Welcher Friedhof?

Gedanken zur Wahl der Grabes oder des Friedhofs

Wenn ich gefragt werde, ob ich eine Beerdigung übernehmen kann, ist die Entscheidung für eine Bestattungsart, für ein bestimmtes Grab oder einen bestimmten Friedhof meist gefallen. Aber vielleicht schauen Sie vorher hier vorbei. Dann finden Sie hier einige persönliche Gedanken, welcher Friedhof oder welche Bestattungsart zu Ihnen passen könnte. Dabei spare ich in einigen Fällen auch meine Zweifel nicht aus.

Im Laufe der Jahre habe ich an vielen unterschiedlichen Gräbern gestand und weiß immer noch nicht, welches für mich das geeignetste Grab ist. Bei vielen Gesprächen habe ich aber gelernt, wie wichtig dabei die Angehörigen sind.

Manche brauchen ein Grab als Ort ihrer Trauer. Manche Menschen sind todunglücklich, wenn sie keine Gelegenheit habe, das Grab eines lieben Verstorbenen zu pflegen und zu gestalten.
Andere wiederum brauchen gar kein Grab, sondern finden in ihrem Herzen oder an ganz anderen Stellen den Ort, den sie zum Trauern brauchen. Dazwischen gibt es viele Abstufungen. Es lohnt sich auch, die teilweise ganz unterschiedlichen Kosten für das Grab, den Grabschmuck und die Grabpflege im Detail zu vergleichen und dabei auch daran zu denken, wie lange diese Gräber jeweils bestehen werden.

Anonyme Gräber?

Ich glaube, dass dies nur in ganz wenigen besonderen Fällen eine wirklich gute Lösung ist. Ich merke das immer wieder, wie schwer es Angehörigen fällt, den “letzten Weg” nicht begleiten zu können. Nach der Trauerfeier müssen sie die Halle verlassen oder wird der Sarg weggefahren. Völlig fremde Menschen werden ihn oder später die Urne beisetzen – und man kann nicht dabei sein. Viele Friedhöfe haben die große Not von Freunden und Angehörigen erkannt und erlauben es, zumindest im kleinen Kreis bei der Beisetzung dabei zu sein und ein Vaterunser sprechen zu können.

Gepflegt soll es sein! Oder jedenfalls nicht ungepflegt aussehen!

Bestattungswälder

Sie heißen z.B. “Friedwald”, “Ruheforst” oder “FinalForrest”, um nur zwei bekanntere Namen von Bestattungswäldern zu nennen. Kirchlich waren sie kritisch beäugt wegen ihrer anfangs etwas esoterisch angehauchten Auffassung, dass der Leichnam über die Asche in den ewigen Kreislauf der Natur eingeht. Für mich ergeben sich zwei Hauptvorteile dieser Bestattungsform: Es entfällt jegliche Grabpflege und es wird in der Regel keine Brief am Ende der Liegezeit kommen und fragen, was nun mit dem Grab und dem Grabstein geschehen soll. Diese Bestattungswälder sind meist vor noch gar nicht so langer Zeit eingerichtet und für 99 Jahre im Grundbuch eingetragen. Wer jetzt beerdigt wird, kann oft noch bis zu 90 Jahre dort liegen bleiben. Inzwischen werden dort aber auch preisgünstigere Gräber mit kürzeren Liegezeiten angeboten.

Hinzu kommt eine in der Regel sehr angenehme Atmosphäre. Nachteile sehe ich vor allem für ältere Menschen, denen es mit zunehmender Gebrechlichkeit schwer fallen wird, das Grab mit Rollator oder Rollstuhl zu erreichen. Die Trauerfeier selbst ist natürlich auf gutes Wetter angewiesen, weil es in der Regel keine Trauerhalle gibt. An den Bäumen kann eine kleine Namensplakette angebracht werden. Weitere Formen des Gedenkens sind in der Regel nicht möglich. Diese Bestattungswälder liegen in der Regel etwas weiter von den Angehörigen entfernt, soweit sie nicht direkt im Ort wohnen.

Gärten der Bestattung

Eine Ausnahme, die ich kenne, sind die “Gärten der Bestattung” in Bergisch-Gladbach (der erste Privatfriedhof in Deutschland, ein Projekt von Fritz Roth). Dort sind keine anonymen Bestattungen möglich. Die Angehörigen haben aber große Freiheiten, wie sie die Urnengräber unter den Bäumen gestalten. Solange keine Waldbrandgefahr besteht, sind auch Lampen möglich, regelrechte kleine Grabsteine ebenso wie Findlinge mit dem Namen. Ich erinnere mich z.B. an eine E-Gitarre mit Grabinschrift… Hier bestehen sehr individuelle Möglichkeiten, seiner Trauer Ausdruck zu verleihen. Wer allerdings nicht direkt in Bergisch-Gladbach wohnt, wird lange Wege zu diesem Friedhof inkauf nehmen müssen.

Baumbestattungen

Als Reaktion auf die Bestattungswälder gibt es inzwischen auf vielen Friedhöfen das Angebot einer Baumbestattung. In kleinen Kreisen können bis zu 10 oder 12 Urnen auf der Rasenfläche rund um die teilweise neu gepflanzten Bäume beigesetzt werden. Eine Namensplakette im Boden erinnert an den Verstorbenen. Grabschmuck soll nicht abgelegt werden, damit der Rasen ständig problemlos gemäht werden kann. Auf manchen Friedhöfen sind die Bäume mit Gussstahl-Gittern geschützt, in die man ein kleines Grablicht oder eine kleine Blumenvase einhängen kann. Hier (wie auch in den “Gärten der Bestattung” sind die Liegezeiten ähnlich wie auf einem “normalen” Friedhof. Nach regional unterschiedlichen Zeiten zwischen 15 bis 35 Jahren werden die Gräber eingeebnet bzw. aufgelöst und können neu vergeben werden. Im Vergleich zu den Bestattungswäldern sind diese Gräber relativ ortsnah und können auch mit Rollstühlen und Gehhilfen gut erreicht werden.

Grüne Wiese, grüne Reihe: Rasengräber

Es geht pflegeleicht auch ohne Baum. Die meisten Friedhöfe haben unterschiedliche Angebote von Reihengräbern, bei denen entweder Namensplaketten in den Rasen eingelassen werden oder die Grabsteine so gestaltet werden, dass davor eine Rasenfläche einfach gemäht werden kann. Manchmal ist es dann sogar möglich, auf den Sockel neben dem Grabstein eine Blumenvase aufzustellen. Auf manchen Friedhöfen gibt es zentrale Gedenksteine, vor denen Blumen abgelegt werden können, manchmal ist es möglich, den Namen und das Geburts- und das Sterbedatum eingravieren zu lassen.

Bestattungsgärten

In manchen Großstädten haben sich so viele Menschen für eine Bestattung in einem Bestattungswald entschieden, dass die Einnahmeseite von Friedhöfen, Steinmetzen und Friedhofsgärtnern in eine grobe Schieflage geraten ist. Aus der Not heraus haben sie in Einzel- oder Gemeinschaftsinitiative begonnen, vor Ort auf ihren Friedhöfen pflegeleichte Gärten anzulegen, in denen Feuer- und zum Teil auch Erdbestattungen möglich sind. Dabei sind echte kleine Schmuckstücke entstanden, zum Teil Hochbeete in gemauerten labyrinthähnlichen Anlagen, Lavendel-, Stein- und Rosengärten mit geschmackvollen Stelen-Ensemblen als Grabsteinen. Die Grabpflege ist im Verhältnis gar nicht so teuer und im Vergleich zu mancher klassischen Grabgestaltung fühlen auch jüngere Menschen sich dort im Trauerfall in einer Weise geborgen, mit der sie selber gar gerettet hätten.

Leider gibt es diese Möglichkeiten noch nicht überall. Es lohnt sich aber, sich rechtzeitig zu informieren. Schöne Beispiele finden Sie z.B. auf dem Melatenfriedhof Köln. Und vielleicht können Sie ja auch Ihre örtliche Kommune, einen örtlichen Friedhofsgärtner oder eine Genossenschaft auf Friedhofsgärtnern und Steinmetzen anregen, die diese Idee auch bei Ihnen umsetzt.
Der eigenen Kreativität sind durch das Gartenkonzept Grenzen gesetzt. Der zuständige Gärtner wird Sie zum  Entfernen Ihrer Pflanzen oder Gestaltung auffordern, wenn es nicht in das pflegeleichte und gestalterische Konzept passt.

Kolumbarium

Kolumbarien sind Urnenwände, die teilweise auf Friedhöfen, zunehmend auch in entwidmeten Kirchen angelegt werden. Sie sind meist sehr stilvoll, im Freien leider nicht immer genügend witterungsbeständig und werden zunehmend nachgefragt. Sie sind auch für Menschen mit körperlichen Einschränkungen gut zu erreichen, meistens können Blumen abgelegt werden. Ich persönlich empfinde sie aber als “vorletzte Ruhe”, weil die Urne nach Ablauf der Liegezeit dort entfernt wird und (erst) anschließend einen endgültigen Platz findet.

Verstreuung

Verstreuungen sind je nach Landesgesetzgebung nur möglich, wenn der Verstorbene sich zu Lebzeiten damit (hand-) schriftlich einverstanden erklärt hat. Manche Krematorien bieten eine Verstreuung auf ihren benachbarten Friedhöfen sehr kostengünstig an.

Bei der Bestattung wird oft eine “Verstreuungsurne” verwendet, die man unten öffnen kann. Auf der Erde sieht man dann einen entsprechenden Asche-Hügel oder je nach Verstreuung ein entsprechendes Muster. Mancherorts wird daher ein Stück Grasnarbe abgehoben, die Asche an dieser Stelle verstreut und anschließend wieder mit dem Stück rasen bedeckt.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Asche mithilfe der Streuurne relativ großflächig zu verstreuen. Mancherorts wird auch die Aschekapsel mit großem Schwung entleert. Es kann gut geschehen, dass man anschließend den Staub auf Schuhen und Kleidung hat.

Bei dieser Bestattungsart sollte vorher besonders gut überlegt und abgesprochen sein, wie sie gestaltet wird. Wichtig ist, dass diese Bestattung gut begleitet wird. Die Anwesenden sollten wissen, was sie erwartet.

Gute Bekannte waren einmal völlig entsetzt, als der Bestatter ohne Vorankündigung plötzlich hinter einem Busch verschwand und plötzlich mehrfach eine Aschewolke zu sehen war.

Im Gegensatz dazu habe ich eine sehr würdevolle Verstreuung erlebt, bei der der Redner im Rahmen der Zeremonie die Asche in einer feinen Schicht großflächig auf dem Rasen verteilte. Diese Schicht wird nach dem nächsten Regen nicht mehr zu sehen sein. Für andere ist es gerade wichtig, dass die Asche an einer bestimmten Stelle noch länger zu sehen ist.
Wenn man vorher darüber nachgedacht hat, kann man auch diese Bestattungsart sehr würdevoll gestalten.

Noch einmal: Anonyme Beisetzung

Beim Besuch des hiesigen Krematoriums wurde von einem Konkurrenten erzählt, der auch sehr günstige anonyme Beisetzungen anbietet. Der Betreiber kommt aus dem Tiefbaugewerbe und soll entsprechende Rohre senkrecht in der Erde versenkt haben. Auf diese Weise muss er zur Beisetzung nur oben die Grasnabe abheben, den Deckel öffnen und kann kurz und schmerzlos ein Dutzend (?) Urnen übereinander gestapelt “beisetzen”.

In der Historie wurden einmal die Christen gelobt, weil man deren Haltung auch daran ablesen konnte, mit welcher Ehrfurcht sie den Verstorbenen begegneten. Wenn es bei der Beisetzung nur noch auf eine möglichst preisgünstige Entsorgung ankommt, dann ist es an der Zeit, diese gesellschaftliche Fehlentwicklung laut zu beklagen.

Andererseits ist vor einer zu offensichtlichen Verklärung zu warnen. Wenn man eine malerische gut geschmückte Trauerfeier am Sarg erlebt und hinterher eine ebenso schön gestaltete persönliche und zugewandte Verabschiedung, dann kann man durchaus einen heftigen Widerspruch erleben (“Gegenwart” – Dokumentation auf Arte), wie fabrikmäßig mancherorts die Einäscherung organisiert wird und die Urnen völlig ungeschmückt im Schwerlastregal auf den Weiterversand warten.
Eine schematische Darstellung der Einäscherung kann man auf Youtube anschauen.

Diamantbestattung

Manchmal hört man auch von einer Diamantbestattung. In einem kostspieligen Prozess wird der in der Asche enthaltene Kohlenstoff gereinigt, konzentriert und unter hohen Druck zu einem kleinen Diament gepresst. Dazu sollte man Folgendes wissen: In einem “normalen” Krematorium läuft der Verbrennungsprozess so ab, dass der im Körper enthaltene Kohlenstoff vollständig zu Kohlenstoffdioxid verbrannt wird. Es ist also gar kein Kohlenstoff mehr da, der gepresst werden könnte. In der Urne sind daher vor allem Kalzium-Reste aus den Knochen. Es soll Anbieter geben, die daher kleine Diamanten in diese Asche legen, deren “Kraft” in diese Diamanten übergeht. Fragen Sie mich bitte nicht, was ich davon halte. In anderen Fällen wird der Verbrennungsprozess im Krematorium so gestaltet, dass dabei in der Tat noch Kohlenstoff für eine Diamantenpressung vorhanden ist. Wer sich dafür interessiert, sollte sicherlich sehr sorgfältig nachfragen, ob tatsächlich genau das passiert, was man sich darunter vorstellt.

Weltraumbestattung

Zur “Weltraumbestattung” sollte man anmerken, dass nur eine lippenstiftgroße Patrone ins All geschossen wird. Der Rest bleibt dann irgendwo hier auf der Erde. Wird die “Rakete” mit einem Feuerwerkskörper in die Luft geschossen, dass ist das sicherlich außerhalb der Grenzen des deutschen Rechts geschehen – und wie alle derartigen Raketen handelt es sich um verhältnismäßig niedrige Höhen, die derartige Geschosse erreichen. Wenn sie nicht als  Irrläufer quer über den Boden rasen, wie man auf diversen Filmen im Internet nachverfolgen kann.

Seebestattung

Wesentlich seriöser erscheint mir die Seebestattung. Mit einem kleinen Kutter fahren die Angehörigen zu einer der Stellen im Meer, die dafür z.B. in der Nordsee vorgesehen sind. Die Schiffsbesatzung lässt die wasserlösliche Urne mit einem Blütenkranz zu Wasser. Sie löst sich in kurzer Zeit auf, die Asche geht in diesem Bereich auf den Boden nieder. Über den genauen Ort erhalten die Angehörigen eine Seekarte.

Reihen- und Wahlgräber

Daneben gibt es nach wie vor die klassischen Reihen- oder Wahlgräber. Hier hat man alle Möglichkeiten der eigenen und beauftragten Grabgestaltung. Die Friedhöfe sind meist in der Nähe des letzten Wohnorts, was gerade für Ehepartner sehr hilfreich sein kann. In diesen Fällen hat man ggf. alle gestalterischen Möglichkeiten. Auch wenn meine Kommentierung hier besonders knapp ausfällt, ist und bleibt das eine angemessene und für viele Menschen hilfreiche Möglichkeit, bei der ich Trauernde gerne begleite.

Wenn bis hierher etwas fehlt, das Ihnen wichtig erscheint oder aus Ihrer Sicht richtig gestellt werden müsste, bin ich übrigens für einen Hinweis dankbar.

Große Beerdigung – kleine Beerdigung

n manchen Fällen ist von vorneherein klar, dass es eine große Beerdigung werden wird: Wenn ein Mensch, den viele gut kannten, plötzlich und viel zu früh stirbt, wird sein Tod mit großer Anteilnahme bedacht. Manchmal ist die für Eltern ein großer Trost zu spüren, dass sie in ihrer Trauer nicht allein sind, dass diese Trauer von vielen Menschen geteilt wird.
Das gilt oft auch für die weniger spektakulären Trauerfälle. In vielen Fällen gibt es nur noch wenige Angehörige, manchmal gar keine. Dann ist es gut, wenn vor Ort Menschen da sind, die auch in diesen Fällen dafür sorgen, dass niemand einsam beerdigt wird. Immer wieder aber haben Menschen verfügt, dass ihre Beisetzung nur im ganz kleinen Kreis stattfinden soll, obwohl viele Menschen um sie trauern und den Angehörigen gerne ihr Mitgefühl ausdrücken würden. Ich kann nicht müde werden zu betonen, wie wichtig daher das Gespräch darüber ist.

Wozu soll man sich entscheiden?

Das muss und darf im Rahmen seiner Möglichkeiten jeder für sich entscheiden. Manchmal merkt man es Sterbenden förmlich an, wie gut es ihnen tut, wenn sie wissen, dass alles in Ihrem Sinne geregelt wird.
Tragisch wird es allerdings dann, wenn die Verstorbenen zu Lebzeiten nicht mit Ihren Nachkommen darüber gesprochen und dann Dinge und Abläufe bestimmt haben, die den Angehörigen nicht gut tun. Ich habe schon so viele Trauerfeiern erlebt, die im kleinen Kreis stattfanden, obwohl es den Angehörigen gut getan hätte, Unterstützung bei Freunden und Nachbarn zu finden. Sie mussten darauf verzichten, weil der Verstorbene es anders festgelegt hatte.

Wie oft habe ich mit einem Unbehagen im Bauch zusammen mit Angehörigen die Trauerhalle mit dem Sarg oder der Urne verlassen, weil der Verstorbene dies so verfügt hatte, ohne mit den Angehörigen zu sprechen, was dies für sie bedeutet!

Der Tod gehört zum Leben. Wir können uns ihm nicht entziehen, auch wenn wir den Gedanken daran verdrängen. Aber wir können ihn in gewisser Hinsicht so gestalten und vorbereiten, dass wir gut sterben und dass unsere Nachkommen damit gut leben können. Dazu braucht es das offene Gespräch, zu dem ich an dieser Stelle ausdrücklich Mut machen möchte.

Bestattungs- und Grabpflege-Vorsorgeverträge

Es ist nicht verkehrt, sich rechtzeitig darum zu kümmern, wie die Beerdigung und die Grabpflege finanziert wird. Welche Möglichkeiten bieten die unterschiedlichen Bestatter? Wie viel Zeit nehmen sie sich für die Angehörigen? Wie viel Zeit können sie den Angehörigen geben, damit sich diese bis zur Beisetzung am offenen Sarg verabschieden können? Haben sie eigene Räume dafür oder können sie örtlich vorhandene kirchliche oder kommunale Räume dazu nutzen? Können sie durch Krankheit oder Unfall verunstaltete Leichname so herrichten, dass man mit ihrer Hilfe trotzdem Abschied nehmen und den Tod im wahrsten Sinne des Wortes “begreifen” kann? Könnten solche Möglichkeiten für Sie wichtig sein? Was kostet dann eine Beerdigung?

In unserer Zeit wird auch die finanzielle Vorsorge wichtiger. Wenn Menschen pflegebedürftig werden, muss oft das Sozialamt einspringen. Die “Schonbeträge” für das eigene Vermögen sind relativ gering. Angemessene Beträge für die Beerdigung und die Grabpflege dürfen zusätzlich zurück gelegt werden, solange bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Man könnte die Beerdigung beim Bestatter schon bezahlen. Wichtige Fragen: Wer erhält die Zinsen aus diesem Geld? Wie hoch ist die Verzinsung? Wer bezahlt dafür die Steuern? Ist das Geld verloren, wenn der Bestatter einmal Insolvenz anmelden oder das Institut aufgeben muss? Was passiert mit diesem Vorsorgevertrag, falls man einmal umziehen muss? Kann man dann dieser Vertrag mühelos zu einem Bestatter vor Ort “umziehen”? Wer kontrolliert die Einhaltung des Vertrags gerade in den Fällen, in denen Alleinstehende vorsorgen möchten?

Ein seriöser Bestatter wird für diese Fragen Verständnis haben. Die Bestatterverbände bieten Treuhandverträge an, bei denen die angelegten Gelder gegen Insolvenz geschützt sind und die Umsetzung der Verträge kontrolliert werden. Auch der “Umzug” der Verträge ist möglich.

Den Trauernden und sich selber Spielraum lassen

In manchen Fällen hat man sich sehr detailliert Gedanken gemacht und entsprechende Vorbereitungen getroffen. Dass man noch viele Jahre leben würde, hat man gar nicht erwartet. Und dass sich in der Zwischenzeit die eigenen Vorstellungen ändern können oder das Recht oder die Lebensumstände: Damit hat man nicht gerechnet. Aber der Stein ist schon fertig (bis auf das Sterbedatum)… Vielleicht sollte man das eine oder andere doch noch offen lassen oder zumindest seine diesbezügliche Verfügung regelmäßig aktualisieren.

Bernd Kehren
01.06.2015

Die 150-Prozentigen sind die Schlimmsten

14. August 2016 – 10:00 Uhr
Gottesdienste im Dietrich Bonhoeffer-Haus, Odendorf

Apostelgeschichte 9, 1-20
Eine Predigt über einen Mann, den Gott nicht mit Wattebäuschchen von seinem Wahnsinn abbrachte.

 

Liebe Gemeinde,

beim Predigttext wird es heute um die Bekehrung des Saulus zum Paulus gehen.

Man kann über diese Geschichte vom Paulus her nachdenken: Was ist da passiert, dass er sich bekehrt hat. Und man kann vergleichen, ob und wie wir uns bekehrt haben.

Ich möchte heute einen anderen Weg gehen und nach den Religionen fragen: Wie man sie aussucht, wann man sie wechselt, und schließlich, ob Paulus seine Religion überhaupt gewechselt hat und ob da nicht etwas ganz anderes passiert ist.

 

Die 150-Prozentigen sind oft die Schlimmsten

Übrigens in allen Religionen. Und auch bei den Atheisten. Daher zuerst die Frage: Was möchte Religion? Was möchten eigentlich alle Religionen?

Antwort:
Immer geht es der Religion darum, dass Menschen gut und friedlich miteinander leben können. Dass das Leben einen Sinn hat. Dass man in einer guten Gemeinschaft leben kann. Dass man von Liebe und nicht vom Hass geprägt ist. Dass man frei leben kann. Dass niemand im Stich gelassen wird.

Das Christentum und das Judentum sind solche Religionen. Sicher nicht die einzigen. Aber wir sind nun mal Christen, da können wir uns gerne auch darauf beschränken.

Müssen wir unsere Religionen mit anderen vergleichen? Das kann durchaus sinnvoll sein. Und dabei fallen mir hin und wieder Dinge auf, bei denen ich mich freue, Christ zu sein. An diesen Stellen empfinde ich es so, dass es mir im Christentum doch besser geht als in anderen Religionen. Und doch möchte ich vorsichtig sein und mir nicht zu viel drauf einbilden. Zu viel Schaden haben Menschen angerichtet, die ihre eigene Religion als die beste und höchste und schönste angesehen haben.

Manch einer tut so, als sei seine Religion die beste und größte und schönste. Eine ganze Zeit lang hat man sich da von einer fehlgeleiteten Vorstellung von Evolution leiten lassen. Man hat diesen Gedanken von Evolution auf die Religionen übertragen – und schwups galt das Christentum im Rahmen der weltweiten  Religionsgeschichte als die Krone der Religionen. Und auf die anderen wurde hinabgeblickt. Das Judentum – eine Gesetzesreligion. Davor – und zum Teil wurde auch das Judentum hinzu gezählt – gab es die primitiven Stammesreligionen. Und der Islam: Der ist zwar nach dem Christentum entstanden, aber die Höhe und Größe des Christentums habe er niemals erreicht. Die Nationalsozialisten versuchten, noch eins drauf zu setzen, das Christentum von allen niederen Bestandteilen zu reinigen und auf dieser evolutionären Entwicklung die allerhöchste Krone zu erobern.

Auf die anderen kann man dann herabblicken. Den anderen kann man dann den Wert absprechen. Sie sind doch selber schuld, wenn sie auf ihrer primitiven Stufe stehen bleiben wollen. Sie sind minderwertig. Und es schadet nichts, wenn man sie ausmerzt. Im Gegenteil. Von solchen Elementen gereinigt, kann die eigene Religion einen viel größeren und edleren Glanz entwickeln.

Aber warum sollte man eine Religion entwickeln, wo es doch so viel Auswahl gibt?

Manche der Religiösen probieren die Religionen gewissermaßen der Reihe nach durch, suchen nach der perfekten Religion, und lassen voller Verachtung hinter sich, was den hohen Ansprüchen nicht genügt. Und mache davon setzen noch eines drauf. Ihnen genügt es nicht, die beste Religion gefunden zu haben. Sie müssen auch die anderen, die mit den weniger guten Religionen aktiv bekämpfen. Wer sich dieser hohen Religion nicht anschließt, hat plötzlich sein Recht auf Leben verwirkt. Man muss ihn zwar nicht umbringen, aber wenn man es doch tut, ist es auch nicht schade um ihn. Auf jeden Fall kann er dann der eigenen Religion nicht mehr im Wege stehen. Selbst unser Reformator Martin Luther war leider nicht ganz frei von solchen Gedanken.

Und Paulus war es auch nicht. Die Religion soll Frieden bringen. Aber wehe, jemand hat eine andere Religion.

Hören wir auf Apostelgeschichte, Kapitel 9:

In Anlehnung an die Bibel in gerechter Sprache, Apg 9,1-20

1 Saulus schnaubte immer noch Drohung und Mord gegen die Schülerinnen und Schüler des Herrn. Er trat an den Hohenpriester heran 2 und erbat sich von ihm Briefe an die Synagogen in Damaskus: Wenn er dort welche finde, die sich an diese Richtung hielten, wolle er sie, Männer wie Frauen, gefesselt nach Jerusalem bringen. 3 Als er auf der Reise nahe an Damaskus herankam, umstrahlte ihn plötzlich Licht vom Himmel her. 4 Er stürzte zu Boden und hörte, wie eine Stimme zu ihm sagte: »Saul, Saul, was verfolgst du mich?« 5 Er sagte: »Wer bist du, Herr?« Der antwortete: »Ich bin Jesus, den du verfolgst. 6 Jetzt aber: Steh auf und geh in die Stadt! Dort wird dir gesagt werden, was du tun sollst.« 7 Die Männer, die mit ihm reisten, standen sprachlos da; sie hörten zwar die Stimme, sahen aber niemanden. 8 Saulus erhob sich vom Boden. Obwohl er die Augen offen hatte, konnte er nichts sehen. So führte man ihn an der Hand nach Damaskus hinein. 9 Drei Tage lang konnte er nicht sehen; und er aß nicht und trank nicht.

10 In Damaskus gab es einen Jünger namens Hananias. Zu ihm sagte der Herr in einer Vision: »Hananias!« Der sagte: »Da bin ich, Herr,« 11 Darauf der Herr zu ihm: »Auf, geh zur >Geraden Gasse< und suche im Haus des Judas einen Saulus aus Tarsus auf! Er wird dir auffallen, weil er betet. 12 Und er hat in einer Vision einen Mann namens Hananias gesehen, wie er hereinkam und ihm die Hände auflegte, damit er wieder sehe.« 13 Hananias antwortete: »Herr, ich habe von vielen über diesen Mann gehört, was alles er deinen Heiligen in Jerusalem Böses angetan hat. 14 Auch hier hat er Vollmacht von den Oberpriestern, alle festzunehmen, die deinen Namen anrufen.« 15 Der Herr sagte zu ihm: »Geh nur hin! Denn diesen habe ich mir als Werkzeug ausgewählt, um meinen Namen vor Völker zu tragen, vor Königinnen und Könige und vor das Volk Israel. 16 Ich will ihm nämlich zeigen, wie viel er für meinen Namen leiden muss.« 17Hananias ging weg, ging in das Haus, legte ihm die Hände auf und sagte: »Saul, lieber Bruder, der Herr hat mich geschickt, Jesus, der dir auf dem Weg, den du kamst, erschienen ist. Du sollst wieder sehen und von heiliger Geistkraft erfüllt werden.« 18 Sogleich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und er konnte wieder sehen. Er stand .auf und ließ sich taufen, 19 nahm Speise zu sich und kam wieder zu Kräften.

Er hielt sich einige Tage bei den Jüngerinnen und Jüngern in Damaskus auf 20 und verkündete .sogleich in den Synagogen, dass Jesus der Sohn Gottes sei.

 

Wir alle kennen diese Geschichte als die Bekehrung des Saulus zum Paulus.
Hinweisen möchte ich dabei, dass Paulus auch danach immer noch „Saulus“ genannt wird, und dass Paulus auch danach immer noch Jude blieb und in den Synagogen gepredigt hat.

Paulus hat sich nicht vom Judentum abgewandt und zum Christentum bekehrt! Einer solchen Vorstellung müssen wir ausdrücklich widersprechen.

Ich glaube, dass das, was da geschehen ist, gar nichts einer speziellen Religion zu tun hat. Es kann sich so in fast jeder Religion so ereignen.

In allen Religionen gibt es Menschen, die glauben, sie müssten die Sache Gottes in die eigenen Hände nehmen. Ihnen ist zwar einerseits klar, dass nur Gott allmächtig ist.
Trotzdem kommen diese Anhänger Gottes auf die Idee, dass sie selber nicht nur Anteil an dieser Unfehlbarkeit haben, sondern dass sie selber unfehlbar sind und das Recht haben, an Gottes Stelle handeln zu dürfen.
Sie haben mit ihrer Auffassung recht und die anderen Unrecht. Und wer Unrecht hat, kann auch verfolgt werden.

Paulus kam nicht damit zurecht, dass die Jesusanhänger anders glaubten, als er es tat.
Dabei ist das Judentum durchaus eine Religion der Diskussion. Im babylonischen Talmud werden ganz unterschiedliche Auslegungen überliefert, damit die Nachfahren sich aus den unterschiedlichen Auslegungen eine eigene Meinung bilden können.
Paulus wollte nicht, dass sich die Nachfahren eine eigene Meinung bilden. Die Meinung dieser Christusanhänger sollten zum Schweigen gebracht werden.

Kommt Ihnen dabei auch die gegenwärtige Entwicklung in der Türkei in den Sinn? Redaktionen werden geschlossen, Redakteure werden entlassen oder verhaftet. Die Opposition soll aus dem gesellschaftlichen Leben gedrängt werden. Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich. Angst und Misstrauen machen sich breit.

Ich muss aber auch an Menschen denken, die sich selbst „bibeltreu“ nennen und denen, die die Bibel anders auslegen als sie, die Bibeltreue absprechen. Da wird zwar meist niemand physisch verfolgt, aber man findet in den Äußerungen mancher dieser „Bibeltreuen“ ein Maß an Verachtung, das einen nur traurig stimmen kann. Und geht man in manches andere Land in der Welt, in der nicht nur das Christentum, sondern auch der Staat homophob geprägt ist, dann kann mit dieser Form Bibeltreue durchaus auch die Todesstrafe für Homosexuelle begründet werden.

Unsere Geschichte spielt also nicht nur in der Vergangenheit, sondern ist oft auch noch Teil unserer Gegenwart. Und es sind nicht nur die anderen Religionen, sondern es betrifft auch unsere eigene Religion.

Paulus damals hat es besonders schlimm getrieben. Aber Gott hat mit ihm noch eine Menge vor. Es trifft ihn wie ein Blitz. „Saul, Saul, warum verfolgst Du mich?“

Es kling ein wenig vorwurfsvoll. Aber noch viel mehr klingt es traurig. Als wolle Jesus sagen: „Was habe ich dir eigentlich getan? Ich bin doch Jude wie du! Ich glaube an den Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat. Ich glaube an den Gott, der jeden Menschen zu seinem Ebenbild erschaffen hat. Wir sind doch Ebenbilder! Gibt es wirklich einen Grund, so miteinander umzugehen? Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“

Ist es diese Erfahrung, die wie ein Blitz bei Paulus einschlägt und ihn förmlich umhaut, so dass er nichts mehr sehen kann?

Oder ist es diese Frage, die ihn so infrage stellt, dass ihm die Augen für drei Tage versagen? Ich möchte nicht wissen, was einer der Psychiater oder Neurologen auf einer der Stationen dazu sagt, auf denen ich in Euskirchen Patienten seelsorglich betreue.

Aber es geht nicht darum, diese Erzählung psychologisch zu erklären. Es geht um die Beziehung zu Gott.

Paulus hatte sich gegen Gott gestellt. So wie damals Jona in Ninive. Wie Jona drei Tage im Bauch des Wals in Sicherheit gebracht wurde, so wurde Saulus in den Tagen seiner Blindheit für drei Tage gut betreut.

Und Gott sorgt für einen Neuanfang. Es fällt Hananias nicht leicht, zu Saulus zu gehen. Zu viel hatte Saulus den Jesus-Leuten angetan. Aber Hananias bleibt in der Liebe, die Jesus immer gepredigt hat. Die Liebe Gottes und die Liebe der Menschen spricht aus seinen Worten: „Jesus hat mich geschickt, und Du sollst von seinem Geist erfüllt sein!“

Jetzt weiß ich gar nicht, was Saulus mehr beeindruck hat: Die vorwurfsvoll-traurige Frage vor Damaskus – oder die Zusage von Gottes Geist durch Hananias.

„Es fällt ihm wie Schuppen von den Augen.“

Und wie selbstverständlich lässt er sich taufen, noch bevor er etwas isst, um wieder zu Kräften zu kommen. Und fast harmonisch klingt es, wie er sich bei den Jüngerinnen und Jüngern aufhält.
Und wie selbstverständlich geht er in die Synagoge und bekennt sich zu Jesus als dem Gottessohn.

Nein, Paulus hat nicht das Judentum verlassen. Paulus ist Jude geblieben.

Aber die Liebe hat ihn überwunden. Nicht seine Religion ist einer andere geworden, sondern er ist ein anderer geworden. Gottes Liebe, und die Liebe der Jünger haben ihn verändert.
„Warum verfolgst du mich?“
»Saul, lieber Bruder, der Herr hat mich geschickt, Jesus, der dir auf dem Weg, den du kamst, erschienen ist. Du sollst wieder sehen und von heiliger Geistkraft erfüllt werden.«

Was ist daran für uns wichtig?

Derzeit wird in der Türkei die Todesstrafe diskutiert und ich zweifle nicht daran, dass es Präsident Erdogan gelingen wird, sein Volk so zu manipulieren, dass sie tatsächlich eingeführt wird.

Wer die Todesstrafe einführt, rechnet nicht damit, dass aus Feinden Freunde werden. Wer die Todesstrafe einführt, spricht jemandem, der einen großen Fehler begangen hat, die Fähigkeit zu einem Neuanfang ab.

Paulus ist ein sehr gutes Beispiel für einen Neuanfang. Wer die Geschichte von der Bekehrung des Paulus ernst nimmt, kann nicht für die Todesstrafe sein. Die Bekehrung des Paulus setzt gegen die Todesstrafe die liebevolle Zuwendung, die aber ein unmissverständliches Stopp-Signal nicht ausschließt.
Viele Menschen lachen regelmäßig, wenn etwa Margot Käßmann im Angesicht von Terror und Gewalt davon sprechen, man müsse Terroristen mit Liebe begegnen.

Das Schlimme ist: Wie viele Christen lachen regelmäßig über den Vorschlag, selbst brutalen Gegnern mit Liebe zu begegnen!

An der Bekehrung des Paulus kann man sehen, dass Liebe und hartes Eingreifen keine Gegensätze sein müssen. Wenn man so will: Der liebe Gott hat bei der Bekehrung des Paulus nicht mit Wattebäuschchen geworfen. Paulus war wie vom Blitz gerührt, er war drei Tage lang schwerbehindert und konnte nichts essen und trinken.

Liebe schließt nicht aus, dass Menschen für eine begrenzte Zeit aus dem Verkehr gezogen werden. Bei Paulus waren es nur drei Tage, aber drei sehr intensive Tage im Dunkeln.

Wer Menschen in Liebe begegnet, muss sich nicht alles gefallen lassen.

Wer Menschen in Liebe begegnet, kann ihnen auch entgegen treten.
Aber nicht hasserfüllt, sondern voll Trauer und Liebe.

„Paulus, warum verfolgst du mich?“ Liebe und Trauer sind kein Grund, der Aggressivität eines Terroristen enge Grenzen zu setzen.

Wer Aggressivität mit Aggression begegnet, wird die Gewalt nur steigern.

Die Geschichte der Bekehrung des Paulus ist eines von vielen Beispielen dafür, dass Aggression durch Liebe überwunden werden kann.
Es blieben genug weitere Aggressoren. Im weiteren Fortgang wird Paulus fliehen müssen, weil er mit dem Tode bedroht wird.
Ich selber habe damals den Wehrdienst verweigert und Zivildienst absolviert. Das war sicher gut. Aber es muss auch eine effektive Polizei und auch ein effektives Militär geben. Man kann sich nicht alles gefallen lassen. Aggressoren müssen gestoppt werden können.

Aber ich glaube, dass nicht – oder jedenfalls nicht nur die Gewalterfahrung Paulus zu Besinnung gebracht hat. Die vielleicht auch: Der Blitz und die Blindheit. Aber mir scheint, dass viel mehr die traurig-vorwurfsvolle Frage bewirkt hat und die Zusage, dass Gott einen Plan mit Paulus hat.

Letzten Sonntag haben wir von Gottes Gnade gepredigt.

Im Grunde habe ich das heute auch. So wie Gott mit Paulus gnädig war und einen Plan für ihn hatte, so hat er auch mit uns einen Plan und ist gnädig mit uns. Auch wir sind nicht perfekt. Wir verfolgen zwar nicht andere Menschen, jedenfalls nicht so, wie Paulus es getan hat. Aber wenn uns etwas quer kommt, dann können auch wir hin und wieder ganz schön ekelig sein.

Und dann wäre es gut, wenn wir Jesu Stimme hören können: „Warum tust Du mir das an? Warum bist Du gerade so ekelig?“

Manchmal hören wir diese Stimme nicht. Das liegt auch daran, dass Gott nicht in jedem Fall mit Blindheit straft. War es eine Strafe, das Paulus für drei Tage krank war? Oder war es ein Liebesbeweis, der ihm half, zur Vernunft zu kommen?

Manch einer von uns muss tatsächlich ins Krankenhaus kommen, braucht eine erzwungene Auszeit, um mit seinem ganzen Leben vernünftig zu werden.

Manchmal ist es Gottes Strafe, dass wir eben nicht so radikal gebremst werden.

Dass es uns nicht wie Schuppen von den Augen fällt.
Dass wir in unserer Wut gefangen bleiben.

Aber die Zusage bleibt und gilt auch uns: Gott verheißt uns seinen Geist. Gott ist bei uns mit seinem Geist. Wir dürfen leben aus Gottes Geist. Halleluja! Amen!