermissen. Die Leitung der Evangelischen Kirche im Rheinland bedauert dies sehr.“ Auf S. 6 dankte er ausdrücklich allen Pastoren und Pastorinnen für ihre ehrenamtliche Arbeit und die Beteiligung des Rheinischen Konventes an der Erarbeitung der Handreichung.
Ordinationsrechte und Freie Kasualrede
Überraschend erfuhren wir davon, dass die Ordinationsrechte derer, die auch als „Freie Redner“ aktiv waren, gefährdet waren: Diese Tätigkeiten seien mit der Rolle als Pastor oder Pastorin nicht vereinbar. Das betraf einige, die auch mit nicht-kirchlichen Feiern anlässlich Trauungen, Beerdigungen usw. einen Teil ihres Lebensunterhaltes verdienten. Nach einem Gespräch im LKA verfasste der Rheinische Konvent im Jahr 2012 eine Stellungnahme, die für die Vereinbarkeit der kirchlichen mit den „freien“ Tätigkeiten warb. Bei einer Konferenz der Superintendenten konnten wir uns mündlich äußern. Zunächst ließen die Verantwortlichen dann das Thema ruhen.
Im Jahr 2020 gab es wieder einen ähnlichen Vorschlag. Wir veröffentlichten wieder eine Stellungnahme und später wurde eine Kompromiss-Regelung beschlossen: Sie hält zwar an der grundsätzlichen Nicht-Vereinbarkeit der beiden verschiedenen Tätigkeiten fest, aber die davon betroffenen Personen aus unserer Gruppe erhielten einen „Vertrauens-“ bzw. „Bestandsschutz“ und bleiben unbehelligt.
„Gemeinschaft der Ordinierten“
2015 beauftragte die Landessynode die Kirchenleitung mit der Erarbeitung von Leitlinien zu diesem Thema, für das sich Dr. Lehnert sehr engagierte. Wiederholt wurde bei Tagungen darüber diskutiert. Eine Arbeitsgruppe der Landeskirche erarbeitete dann Leitlinien dazu, die 2019 in Kraft gesetzt wurden. Sie sollen das konstruktive Miteinander der verschiedenen Gruppen der Ordinierten zu fördern.
„Härtefallregelung“
Um die früheren Härten zumindest teilweise auszugleichen gab es im Jahr 2020 die Möglichkeit, Anträge auf finanzielle Zuwendungen zu stellen.
Der Rheinische Konvent hatte bereits 2015/16 einen Fonds für finanzielle Unterstützungen für Pastor*innen in Notlagen angeregt. Dr. Lehnert nahm dies auf und setzte sich sehr dafür ein.
Es war inzwischen geklärt, dass es keinen Rechtsanspruch auf hohe Entschädigungszahlungen gab, wie sie teils auch vom Pfarrverein angeregt worden waren. Dennoch empfand die Kirchenleitung eine moralische Verpflichtung, besonders Betroffenen einen finanziellen Ausgleich für frühere Härten anzubieten.
Nach längerem Vorlauf und Treffen einer landeskirchlichen Arbeitsgruppe, in der sich verschiedene Betroffene engagierten, wurde eine entsprechende Regelung beschlossen. Sie beschränkte die eventuellen Zuwendungen auf die Gruppe derer, die die jeweils am längsten mögliche Zeit im Sonderdienst gewesen waren. Nur sie konnten einen Antrag auf solche Zahlungen stellen. Letztere wurden von der Situation nach der Entlassung abhängig gemacht, die noch einmal genau dargelegt werden sollte. Dies bedeutete einen großen Aufwand und auch eine psychische Belastung.
Ein Angebot, einen Antrag auf Zuwendung zu stellen, erhielten 140 Personen. 60 davon stellten einen Antrag, 57 davon wurden der zuständigen landeskirchlichen Kommission positiv entschieden.
Viele, die solche Zuwendungen auch „verdient“ hätten, gingen natürlich leer aus. Aber so haben zumindest viele ehemalige Sonderdienst-Pastor*innen eine teilweise Refinanzierung ihrer früheren Weiterbildungen oder anderer Kosten erhalten. Sie erhielten je bis zu 20.000 €.
Denen, die dazu bereit waren, sich hier zu engagieren und sehr persönliche und belastende Dinge vorzutragen, gilt auch unser Dank! Ohne ihren Einsatz hätte unsere Anregung wohl keinen Erfolg gehabt.
Weitere Verbesserungen – und vergebliche Bemühungen
Im Laufe der Jahre kam es auch zu weiterenpositiven Veränderungen in Bezug auf unsere Gruppe, etwa die Anerkennung der „Kirchlichen Examen“, als „Diplom“.
Aber für einige Themen haben wir uns vergeblich eingesetzt. Auch Manches, was in den Papieren steht, wurde nur selten umgesetzt: etwa Synodalbeauftragungen für unsere Gruppe in den Kirchenkreisen.
Insbesondere wird die Rente für viele von uns sehr mager ausfallen – einige spüren das schon jetzt.
Gedanken zum Schluss
Der Rheinische Konvent war in mancher Hinsicht „seiner Zeit voraus“: Hier wurden Dinge erdacht und vorgeschlagen, die viele sich damals nicht vorstellen konnten, etwa die Berechnung von Durchschnittszeiten für pastorale Tätigkeiten. Inzwischen gibt es Arbeits-Zeit-Berechnungen wie „Zeit für’s Wesentliche“ für den Pfarrdienst und die Verbeamtung von Pfarrpersonen steht zur Diskussion.
Auch habe ich immer als außergewöhnlich empfunden, dass im Rheinischen Konvent eine gute Zusammenarbeit und Solidarität möglich war, obwohl manche bei Bewerbungen de facto miteinander konkurrierten.
Natürlich gab es auch Auseinandersetzungen und Frustrationen, Ärgerliches und Anstrengendes. Doch als wirklich verletzend empfand auch ich den früheren Umgang des Landeskirchenamtes mit mir – und den mancher Gemeinden im Zusammenhang mit Bewerbungsverfahren.
Seit 20 Jahren habe ich im Vorstand des Rheinischen Konvents mitgearbeitet: Das ist eine lange Zeit. Aber vor Gott sind „tausend Jahre wie ein Tag“ (Ps.90, 4). Schon jetzt wissen viele in unserer Kirche nicht mehr, dass es einmal eine „Theologen-Schwemme“ gab. In 20 Jahren werden es noch weniger wissen, so wie der neue Pharao nichts mehr von Josef wusste (Ex. 1,8).
Unsere Aktenordner werden wir bald dem Archiv der Landeskirche übergeben. Wird sich noch einmal jemand mit unserer Geschichte beschäftigen?
Wie dem auch sei: Wir verabschieden uns mit dem Gefühl, dass wir im Laufe der Jahre viel erreicht haben.
Und nicht zuletzt: Der Rheinische Konvent war für viele eine gute kirchliche Gemeinschaft – jenseits der Ortsgemeinden oder Kirchenkreise. Auch für mich. Dafür bin ich sehr dankbar!
Daniela Emge Essen, im Oktober 2025
Eine frühere, ausführlichere Version dieses Rückblickes findet sich (noch) auf