Pfarrerlücke 2030

Keine Pfarrstellen für junge Theologen
in der Evangelischen Kirche im Rheinland?
Überlegungen gegen den PfarrerInnenmangel im Jahr 2030

(19.06.2006 mit Updates in den Folgejahren)

Der Sonderdienst in der Evangelischen Kirche im Rheinland wird abgeschafft, weil es für junge Theologen fast keine Pfarrstellen mehr gibt.“ So zitiert der EPDWochenspiegel den Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider (epd Wochenspiegel Ausgabe West vom 15. Juni 2006 (Nr. 24), Seite 2).

An dieser Aussage sind zwei wichtige Details falsch.

  • Für junge Theologen gibt es sehr wohl Pfarrstellen – wenn die Rheinische Kirche nicht in einem absehbaren katastrophalen Mangel enden will.
  • Das Problem des Sonderdienstes sind nicht die jungen, sondern die inzwischen nach ihrem Sonderdienst ehemals jungen Theologen sowie der Wartestand.

Die Arbeitsgruppe II zur Prioritätendiskussion in der EKiR empfiehlt (EKiR: Prioritätendiskussion. Ergebnis der Arbeitsgruppe II (Dienst- und Arbeitsrecht) – (Materialheft) unter A III 3, Seite 18), die jetzt 1874 Pfarrstellen (Stand: 1.7.2005) auf 1000 Pfarrstellen im Jahre 2030 zu reduzieren. Bei einem linearen Abbau von Pfarrstellen müssten ab sofort jedes Jahr durchschnittlich 35 Stellen abgebaut werden. Dennoch sollten jedes Jahr fünf Neueinstellungen erfolgen (A.a.O., Seite 19).

Sollte dieser Vorschlag umgesetzt werden, kann im Jahre 2030 jede zweite der geplanten 1000 Pfarrstellen nicht besetzt werden.

 

Alterspyramide der Pfarrerinnen und Pfarrer

Diese Entwicklung ergibt sich aus der Altersstruktur der Pfarrerinnen und Pfarrer der EKiR und kann aus der vorstehenden Grafik (Quelle: http://www.ekir.de/ekir/6197_6843.asp – Die Zahlen der folgenden Überlegungen wurden mit recht großer Genauigkeit dieser Grafik entnommen, soweit nicht anders angegeben.) abgelesen werden. Der StatistischeDienst der EKiR nennt für den 1.10.2005 folgende Zahlen (Statistischer Dienst der EKiR, Zahlenspiegel Nr. 1/2006 – http://www.ekir.de/ekir/dokumente/zsp.pdf):
2342 Pfarrerinnen und Pfarrer insgesamt, davon
204 PfarrerInnen im Probedienst,
175 PastorInnen im Sonderdienst
5 GemeindemissionarInnen
Damit spiegelt die Fläche der Grafik insgesamt diese 2342 Theologinnen und
Theologen wider, denen die Zahl von 1961 Pfarrstellen (A.a.O.) gegenüber steht.

Zwei Phasen bis 2030

Aus dem Schaubild ergeben sich für die folgenden Jahre bis 2030 zwei Phasen
(Der Sonderdienst-Fonds neigt sich dem Ende zu; dauerhaft ist der Sonderdienst aus diesem Fonds nicht zu finanzieren, und es ist sicherlich sinnvoll, dort verbliebene Gelder zur Qualifizierung der Betroffenen zu verwenden.):
In den kommenden 15 Jahren (gerechnet ab 2005) werden durchschnittlich jeweils 36,5 Personen die Pensionsgrenze erreichen. Danach folgen weitere 10 Jahre, in denen durchschnittlich 119,5 Personen in den Ruhestand gehen.
2005:     
2167 Pfarrerinnen und Pfarrer (*)
 -550 Reduzierung durch Pensionierung
2020: 
1617 Pfarrerinnen und Pfarrer
-1195 Reduzierung durch Pensionierung 10 Jahre je 119 – 120 Personen
2030:
 422 Pfarrerinnen und Pfarrer
(* Im Ausgangspunkt werden alle 175 Pastorinnen und Pastoren im Sonderdienst herausgerechnet. Entsprechend weniger Personen werden in den jeweiligen Jahren durchschnittlich pensioniert. Die Grafik dürfte in dieser Altersphase vor allem PastorInnen in Sonderdienst darstellen.)
Damit könnte im Jahre 2030 beinahe jede zweite der geplanten 1000 Pfarrstellen nicht besetzt werden!
Selbst wenn linear jedes Jahr 5 Neueinstellungen erfolgen würden, könnten
im Jahr 2030 nur 547 Stellen besetzt werden (25 Jahre je 5 Personen = 125 Neueinstellungen. 422+125=547).

Wartestand

Der Wartestand kann an diesem Problem nur wenig ändern. Im Wartestand oder in Freistellung sind 374 Personen (Statistischer Dienst der EKiR, Zahlenspiegel Nr. 1/2006 – http://www.ekir.de/ekir/dokumente/zsp.pdf). Unterstellt man, dass dieser Kreis eine ähnliche Alterstruktur aufweist wie die übrigen Theologinnen und Theologen im Dienst (Dieser Personenkreis ist in der Grafik nicht aufgeführt, so dass diese Angaben nur grob geschätztwerden können.) und dass alle entsprechend zu Verfügung stehen (Auch in diesem Fall muss ich grob schätzen.), dann entlasten im Jahr 2030 nur etwa 60 Personen (15 Prozent) die zu erwartende Lücke:
Auch mithilfe des Wartestandes können im Jahr 2030
nur 607 der geplanten 1000 Stellen besetzt werden.

Die Lage ist noch schlimmer!

Diese Zahlen gehen davon aus, dass alle derzeitigen Pfarrerinnen und Pfarrer zur
Anstellung übernommen werden.
Vor allem aber wird unterstellt, dass alle Pfarrerinnen und Pfarrer im Jahre 2030 eine volle Stelle bekleiden – auch jene Pfarrerinnen und Pfarrer, die jetzt im geteilten Dienst beschäftigt oder auch weiterhin freigestellt sein werden sind. Das wird sicherlich nicht der Fall sein: Die Lage ist noch viel schlimmer.
Damit im Jahre 2030 wirklich 1000 Pfarrstellen besetzt werden können, müssen von nun an jedes Jahr mindestens 20 Personen in Vollzeit eingestellt werden – unter der Berücksichtung von Teilzeitstellen usw. eher mindestens 25 Personen.

Kein linearer Abbau von Pfarrstellen

Die Altersstatistik der Pfarrerinnen und Pfarrer in der EKiR macht unmittelbar
deutlich, dass in den nächsten 15 Jahren keinesfalls jährlich 35 Stellen eingespart werden können. Sonst müsste bei jeder Pensionierung automatisch die Stelle wegfallen. (Alternativ müsste bei einer Pensionierung eine andere Stelle wegfallen, deren InhaberIn die Stelle des Pensionärs übernehmen würde.)
In den darauf folgenden 10 Jahren werden weitaus mehr Menschen in den Ruhestand gehen, als überhaupt Pfarrstellen abgebaut werden können.

Richtige und falsche Signale an den theologischen Nachwuchs

Die Einstellung von 5 jungen TheologInnen im Jahr kommt einem
Einstellungsstopp gleich. Dies und die fatale Behauptung, es gäbe fast keine Pfarrstellen für junge Theologinnen in der EKiR, setzt bei jungen Menschen das Signal, es lohne sich nicht, Theologie zu studieren. In der Folge würde die Evangelische Kirche im Rheinland nicht einmal für die Hälfte der bis 2030 zu besetzenden Stellen geeignete KandidatInnen finden können.

(Man braucht nicht viel Phantasie, um die Abnahme der Zahl der Theologiestudierenden unter http://www.ekir.de/ekir/images/08stud-z.gif

fortzuschreiben, wenn tatsächlich eine Zeit lang nur noch 5 Menschen pro Jahr Zugang zum Pfarrberuf in der EKiR erhielten. – Was würde dies für die Existenz der theologischen Fakultäten und ihren Disput im wissenschaftlichen Fächerkanon bedeuten?!)
Der Bedarf an jungen TheologInnen ist zweifelsfrei gegeben; und das sollte auch in der Öffentlichkeit vermittelt werden. Darüber hinaus ist zu betonen, dass das Theologiestudium auch für Arbeitgeber außerhalb der Kirche wichtige Schlüsselqualifikationen vermittelt. Die Studierenden sollten von Anfang an so beraten werden, dass sie ihr Theologiestudium auch im Blick auf eine Beschäftigung außerhalb der Kirche anlegen, die modernen Sprachen pflegen, Auslandssemster einlegen, sich Grundkenntnisse in BWL aneignen, gezielt Praktika in für sie interessanten Bereich in der Wirtschaft ableisten.
(Hund/Lück, Berufsperspektiven für Theologinnen und Theologen, Spener Verlag 2000 (Hrsg: Ev. Kirche in Hessen und Nassau). Internet: http://www.muehltal-evangelisch.de/Berufsperspektiven.pdf. Vgl. im katholischen Raum: Becker/Pelzer (Hg.), Berufschancen für Theologiennen und Theologen, Herder 2006.)

Zukunftszugewandt entscheiden und handeln!

Es heißt, unter den gegebenen presbyterial-synodalen Verhältnissen gäbe es keine Möglichkeiten zur Personalplanung. Die Lebensdaten der Pfarrerinnen und Pfarrer, insbesondere ihr mutmaßlicher Eintritt ins Pensionsalter waren aber jederzeit abrufbar. Durch Altersteilzeitmodelle wurden Sonderdienstler Jahre lang vorzeitig in Pfarrstellen vermittelt. Damit war absehbar, wann und für wie viele Sonderdienstler es keine Stellen mehr geben wird. Sie sind im Dienst für die Kirche gealtert und finden nun weitaus schlechtere Chancen zur Umorientierung im Arbeitsmarkt. Sonderdienst und Wartestand verbreitern den „Bauch“ der starken Jahrgänge und tragen kaum zur Verringerung der Besetzungslücke 2030 bei.
Solche fatalen Fehler dürfen der Evangelischen Kirche im Rheinland auf keinen Fall noch einmal unterlaufen. Sonst müssen in Zukunft die Pfarrerinnen und Pfarrer nicht nur eine ständig wachsende Zahl von Gemeindegliedern betreuen, sondern darüber hinaus auch die Vertretungen für vakante Stellen mit ebenfalls gewachsenen Anforderungen leisten. Die EKiR stünde im Jahr 2030 vor einem personellen Fiasko.

Schlussfolgerungen

  1. In den folgenden 13 Jahren (Zur Synode 2007 sind seit dem Zahlenstand 2005 aus diesen Berechnungen 2 Jahre vergangen.) sollten alle frei werdenden Stellen wieder besetzt werden, vorzugsweise mit jungen Theologinnen und Theologen.
  2. In diesem Zeitraum muss die EKiRverbindliche Regeln für den Pfarrstellenabbau ab 2020 vereinbaren.
  3. Trotz des Pfarrstellenabbaus muss die EKiR auch ab 2020 jährlich mindestens 25 junge TheologInnen einstellen.
  4. Studierende müssen von Anfang an so begleitet und beraten werden, dass ihnen das Theologiestudium durch den weiten Ausbildungshorizont reelle Chancen in der freien Wirtschaft bietet. (Vgl. oben: Hund/Lück und Becker/Pelzer)
  5. Die Landeskirche muss gegenüber dem Sonderdienst Verantwortung übernehmen für die mangelnde Planung in der Vergangenheit.
  6. Vor konkreten Entscheidungen der Landessynode müssen jahrgangsweise exakte Zahlen (unter Berücksichtigung von Teilzeitstellen) zum Ausscheiden von Pfarrerinnen und Pfarrern in den Ruhestand vorgelegt und mit realistischem Stellenabbau in den beiden Phasen bis 2020 und bis 2030 sowie mit den erforderlichen Neueinstellungen in Beziehung gesetzt werden.
Bernd Kehren, Pastor im Sonderdienst für Altenheimseelsorge
19.06.2006

[Dieser Text bis hierher als PDF: PfarrerInnenmangel 2030]

Update (Ostern 2007):

Inzwischen wurde auf der Landessynode 2007 ein Maßnahmenpaket geschnürt, das langfristig auch helfen soll, dem drohenden PfarrerInnenmangel entgegenzutreten. (Insofern ist der Text oben veraltet.) Ob es gelingt? Endlich soll es eine mittelfristige Personalplanung geben. Je nach Finanzlage sollen auch (junge) Menschen eingestellt werden, die den Mangel ab etwa 2020 abfedern. Konkrete Zahlen gibt es noch nicht. Für die inzwischen im Sonderdienst gealterten Menschen sieht es immer noch schlecht aus. Die Synode hat freundlicherweise ein Zeitfenster bis 2008 eröffnet, in dem Bewerbungen auf Pfarrstellen noch möglich sind – auf die wenigen Pfarrstellen, die derzeit ausgeschrieben werden.

Danach wird es ein zentrales Bewerbungsverfahren geben – und daran wird die Mehrzahl scheitern. Vor allem jüngere Absolventen werden Stellen in der EKiR finden können, aber auch sie sehen die Chancen zur Zeit ausgesprochen pessimistisch.

Wird es der Kirchen gelingen, den erfolglosen Bewerberinnen und Bewerbern eine Perspektive in der Kirche zu ermöglichen? Partnerschaftlich? Wird es eine pastorale freiberufliche Mitarbeit, gebunden an die Ordinationsrechte, geben können? Und wird diese Mitarbeit angemessen bezahlt werden können?

Ein “Ehrenamt” wird freiwillig ausgeübt. Die drohende Arbeitslosigkeit wird dazu führen, dass die Betroffenen Alternativen suchen. Welche Möglichkeiten wird die EKiR finden, sie dennoch in einem angemessenen Rahmen an sich zu binden? Noch stehen viele Fragen im Raum, hoffentlich gibt es zur Synode 2008 bereits praktikable Antworten.

Besonders bitter: Viele Maßnahmen der letzten Jahre wurden als Reaktion darauf “verkauft”, dass es in der Pfarrerschaft Problemfälle gegeben habe, die letztlich nicht zum Pfarrdienst geeignet waren.

Statt diese Personen nun zu schulen und zuzurüsten, wurden dem Nachwuchs immer weitere Maßnahmen aufgedrückt (Fortbildungen in den ersten Amtsjahren und vieles mehr). Was hat es dem Nachwuchs genutzt? Jetzt steht die Mehrheit trotzdem ohne Stelle da.

Und wer fasst den Mut zum Bekenntnis: Ja, wir haben manche Pfarrerin und manchen Pfarrer im Amt, der Defizite aufweist, weil Defizite einerseits völlig normal sind, und weil wir andererseits das Pfarrerdienstrecht so gehandhabt haben, dass auch Problemfälle eine Chance bekommen?

Wer fasst den Mut zum Bekenntnis: Ja, wir haben zu oft einem Presbyterium nicht deutlich genug gesagt, dass eine bestimmte Wahl mit großer Wahrscheinlichkeit große Probleme nach sich ziehen wird? Wir hatten zwar “Erkenntnisse”, aber wir haben sie nicht weiter gegeben? Weil wir nicht unsozial sein wollten?

Wer fasst den Mut zum Bekenntnis: Ja, wir haben das kirchliche Beamtenrecht im Blick auf die Pfarrerinnen und Pfarrer völlig neutral durchgezogen und damit in Kauf genommen, dass wir nicht die für bestimmten Aufgaben Besten in den Dienst nehmen konnten, sondern nur solche, die im zur Verfügung stehenden Zeitfenster bestimmte formale Anforderungen erfüllten?

Im Ergebnis muss die Kirche jetzt “unsozial” sein – und sie wird viele gut ausgebildete und fähige Kräfte verlieren, die sie selber mit großen Einsatz ausgebildet hatte.

Bernd Kehren

Update 2010

Es sind weitere Jahre ins Land gezogen. Inzwischen wird die Pensionskasse eifrig gefüllt. Inzwischen gibt es Pfarrer mit besonderem Auftrag, einerseits aus den Reihen der Pfarrer im Wartestand, andererseits aus fähigen Nachwuchskräften. Nicht mehr zu jeder dritten, sondern zu jeder zweiten Besetzung einer Pfarrstelle schlägt die Kirchenleitung Kolleginnen und Kollegen aus dem Wartestand vor.

Gleichzeitig werden jedes Jahre eine ganze Reihe junger Theologen eingestellt, damit die Pfarrerschaft nicht ganz überaltert. Über 450 Nachwuchskräfte sind aus dem Dienst ausgeschieden und predigen weiterhin ehrenamtlich und nun auch über das neue Portal ekir.de/pastorale-dienste, über das diejenigen “gebucht” werden können, die mit ihren zusätzlichen pastoralen Diensten sich und ihre Familien zumindest teilweise ernähren wollen.

Es hat sich etwas getan. Fakt bleibt aber nach wie vor, dass in 10 Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand treten werden, und dass dann die Pfarrstellen gar nicht so schnell abgebaut werden können, wie ältere Kolleginnen pensioniert werden. Ich befürchte immer noch, dass von den seinerzeit 1800 Pfarrstellen im Jahr 2030 maximal 650 werden besetzt werden können. Die jungen KollegInnen, die jetzt erfolgreich eine Pfarrstelle bekommen, werden einen großen Teil ihrer Kraft auf die Zusammenlegung von Pfarrstellen und Gemeinden, auf Kooperationen mit anderen Gemeinden und die Verwaltung des Mangels legen müssen. Es wird schwer werden. Auch weil es immer weniger KüsterInnen, immer weniger KirchenmusikerInnen und immer weniger Mitarbeitende in der Jugendarbeit geben wird.

Es wird hart werden. Hoffentlich werden jetzt die richtigen Weichen gestellt.

Bernd Kehren

Update 2014

Die niedrigen Zahlen sind auf der Synode im Januar bestätigt worden. Aber immerhin haben wir eine Kirchenleitung, die die Probleme engagiert in Angriff nehmen will.

Zum ersten Mal wurde an verschiedenen Stellen von Kreissynoden, der Sondersynode in Hilden 2013 und auch jetzt wieder bekannt, dass die Synoden gegen den ausdrücklichen Widerstand des Finanzdezernenten eine massive Unterdeckung der Pensionskasse beschlossen hatten und das dadurch freie (aber nicht eingesparte) Geld lieber in Projekte steckte, die ihrerseits wieder die Pensionskasse belasten würden.

Mir würde es gut tun, wenn jetzt einer derer, die damals dafür gestimmt oder den Beschluss beklatsch hatten, aufstehen und sich entschuldigen würde.

Stattdessen treten nun (falsche?) Propheten auf, die den Ernst der Lage leugnen, die in den nötigen Abstimmungsprozessen auf Kirchenkreisebene einen Angriff auf das Presbyterial-synodale Prinzip sehen und darauf verweisen, dass die Kirchensteuern nominell doch immer gestiegen seien, obwohl die Gemeindegliederzahl beständig abgenommen hat. Dass es mit der Pensionskasse und der Beihilfe inzwischen sehr knapp werden wird, wird beharrlich ignoriert. Und zur Frage, wie der Prozesse einer fast Drittelung der Pfarrstellen bewältigt werden soll, dazu erfährt man von diesen Propheten auch nichts.

Im Nachhinein muss ich sagen: Die Kosten liefen aus dem Ruder, es führte kein Weg daran vorbei, die Zahlen der Warteständler zu reduzieren und Maßnahmen zu ergreifen, die zumindest den Jüngeren von ihnen den Weg in reguläre Pfarrstellen ermöglichte. Das bedeutete fast einen Einstellungsstopp für junge Theologen. Im Ergebnis wurden die eingestellt, die das Examen bestanden haben, jedes Jahr ungefähr 20 Personen.

Für die Zukunft kann man sagen: Der Pfarrberuf ist ein sehr schöner Beruf. Und wer jetzt mit dem Theologiestudium beginnt, wird viel Arbeit haben, wenn er oder sie mit dem Vikariat fertig ist. Offene Pfarrstellen wird es dann wohl genug geben. Sofern die Sparanstrengungen greifen und das Problem mit der Pensionskasse und der Beihilfekasse gelöst wird.

Update 2015

Präses Rekowski bittet im Namen der EKiR um Entschuldigung für die Folgen einer verfehlten Personalpolitik und die Art des Umgangs mit den Betroffenen. So offen hat das auch sein Vorgänger nicht getan. Die Folgen für viele der Betroffenen sind damit nicht aus der Welt. Aber man spürt ihm ab, wie genau er hingesehen und diese Folgen wahrgenommen hat. Vielleicht wird er ja Wege finden, zumindest die schlimmsten Folgen ein wenig abzufedern.

Die Arbeitsbelastung im Pfarramt wird in wenigen Jahren immens steigen. Hoffentlich verschweigt er das nicht, wenn er nun darum wirbt, wie dringend die EKiR nun wieder gut ausgebildete Theologen braucht. Es ist und bleibt dennoch ein schöner Beruf. Deswegen hängen so viele Pastorinnen und Pastoren an ihren Ordinationsrechten, auch wenn sie davon allein nicht leben können. Wenn das keine Einladung zum Theologiestudium ist, was dann?