Taize-Andachten für Demente

Meine Gottesdienste in den Altenheimen werden von mehr oder weniger dementen Menschen besucht. Diese Gottesdienste halte ich relativ klassisch mit lutherisch orientierter gesungener Liturgie:

GottesdienstbesucherInnen ohne Demenz werden durch die Predigt besonders angesprochen, GottesdienstbesucherInnen mit leichter Demenz werden sich zwar nicht mehr an die Predigt erinnern können, aber sie werden merken, dass sie ihnen gut getan hat.

GottesdienstbesucherInnen mit ausgeprägterer Demenz werden von den geprägten Stücken der lutherischen Liturgie angesprochen, die durch vergleichbare Stücke in der katholischen Liturgie in ökumenischer Verbundenheit auch katholischen GottesdienstbesucherInnen vertraut wirkt.

Allerdings ist es organisatorisch nicht zu schaffen, auch jene Bewohnerinnen mit einer ausgeprägteren Demenz in diese Gottesdienste zu bringen. Also muss man sich auf den Weg in die Wohngruppen und in die Zimmer der Bettlägerigen machen.

Angeregt durch einen Artikel von Mechthild Lärm habe ich “Taizé-Andachten” entwickelt, die ich mit meiner Gitarre durch einfache Zupfmuster begleite und mit mehreren ehrenamtlichen Gemeindegliedern gestalte.

Dazu bringe ich Panesamt-Tücher mit und gestalte mit ihnen, mit Kerze und Kreuz sowie Schmucksteinen und Tee-Lichtern eine Mitte. Je nach den Gegebenheiten auf der Station setzen wir uns darum im Kreis, manchmal wird auch nur der Tisch in der Mitte entsprechend gestaltet, und wenn wir anschließend die bettlägerigen Bewohnerinnen und Bewohner in ihren Zimmern besuchen, wird diese Mitte direkt auf einem Tee-Wagen gestaltet.

Eine Verdunklung der Räume wäre in der Regel zu aufwendig, die Andachten sollen bewusst auch organisatorisch einfach gehalten werden.

Der Zielgedanke war, diese Andachten so zu gestalten, dass möglichst viele Sinne angesprochen werden. Darum verwende ich besonders als optischen Reiz gerne das leuchtend rote Tuch, auch wenn vom Kirchenjahr her eher “grün” angesagt wäre. Aber auch die Tücher in den gedeckteren Farben zeigen an, dass jetzt der gewohnte Alltag unterbrochen wird. Unterstützt wird der optische Impuls durch Kerze und Teelichter und die übrigen Materialien.

Der akustische Reiz geschieht durch die Lieder. Zwar sind die Lieder aus Taizé den Bewohnerinnen und Bewohnern in der Regel nicht bekannt. Durch die mehrfachen Wiederholen wirken sie aber sehr beruhigend, wie das Pflegepersonal immer wieder neu feststellt.

Dennoch fühlte ich mich schon nach wenigen Andachten nicht wohl damit, nur fremde Gesänge zu präsentieren. So wurden die Lieder aus Taizé durch möglichst ökumenisch bekannte alte Kirchenlieder und weiterhin speziell durch Abendlieder ergänzt. Letztere sind offenbar dadurch sehr gut im Gedächtnis verankert, dass sie in der Kindheit immer wieder gesungen wurden. Auch wenn die Andachten in der Regel nicht abends stattfinden, passen sie durch ihre Abschiedssymbolik immer wieder auch gut zu den Gedanken um Hohes Alter, Tod und Sterben. Reine Volkslieder, auch wenn sie sehr gut bekannt sind, wollte ich in diesen geistlich geprägten Minuten nicht singen.

Auch wenn meine Altenheim-Gottesdienste in der Regel durch Glockengeläut vom MP3-Player eingeläutet werden, beginne ich die Taize-Andachten nicht mit Geläut, sondern durch eine Begrüßung mit einer kurzen Erläuterung.

Leider war ich selber noch nie in Taizé, aber einzelne Lieder sind mir in der Gemeinde immer wieder begegnet. Sie liegen daher auch der Auswahl zugrunde. Um nicht unnötige Irritationen dadurch zu erzeugen, dass unbekannte Lieder in einer fremden Sprache gesungen werden, wird bei allen Lieder der deutsche Texte verwendet. Vor kurzem habe ich allerdings gelesen, dass gerade katholische demente Menschen erstaunlich gut auf ihnen aus der Kindheit bekannte lateinische Texte reagieren, aber ich habe dies noch nicht bewusst vergleichen können.

Somit werden bereits die Sinne “Hören” und “Sehen” angesprochen. Gegen Ende der Andacht wird das Lied “Bleib mit deiner Gnade bei uns” gesungen. Während dieses Liedes werden reihum jedem Anwesenden die Handflächen mit einem kleinen Kreuz gesalbt. Ich habe dazu auf der Basis von naturgepresstem Olivenöl mit einigen Tropfen Lavendelöl ein Duftöl zubereitet, mit dessen Hilfe auch die Sinne “Riechen” und “Spüren/Fühlen” angesprochen werden.

Bei mir hat sich folgender Ablauf herausgebildet
(Nummern aus dem Evangelischen Gesangbuch,
Ausgabe Rheinland-Westfalen-Lippe):

  • „Im Namen des Vaters…“
  • Lobt Gott, ihr Völker alle (Laudate omnes gentes – EG 181.6)
  • Lesung: Ps 95,1+2
    1 Kommt herzu, lasst uns dem HERRN frohlocken
    und jauchzen dem Hort unsres Heils!
    2 Lasst uns mit Danken vor sein Angesicht kommen
    und mit Psalmen ihm jauchzen!
    Freuet euch im Herrn (EG-RWL 579)
  • Lesung
    Mt 5,2-9 (Seligpreisungen)
    oder 1. Kor 13,2+13 (Hoheslied der Liebe)
  • Wo die Liebe wohnt (ubi caritas – EG-RWL 587)
  • Unsere Augen sehn stets auf den Herren (oculi nostri – EG-RWL 582)
  • Heilig, Heilige Herr Gott Zebaoth (sanctus – EG-RWL 583)

Bekannte Kirchenlieder:

  • Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren (EG 317,1+2+5)
  • Nun danket alle Gott (EG 321)
  • So nimm denn meine Hände (EG 376)
  • Großer Gott, wir loben dich (EG 331,1+2+11)
  • Geh aus, mein Herz (EG 503, 1+2+8)
  • Befiehl du deine Wege (EG 361, 1+2+12)
    (12 singe ich besonders gerne bei reaktionsarmen bettlägerigen Patienten)

Aus der Kinderzeit sind viele Abendlieder bekannt:

  • Nun wollen wir singen das Abendlied (EG-RWL 684)
  • Abend ward, bald kommt die Nacht (EG 487)
  • Der Mond ist aufgegangen (EG 482,1-3+7)
  • Nun ruhen alle Wälder (EG 477, 1+3+5)
  • Weißt du, wieviel Sternlein stehen (EG 511)
  • Guten Abend, gut Nacht (?)

Die Reihenfolge behalte ich immer bei, aber die Auswahl erfolgt relativ spontan. Ich habe mir für den Eigenbedarf mithilfe des Elektronischen Gesangbuches einige Liedheftchen zusammen gestellt, in dem ich während des Weiterblätterns aussuche.

  • Hieran schließt sich eine Salbung an mit Olivenöl und Lavendelduft, und zwar zum Lied:
    Bleib mit deiner Gnade bei uns (EG-RWL 586)
    Dazu werden die Hände mit einem kleinen Kreuz gesalbt. Das Lied wird so
    lange wiederholt, bis alle die Salbung erhalten haben.
    Meine Erfahrung ist: Gerade weil diese Salbung so unspektakulär “inszeniert” ist, wird sie so gut angenommen.
  • Fürbittengebet zu „Kyrie, Kyrie eleison“ (EG 187.12)
  • Vaterunser
  • Trinitarischer Segen
  • Geh’n wir in Frieden den Weg, den wir gekommen. (EG Oldenburg 560)

Eine Predigt gibt es nicht oder allenfalls rudimentär und ganz spontan aus der Situation heraus.

Die Mitarbeitenden reagieren ganz unterschiedlich. Manche sehen es als Chance und sehen zu, dass möglichst viele Menschen kommen können. Andere nutzen es als Ruhephase. In einem der Häuer habe ich Frauen gefunden, die sogar eine Oberstimme begleitend singen können. Ich habe die Andacht aber auch schon ganz alleine gehalten. Ich zupfe die Gitarre mit einfachen Zupfmustern. Bin ich alleine, singe ich „Bleib mit deiner Gnade bei uns“ ohne Gitarrenbegleitung und salbe selber.

Haben wir für die Andacht einen Teewagen gestaltet, dann gehen wir im Anschluss an diese Andacht durch die Zimmer zu den Bettlägerigen, singen eines der Lieder und das „Bleib mit deiner Gnade bei uns“ und salben bei letzterem den Pflegebedürftigen die Handflächen.

Gottes Gericht?

15.11.2015 – 10:00 Uhr
Gastpredigt Heilig-Geist-Kirche, Bergisch Gladbach
Vorletzter Sonntag im Kirchenjahr – Mt 25,31-46

Gedanken zum Gleichnis vom Großen Weltgericht nach Mt 25
unter dem Eindruck des Terrors in Paris

Wochenspruch:
Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.
2 Korinther 5,10

Eingangslied
Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben

Psalm 50 (EG 726)

Sündenbekenntnis
Guter Gott, wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.
Was war gut in unserem Leben? Was haben wir richtig gemacht?
Wo haben wir anderen Menschen geschadet – oder auch uns selbst?
Du weißt, wie es in uns aussieht.
Du kennst unsere guten und unsere schlechten Seiten.
Hilf uns, dass wir Dir und Deiner Gnade vertrauen – gerade auch dann, wenn schreckliche Ereignisse uns bedrohen. Darum bitten wir um Dein Erbarmen.

Lied: EG 382
Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr

Evangelium: Matthäus 25, 31-46
(nach: Bibel in gerechter Sprache)

Lied: EG 16
Die Nacht ist vorgedrungen

Predigt

Liebe Gemeinde,
dass ich diese Predigt halte, steht schon etwas länger fest. Und man überlegt sich, was man sagen kann – und dann kommt es wieder einmal ganz anders.
Nicht ein Terroranschlag, sondern gleich sieben in Paris. Bomben, Maschinengewehre, Geiseln. Tote, Verletzte, Blut. Trauernde. Hassvolle Glaubenskrieger.
Immer neue Nachrichten, Festnahmen, Ermittlungen, Gerüchte. Der Terror kommt uns plötzlich so nah.

„Die Nacht ist vorgedrungen.“ Mir kam es vor allem auf die letzte Strophe an: „Als wollte [Gott] belohnen, so richtet er die Welt.“
Dass die Nacht zu Samstag aber so dunkel und so traurig sein würde, dass sie so viele Tränen bringen würde, so viel Angst, so viel Unsicherheit, damit habe ich nicht gerechnet.
Aber so ist unsere Welt. Auch wenn wir es nur zu gerne ausblenden. Krankheit, Leid, Krieg, Not, Tod – gehören zu unserem Leben. Und wenn wir uns gerade besonders sicher fühlen, trifft es uns besonders hart.
Dabei müsste uns der Glaube an den Gekreuzigten und Auferstandenen immer wieder ermahnen, eben das Kreuz und das Leid nicht zu vergessen.

Und damit sind wir direkt beim Kern des Gleichnisses vom Großen Weltgericht, das wir in der Evangelienlesung gehört haben und das heute unser Predigttext ist.

Stimmt der Vorwurf, den man manchmal hört, die Pfarrer sprächen zu wenig vom Gericht und davon, dass Menschen ewig verloren gehen können? Denn für viele steht genau das fest, auch wegen unseres Gleichnisses. Heißt es nicht in seinem letzten Vers:

„Und sie werden in die °endlose Strafe fortgehen, die Gerechten aber ins °ewige Leben.“

Was wollte Jesus mit diesem Gleichnis sagen?

Ist es eine Beschreibung dessen, was wir das Weltgericht nennen?

Alle Völker versammelt, die Menschen in großen Gruppen in einer riesigen Ebene, und dann werden sie aufgeteilt wie die Schafe und die Böcke im Frühjahr.

Hintergrund dieses Bildes aus der Viehzucht ist die Erkenntnis, dass die Männchen vor allem nutzlose Esser sind; man braucht in der Herde nur wenige, um Nachwuchs zu erzeugen. Die Männchen gebären keine Nachwuchs, sie geben keine Milch, und wenn sie jung geschlachtet werden, sind sie besonders lecker. Also kommen sie im Frühjahr unter das Messer – die Weibchen, die Schafe, sie dürfen weiter leben.

Und diesem Bild entsprechend werden die Menschen aller Völker eingeteilt.

Die Männer hier können beruhigt sein. Der große Weltenrichter wird nicht nach dem Geschlecht unterscheiden. Aber wonach denn?

Weder die auf der einen Seite noch die auf der anderen Seite können sich einen Reim darauf machen.

Sie haben doch alle versucht, ein gottgefälliges Leben zu führen. Sie haben doch alle versucht, das Beste daraus zu machen. So stehen sie zusammen und warten ab, was der Richter sagen wird. Zum Glück sind sie nicht ganz allein in jeweils ihrer Gruppe. Noch haben sie kein besonders schlechtes Gewissen. Alle sind gespannt, was gleich passieren wird.

Es sind – in diesem Bild – riesige Menschenmassen. Und dann wendet sich diese königliche Person der Gruppe zu seiner Rechten zu:

„Ich war hungrig, ihr gabt mir zu essen; ich war durstig, ihr gabt mir Wasser; ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt, ihr habt mich gekleidet; ich war krank, ihr habt mich gepflegt; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.“

Große Verblüffung: „Sorry, aber wann haben wir das alles für dich getan?“ Sie können sich keinen Reim darauf machen.
Und auch die anderen nicht: Wann soll das bitte gewesen sein, als wir so heftig versagt haben sollen?

Große Ratlosigkeit auf allen Seiten.

Und dann die Auflösung:

„Was ihr für eine oder einen von diesen Geringsten getan oder nicht getan habt, habt ihr auch für mich getan oder nicht getan.“

Soweit dieses Gleichnis. Sola scriptura, so steht es in der Bibel. Jetzt ist doch alles klar.-  Ist es wirklich so einfach?

Es wäre ganz einfach, wenn wir in unserem Leben nur wenigen Menschen begegnen würden, die alt oder krank oder arm sind. Und wenn wir ihnen dann etwas Gutes getan hätten, kämen wir auf die richtige Seite. Und wenn wir ihnen nicht Gutes getan hätten, dann kämen wir auf die zur Strafe bestimmten Seite.

Aber wir sind nicht nur wenigen Menschen begegnet: Tagtäglich begegnen wir vielen Menschen. Tagtäglich sind viele Menschen im Gefängnis, viele im Krankenhaus. Gerade jetzt kommen viele Flüchtlinge zu uns und es braucht viele Menschen, die ihnen helfen, und es ist gut, dass sich so viele Menschen finden.

Gerade dieses Gleichnis kann einen ungeheuren Stress erzeugen:

Habe ich schon genug getan? Muss ich nicht noch viel mehr tun? Und wenn ich nicht noch mehr tue, mich nicht noch mehr aufreibe, riskiere ich dann meinen Platz im Himmel?

Es gibt viele Ehrenamtliche, die überhören sämtliche Warnsignale ihres Körpers und ihrer Psyche und verausgaben sich in ihren Ehrenämtern bis zum Zusammenbruch. Irgendjemand muss es doch tun, heißt es dann. Und wenn man nur einen Hilfebedürftigen übersehen hat, kommt man auf die verkehrte Seite, und dann kommt die Verdammnis?

Hat Jesus das wirklich so gemeint?

An dieser Stelle erst einmal ein herzliches Dankeschön an alle die vielen Ehrenamtlichen, die sich hier in der Kirche oder an einer anderen Stelle engagieren. Das muss einmal gesagt werden.

Und zugleich muss gesagt werden: Achten Sie gut auf sich. Achten Sie auf Ihre Grenzen. Wenn Sie wieder einmal eine neue Aufgabe übernehmen, überlegen Sie bitte, welche alte Aufgabe Sie dafür abgeben!
Das ist wichtig! Denn Sie sind nicht der liebe Gott, Sie können nicht die Welt retten, Sie haben wie jeder andere Mensch ihre Grenzen, und es ist gut, wenn Sie darauf achten. Jeder Mensch darf auch einmal sagen: Das schaffe ich nicht. Ich brauche Hilfe. Jetzt muss auch mal jemand anderes ran.

Und auch auf der anderen Seite: Gibt es das wirklich, dass jemand grundsätzlich an allen Menschen in Not vorbei gegangen ist, dass jemand niemals jemandem geholfen hat und immer nur an sich selber dachte?

Und so kommen wir nicht nur an unsere eigenen Grenzen, sondern auch an die Grenze dessen, was dieses Gleichnis aussagen kann und was es aussagen will.

Wenn wir es konsequent zu Ende denken, gibt es keinen von uns, der genug getan hätte. Es hätte immer noch etwas mehr getan werden können.

Wir würden feststellen: Wir haben alle versagt. Die Seite zur Rechten des Weltenrichters wäre leer. Die Seite der Hölle (oder wie immer wir es bezeichnen wollten), sie wäre übervoll.

Ist es wirklich das, was Jesus sagen wollte? Es gibt eine ganze Reihe anderer Stellen, die in dieselbe Verzweiflung führen – bis Jesus dann sagt: Nach Eurer menschlichen Logik unmöglich. Aber verlasst Euch auf Gott, der macht das für Euch: Bei Gott sind alle Dinge möglich!

Geht es bei diesem Gleichnis wirklich darum, wie wir uns das Gericht vorstellen sollen? Menschenmassen in langen Prozessionen, die sich auf einem riesigen Platz mit Milliarden von Menschen versammeln und aufgeteilt werden?

Und warum soll man dann bedürftige Menschen gut behandeln? Damit man selber in den Himmel kommt? Ulrich Bach erzählt die Geschichte eines Kranken, der sich für die gute Pflege bedankt. „Ach wissen _Sie, ich habe es für meinen Gott getan“, sagt die Pflegerin. „Schade, sagt der ehemalige Kranke, ich dachte, sie haben es für mich getan!“

Oder geht es möglicherweise um etwas ganz anderes?

Sicherlich haben sie aufgemerkt, als in der „Bibel in gerechter Sprache“ ganz am Anfang der Lesung vom „Menschen“ und nicht wie in der gewohnten Lutherübersetzung vom „Menschensohn“ die Rede war.

Menschensohn: Das klingt wie ein besonderer Titel, der nur zu Jesus gehört.

Aber ist daran nicht viel mehr wichtig, wie nahe uns Gott sein möchte? Wie sehr er für uns Mensch sein möchte? Wo er uns doch, wie es im ersten Schöpfungsbericht heißt, jede und jeden als sein Ebenbild erschaffen hat? „Seht in jedem Menschen das Ebenbild Gottes“, so könnte man die Aufforderung verstehen.

Denkt bei Gott nicht zuerst an die richtige Religion, an den korrekt gefeierten Gottesdienst, an die richtige Konfession… Denkt bei Gott daran, dass ihr ihm in jedem Menschen begegnen könnt. Nein, dass ihr ihm in jedem Menschen begegnet.

„Was ihr für eine oder einen von diesen Geringsten getan habt, habt ihr auch für mich getan“.

Das ist der eigentliche Clou dieses Gleichnisses. Ändert Eure Sichtweise. Behandelt nicht nur die mit Ehrfurcht, von denen ihr etwas erwartet, Vorgesetzte etwa oder Fürsprecher. Sondern behandelt auch jene Menschen so, die alt oder schwach oder unansehnlich sind.

Behandelt übrigens auch euch selber so! Nehmt Euch selber wichtig, denn auch ihr seid Gottes Ebenbilder.

Gerade sehr religiösen Menschen fällt das sehr schwer. Wie oft setzen religiöse Menschen ihre Religion an die wichtigste Stelle und richten damit verheerendes Unheil an?

Es sind nicht nur die Terroristen, die mit „Gott ist groß“ als Schlachtruf und der Kalaschnikow im Arm grausames Unheil anrichten. Es sind auch jene Menschen, die in den Religionen etwas Trennendes sehen und Gott eben in einem Andersgläubigen nicht erkennen wollen.

Sie können die schönsten Gottesdienste feiern und die innigsten Gebete formulieren – aber statt aus ihrem Glauben heraus in jedem Gesicht Gott zu suchen, teilen sie die Welt in Gläubige und Ungläubige, sehen sich selbst selbstverständlich bei den Gläubigen und nur die anderen kommen halt nicht in den Himmel.

Stopp, sagt Jesus, so macht Ihr alles kaputt.
Es geht nicht um ein Szenario mit Milliarden von Menschen, die in zwei Gruppen eingeteilt werden: Es geht darum, dass Ihr jedem, wirklich jedem Menschen seine Menschenwürde zubilligt. Jedem Menschen.

Und dann wird es wieder spannend.

Wenn es um die vielen Toten in Paris geht: Denen sprechen wir diese Menschenwürde zu.

Aber was ist mit den vielen anderen Menschen, deren Menschenwürde uns wenig bis gar nicht interessiert haben? Die irgendwo in der Welt unsere Klamotten im Akkord zusammen nähen, damit wir sie hier preiswert kaufen können? Die unter fürchterlichen Bedingungen für uns die “Seltenen Erden” aus dem Boden kratzen, damit unsere Handys funktionieren? Denen das Land weggenommen wird, damit dort Palmölplantagen angelegt werden können? Denen man an der Afrikaküste die Fische weggefischt und sie so arbeitslos gemacht hat und deren Kunden man in den Hunger trieb? – Bis sie sich nun aufmachten über das Mittelmeer, um auch etwas von jenem Wohlstand abzubekommen, den sie für uns erarbeitet haben.

Wenn die Saudis einem klammen deutschen Industriekonzern mit ihren Öldollars helfen, vergessen wir nur zu gerne, wie sehr sie an anderer Stelle die Menschenwürde mit Füßen treten.

Es gibt so viele Gelegenheiten, an denen uns auf den ersten Blick nicht klar ist, wessen Menschenwürde wir ignorieren. Viele dieser Menschen kommen als Flüchtlinge zu uns. Und manche dieser Menschen, deren Menschenwürde wir ignoriert haben, kommen als Terroristen wieder zu uns.

Manchmal ist es zu schnell, wenn wir anfangen, die Welt in Gute und Böse, in Schafe und Böcke einzuteilen, in Erwählte und in Verdammte.

Macht es wie Gott, sagt Jesus, und teilt die Menschen nur in eine einzige Gruppe ein: In Gottes Ebenbilder, die jede und jede und jeder eine unveräußerliche Menschenwürde haben. Und bei denen es sich rächt, wenn ihr diese Menschenwürde zu lange mit Füßen tretet. Dann werden Menschen stark, die die Menschenwürde viel grausamer mit Füßen treten können. Und die Euch verleiten, es ihnen nachzumachen. Die Euch verleiten, im Kampf für die Menschenwürde genau diese Menschenwürde mit Füßen zu treten.
Die Euch verleiten, das Gericht selber in Hand zu nehmen, statt in jedem Menschen Gott selber zu sehen…

Geht es also in unserem Lesungstext aus dem Matthäusevangelium wirklich ums Gericht? Oder geht es um eine Einstellungssache: Nämlich in jedem Menschen ein Ebenbild Gottes zu sehen? Übrigens auch in sich selbst?

Die Terroristen wollen vor allem unsere Angst schüren.

Aber Jesus ist kein Terrorist. Er möchte uns nicht Angst machen, sondern er möchte uns ermutigen. Ihr seid Gottes Ebenbilder, vergesst das nicht. Ihr selber und Eure Gegenüber. Wenn Ihr das nicht vergesst, kommt Euch der Himmel ganz nahe. Trotz des Terrors. Trotz Eurer Begrenztheit.

Gott will Euer Bestes. Vertraut ihm. Dann wird das Gericht kein Thema für Euch sein. Und ihr werdet immer mehr versuchen, so zu leben, dass ihr damit anderen nicht die Würde nehmt. Lasst Euch auf seine Liebe ein! Es ist jetzt wichtiger denn je.

Lied EG 432
Gott gab uns Atem, damit wir leben

Fürbitten

Guter Gott, Du gibst uns Atem und Augen und die Erde.
Du gibst uns Ohren und Worte und Hände und Füße, damit wir die Erde verwandeln.
Du machst uns Mut:
Wir können neu ins Leben gehen.
Darum bitten wir Dich, gerade nach Tagen wie gestern und vorgestern.
Hilf uns, dass wir nicht unbarmherzig werden sondern für Deine Barmherzigkeit einstehen.
Hilf uns, dass wir gnädig mit uns sind, wenn wir unsere Wut und Angst herausschreien wollen. Wir sind auch nur Menschen.
Hilf uns, dass wir die Menschen sehen lernen, die für uns arbeiten, überall auf der Welt. Für Erdöl und Palmöl, für die seltenen Erden, mit denen unser Handy funktioniert. Sie arbeiten für uns. Haben wir im Blick, dass es ihnen dabei gut geht?
Hilf uns, dass wir und unsere Politiker das Geld gut einsetzen. Für den Wert eines einzigen Panzers könnte man ein ganzes Krankenhaus bauen. Warum bauen wir so wenig Krankenhäuser und so viele Panzer in der Welt? Wie viele unschuldige Menschen sterben, weil Krankenhäuser fehlen und Panzer zerstören, was Menschen lieben?
Hilf uns, die drei Finger zu sehen, die auf uns zurück weisen, wenn wir auf die Terroristen zeigen.
Vielleicht wird es dann ein wenig mehr Frieden geben in der Welt.
Und darum bitten wir. Um Frieden. Für die Menschen in Paris, in Frankreich, hier bei uns – überall auf der Welt.

Vaterunser

Segen

Schuld zu Gnade: 3 zu 1000

1000 zu 3
So gewichtet Gott Gnade und Schuld.
Mit Gedanken zu Abgrenzung und Öffnung der Völker

Gottesdienst am 26.10.2014
Evangelische Kirchengemeinde Swisttal
Predigteihe VI

19. Sonntag nach Trinitatis
2. Mose 34,4-10

Wochenspruch für den 19. Sonntag nach Trinitatis:

Heile du mich, HERR, so werde ich heil;
hilf du mir, so ist mir geholfen.
Jeremia 17,14

Begrüßung

Herzlich willkommen zu diesem Gottesdienst. Ich bin Pastor Kehren und freue mich, dass ich wieder zu Ihnen in den Gottesdienst eingeladen wurde.
Im Evangelium heute werden wir von der Heilung des Gelähmten hören – und von der Sündenvergebung. Heil und Heilung, Sündervergebung und Gesundung. Und das eingebettet in eine Mosegeschichte, die es in sich hat. – Dazu gleich mehr.

Zum ersten Lied aber möchte ich jetzt einen Hinweis geben. Das Lied ist jetzt 40 Jahre alt und wurde einem alten hebräischen Lied nach Hoheslied 2,8 nachempfunden. Kommt herbei, singt dem Herrn, er ist der, der uns befreit.
Der ursprüngliche Text aus dem Hohenlied ist ein Liebeslied. „Horch, die Stimme meines Geliebten, er hüpft über die Berge, er springt über die Hügel“.
Und man wundert sich, dass sich solche hocherotischen Liebeslieder in der Bibel finden.
Aber genau darum geht es: Nachzuspüren, was für ein Freund Gott ist, wie er immer wieder zu uns kommt – auch wenn wir es nicht mehr verdient hätten.
Darum machen wir uns auf und kommen zu ihm …

EG RWL 577,1-6 Kommt herbei, singt dem Herrn

Liturgische Begrüßung

Psalm EG 716 RWL 716 Psalm 32

Gemeinde: Ehr sei dem Vater und dem Sohn

Sündenbekenntnis

Guter Gott, wie ein Geliebter kümmerst Du Dich um uns.
Kein Berg ist Dir zu hoch, kein Hügel zu weit, als dass Du nicht den Weg zu uns findest.
Und wir?
Wir zeigen Dir so oft die kalte Schulter.
Wir tanzen um unsere goldenen Kälber, denken vor allem an uns selbst und so wenig an Dich oder unsere Nächsten.
Wir vertrauen dem Fortschritt, oder vertrauen darauf, dass es doch schon immer gut gegangen ist.
Guter Gott, wir brauchen Dein Erbarmen.

Kyrie-Gesang

Zuspruch

Gott hat uns erwählt, wir gehören nun zu seinem Volk, damit wir seine Barmherzigkeit erlangen.

EG RWL 580 Gloria

Kollektengebet

Guter Gott, du willst heilen, was zerbrochen ist,
du willst zusammenbringen, was zertrennt,
du willst aufrichten, was zerstört ist.
Sei du jetzt mitten unter uns mit deiner heilenden Kraft.
Gib uns Geduld und Ausdauer zu warten –
und mitzuarbeiten, wo du am Werk bist.
Berühre uns mit deiner Gegenwart durch Jesus Christus.
(nach ev Gottesdienstbuch)

Lesung
Mk 2,1-12 (nach: Bibel in gerechter Sprache)

1 Als Jesus Tage später wieder nach Kafarnaum kam, sprach sich herum, dass er im Haus sei.
2 Es versammelten sich so viele, dass auch vor der Tür nicht genug Platz war. Er verkündigte ihnen das Wort Gottes.
3 Da schleppten vier Leute eine gelähmte Person herbei, die sie zu ihm tragen wollten.
4 Doch sie kamen nicht an ihn heran, weil so viele andere da waren. Da deckten sie das Dach des Hauses ab, in dem er sich aufhielt. Sie rissen das Dach auf uns ließen die Schlafmatte herab, auf der die gelähmte Person lag.
5 Als Jesu ihr Vertrauen sah, sagte er zu dem kranken Menschen: „Kind, Gott hat dir dein ungerechtes Tun vergeben.“
6 Einige toragelehrte Frauen und Männer saßen dabei und dachten in ihrem Herzen:
7 „Wie kann der so reden? Er lästert Gott! Nur eine Macht kann unrechtes Tun vergeben, Gott allein.“
8 Sogleich merkte Jesus, in welche Richtung ihre Gedanken gingen, und sagte zu ihnen: „Wie könnt ihr so etwas bei euch denken?
9 Was ist leichter – zu einer gelähmten Person zu sagen: ‚Gott hat dir dein unrechtes Tun vergeben‘, oder ‚Steht auf, nimm deine Schlafmatte und geh?’
10 Damit ihr erfahrt, dass Menschen die Vollmacht haben, auf der Erde unrechtes Tun zu vergeben“ – so sprach Jesus zur gelähmten Person -,
11 sagte ich Dir: Steht auf, nimm diene Schlafmatte und geh nach Hause.“
12 Sie stand auf, nahm sogleich die Schlafmatte und ging vor aller Augen davon. Da gerieten alle außer sich, lobten Gott, und riefen: „So etwas haben wir noch nie gesehen!“

Halleluja

Halleluja.
HERR, deine Güte ist ewig. *
Das Werk deiner Hände wollest du nicht lassen.
Psalm 138,8b

EG RWL 579 Halleluja.

Glaubensbekenntnis

Lied EG 320,1+2+6-8 Nun lasst uns Gott

Predigt

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

Liebe Gemeinde,

der Predigttext heute finde sich im 2. Buch Mose 34,4-10. Gott will Mose zwei neue Steintafeln mit den Geboten geben und nach dem Tanz ums Goldene Kalb den Bund mit seinem Volk neu schließen. Ein halsstarriges Volk, so heißt es, und trotzdem will Gott immer wieder vergeben.

Ein wunderbarer Text – und trotzdem habe ich heute Probleme. Damit die Situation etwas klarer wird, setze ich drei Verse vorher ein. Und meine Probleme werden Sie sofort erkennen, wenn ich noch einige Verse weiter lese. Ich lese nach der Bibel in gerechter Sprache.

Ex 34,4-10 (nach: Bibel in gerechter Sprache)

[1 Der Herr sprach zu Mose: „Haue dir zwei neue Steintafeln zurecht genau wie die vorigen. Ich schreibe darauf die Worte, die auf den ersten Tafeln gestanden haben, welche du zerbrochen hast.
2 Sei bereit, morgen früh auf den Berg Sinai zu steigen und mir auf dem Gipfel gegenüber zutreten.
3 Niemand darf dich begleiten, auf dem ganzen Berg soll sich kein Mensch blicken lassen, und weder Schaf noch Rind dürfen auf ihn zu weiden.“]
4 Mose richtet die beiden Steintafeln wie die vorigen her und machte sich frühmorgens auf den Weg. Wie der Ewige es ihm aufgetragen hatte, stieg er auf den Berg Sinai; die beiden Steintafeln trug er bei sich.
5 Da kam der Ewige in einer Wolke herunter, stellte sich zu Mose und rief seinen Namen aus: [Der] „ICH-BIN-DA“.
6. Dann ging der Ewige an Mose vorbei und rief erneut: „ICH-BIN-DA. ICH, der EWIGE.
7 Ich sorge für 1000 Generationen und bin bereit, Schuld, Verirrung und Verfehlung zu vergeben. Doch ich lasse nicht alles durchgehen, ich ahnde auch Schuld der Eltern an Kindern, Enkeln und Urenkeln.“
8 Mose warf sich schnell zur Erde und nahm die Gebetshaltung ein .
9 Er sagte: „Mein Herr, wenn du mir wohl willst, dann gehe doch mit uns, Herr, es ist ein starrköpfiges Volk, doch du kannst uns unsere Schuld und Verfehlungen vergeben. Nimm uns doch als dein Eigentum an.“
10 Gott erwiderte; „Gut, ich will einen Bund mit euch schließen. Vor dem ganzen Volk werde ich Erstaunliches tun, wie es auf der ganzen Erde und unter allen Nationen noch nie geschehen ist. Alle Menschen der Gemeinde, in der du lebst, sollen meine Taten miterleben; gewaltig ist, was ich für euch tun werde.
[11 Beachte sorgfältig, was ich dir heute auftrage. Ich werde die anderen Völker vor euch vertreiben, die amoritischen, kanaanäischen, hetitischen, perisitischen, hiwitischen und jebusitischen Stämme.
12 schließt nur ja keine Verträge mit diesen Menschen, die du dort antriffst. Das würde euch ins Verderben stürzen.
13 Ihr sollt vielmehr ihre Altäre zerstören, ihre Mazzeben zerschlagen, ihre heiligen Bäume fällen.
14 Denn ihr dürft einfach keine andere Gottheit verehren. Ich bin der ICH-BIN-DA, voll Leidenschaft, eine verzehrende Liebe ist in mir.
15 Ihr dürft keinen Bund mit Landesbevölkerung eingehen. Sonst passiert Folgendes: Sie laufen hinter ihren Gottheiten her, opfern ihnen und laden euch eventuell zu ihren Mahlzeiten ein.
16 Oder ihr sucht euch unter ihnen Frauen für eure Söhne, und dann laufen die Schwiegertöchter hinter deren Gottheiten her und verführen eure söhne zu fremdem Gottesdienst.“
17 Du darfst Dir keine Gottesstatuen gießen. …
[Es folgen eine Reihe von Einzelgeboten über die Erstgeborenen und Opfer. Und dann heißt es noch: ]
26 … das Böckchen dürft ihr nicht in der Milch seiner Mutter zubereiten.“

Liebe Gemeinde, ich habe heute etwas mehr vorgelesen.

Den letzten Vers deswegen, weil er die Ursache für die strenge Trennung bei den jüdischen Mahlzeiten ist:

Das Böckchen dürft ihr nicht in der Milch seiner Mutter zubereiten: Das ist der Vers, warum im Judentum Milch und Fleisch streng getrennt zubereitet und gegessen werden. Dieser Vers aus 2. Mose 34 (und 2 Mose 23) ist der Grund, warum, es in einem jüdischen Haushalt zwei Spülmaschinen, zwei Kühlschränke, zweierlei Geschirr und zweierlei Besteck gibt und warum niemals Milch und Fleisch oder Wurst gemeinsam serviert werden.
Das wollte ich Ihnen an dieser Stelle einfach nicht vorenthalten.

Die Probleme machen mir die Verse vorher. In Zeiten, in denen Krieg mit einer Organisation IS „Islamischer Staat“ geführt wird, treffe ich immer wieder auf Christen, die sagen: ‘Im Gegensatz zum Christentum und Judentum ist der Islam auf Konflikt und Krawall angelegt. Wir haben so etwas nicht.’

Wenn ich Ihnen heute nur den Predigttext vorgelesen hätte, hätten wir wieder einmal nicht gemerkt, dass die Bibel auch nicht ohne ist.
„Ich werde die anderen Völker vor Euch vertreiben“ – und dann werden diese Völker aufgezählt.

Schließt keine Verträge mit denen, das gibt nur Ärger.
Zerstört ihre Heiligtümer – wem fallen da nicht die Freveltaten der Isis ein und der Taliban, die Jahrtausende alte Kulturgüter zerstörten und sprengten und sich völlig intolerant denen gegenüber verhalten haben, die etwas anders oder weniger streng glaubten als sie selber.
Sucht Euch keine Schwiegertöchter oder Schwiegersöhne bei denen, denn sonst werden Eure Kinder vom wahren Glauben abfallen.
Und wir – wir können uns an die Erzählungen unserer Eltern erinnern oder haben vielleicht sogar noch eigene Erinnerungen daran, wie das war, als der Partner, in den man sich verliebt hat, leider die verkehrte Konfession hatte und zu welchen Problemen dies geführt hatte.
Wie gehen wir damit um?

Wir lesen in der Bibel von einem strengen und doch vergebenden Gott. Es ist uns wichtig, dass die Bibel die Richtschnur für unser Leben ist. Wir glauben daran, dass Gott sie uns gegeben hat. Ich halte es für wichtig, dass wir sie uns nicht einfach zurecht biegen, wie es uns am besten passt.

Wie oft höre ich genau diesen Vorwurf.
Die konservativen Kardinäle haben es den liberalen Kardinälen auf der letzten Bischofssynode in Rom vorgeworfen, als es schien, dass die römisch-katholische Gottes Gnade endlich etwas offener verkünden könnte.
Die konservativeren Protestanten werfen es immer wieder und wieder der EKD und den Pfarrerinnen und Pfarrer unserer Landeskirche vor: Wir würden mit unserer historisch-kritischen Theologie die Bibel nicht mehr ernst nehmen und unsere eigenen Regeln finden.

Vielleicht ist an diesem Vorwurf sogar etwas dran. Ich gestehe nämlich, dass für mich Völkerverständigung ein eminent wichtiger Bestandteil meines Glaubens ist.
Wenn es gleich am Anfang der Bibel heißt, dass Gott den Menschen geschaffen habe als sein Ebenbild, dann ist damit jeder Mensch gemeint – und nicht nur Juden oder Christen: Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild. Auch die, die anders glauben als ich, auch deren Nase mir nicht passt. Auch die, die eine andere Sprache sprechen und in einer anderen Kultur leben.

Und dann diese Verse hier, die so sehr auf Abgrenzung setzen.
Wie können wir damit umgehen?

Es ist der Versuch, den eigenen Glauben sauber zu halten. Es ist der Versuch, Gott treu zu bleiben – dem Gott, dem wir doch so viel zu verdanken haben.

Wenn wir genau hinschauen, dann finden wir in der ganzen Bibel genau diese Auseinandersetzung zwischen der Abgrenzung von anderen, damit der eigene Glaube bewahrt bleibt, und der Integration und der Vermittlung, weil Gott ein Gott aller Menschen ist.

Wir merken es selbst in der Abgrenzung des Bibeltextes.
Vollmundig heißt es, „ich werde die Menschen dort vertreiben.“ Wenn diese Menschen alle vertrieben sind – mit wem soll man denn noch Verträge schließen können? Wie soll man dort Schwiegersöhne und Schwiegertöchter finden? Wie soll man dort Götzenopfer finden – wenn sie doch alle vertrieben wurden?
Wie nehmen wir den Bibeltext wahr, wenn wir ihn ganz wörtlich nehmen?

Mein Jüngster ärgert sich gerade, dass sich die ganze Klasse zu Halloween verabredet – und seine Gemeinde hat ausgerechnet den Reformationsgottesdienst als verpflichtenden Gottesdienst für die Konfis angesetzt.
Wie ernst nimmt man es, dass alle Kinder feiern – aber leider nicht das Reformationsfest?
Mir ist schon klar, dass sowohl Halloween als auch Reformationsfest etwas mit Allerheiligen zu tun haben!
Der 31. Oktober ist nun mal der Vorabend vor Allerheiligen, der für die katholische Sündenvergebungslehre, für Ablass und Volksglauben eminent wichtig ist. Luther hat sich etwas dabei gedacht, wenn er seine Thesen ausgerechnet am Vorabend an die Schlosstür von Wittenberg geschlagen hat.
Und Halloween hat auf volkstümliche Weise eine ganz eigene Vorstellung von den verstorbenen Heiligen und ihren Geistern geformt, der sich unsere Kinder jetzt auch nicht mehr ganz entziehen können.
Wie verhält man sich da, wenn der Jüngste fragt, ob er diesen Gottesdienst nicht blaumachen kann, der doch nun extra auch für die Konfis gestaltet werden soll?
Ausgerechnet dir fromme Oma ergreift auch noch Partei für ihn!
Wie gehen wir um mit Abgrenzung und Integration, wenn es um unseren Glauben geht?

Wir können den Bibeltext so lesen, dass wir versuchen, ihn radikal umzusetzen: Das wird uns nicht gelingen.

Wir können die Problemanzeige darin lesen: Wie schwer es schon immer war und ist, eine reine Glaubensposition durch die Generationen durchzuhalten. Die Liebe fällt, wo sie will, man trifft auf Menschen, die anders sind, und man ist immer in der Notwendigkeit, eine eigene Position zu finden.

Und es geht ja nicht um irgendwelche Kleinigkeiten, sondern es geht um den einen Gott!

Deutlich wird jedenfalls an den zusätzlich gelesenen Versen, dass es den reinen Glauben in einem auf absolute Abgrenzung bedachten Gottesvolk niemals gegeben hat. Andere Bibeltexte wie etwa der Stammbaum Jesu zeigen, dass selbst in der Herkunft des Gottessohnes viele von denen auftauchen, die es anderen Versen zufolge dort niemals geben dürfte.

Andere Bibeltexte zeigen, wie wichtig es ist, zu den eigenen Kindern zu halten – und dass die im Zweifel wichtiger als alle göttlichen Gebote erscheinen mögen – und dann gibt es wieder die Feststellung, dass selbst Jesus sich erheblich von seiner eigenen Familie distanzieren kann.

Ich kann nicht anders: Die Bibel hat mich gepackt und ich komme von ihr nicht los.

Aber die Beobachtung heute macht mich vorsichtig bei Vorwürfen gegenüber den Glaubensurkunden anderer Religion, wie z. B. gegenüber dem Koran.

Denn auch in der eigenen Bibel finde ich Stellen, die mich verstören, die Gewalt provozieren und feindliche Abgrenzung, Unfrieden und Intoleranz. Wenn ich auf andere mit dem Finger zeige, zeigen drei Finger auf mich zurück.

Es ist nicht so einfach mit unserer Bibel. Und an vielen Stellen bleibt sie eine Zumutung.

Das gilt auch für den eigentlichen Predigttext. Auch er mutet uns eine Menge zu.

Da ist zunächst der Hauptakteur: Mose.
Nach den jüdischen Geboten dürfte es ihn gar nicht geben, denn Amram, der Vater von Mose, hatte Jochebed, die Schwester seines Vaters, zur Frau genommen. Mose, ein Pflegekind in der ägyptischen Oberschicht wird zum Terroristen und erschlägt einen Ägypter. Man fragt sich ja heute, warum so mancher verzogener gutsituierter Mensch zum Terroristen wird. So ungewöhnlich ist das gar nicht. Mose lernt beim heidnischen Schwiegervater das Priesterhandwerk, und ausgerechnet ihm offenbart sich Gott, ausgerechnet ihn sucht sich Gott aus, um sich ihm als Gott zu offenbaren und nur er darf nun die neu gemeißelten Gebotstafeln in Empfang nehmen.
Er und nur er. Und wenn er vor Gott auf die Knie und auf den Boden fällt, ist es genau die Gebetshaltung, die wir von den Bildern aus den Moscheen kennen.

Und dann Gott. Ich bin, der ich bin. Ich bin der „ich bin da“. Er lässt sich greifen. Er lässt sich nicht in ein Schema packen. Er ist Gott. Kein Götze. Allein schon die Frage, ob es berechtig ist, „er“ zu Gott zu sagen, kann viele Menschen aufregen. Gott ist nicht Mann, Gott ist nicht Frau. Manchmal zornig, das lässt Gott sich nicht nehmen. Aber dann legt er sich doch fest.

„ICH-BIN-DA. ICH, der EWIGE.
Ich sorge für 1000 Generationen und bin bereit, schuld, Verirrung und Verfehlung zu vergeben. Doch ich lasse nicht alles durchgehen, ich ahnde auch Schuld der Eltern an Kindern, Enkeln und Urenkeln.“

1000 Generationen gegen drei Generationen.

1000 Generationen Vergebung. 3 Generationen Schuld.

1000 : 3 – das ist die Verhältnisbestimmung von Gnade und Schuld. Gott ist, der er ist. Gott will sich nicht greifen lassen. Aber er will als gnädiger Gott wahrgenommen werden. Das darf man nie vergessen, wenn an anderen Stellen von Abgrenzung und Gewalt die Rede ist. Die Geschichte mit Abraham und Lot zeigt, wie sehr Gott darin auch mit sich handeln lässt.

Und jene 3 Generationen? Mein Professor für altes Testament, ein exzellenter Kenner des Judentums, erklärte es anhand der alten jüdischen Tora-Auslegungen so: Wenn du in deinem Leben Fehler machst, werden die sich auswirken. Und wenn du genügend lange lebst, wirst du an deinen Urenkeln sehen können, welche Folgen sie haben. Pass genau auf, was du tust. Du hast eine Verantwortung für deine Kinder und Enkel und Urenkel. Alles, was du tust, hast Folgen. Nicht nur für Dich, sondern auch für andere Menschen. Denke daran.

Ich habe gerade den Artikel im Stern angelesen, in dem Hape Kerkeling vom Suizid seiner Mutter erzählt. Er war damals 8 Jahre lang.

Wir diskutieren gerade einen neuen Gesetzentwurf, wer Menschen möglicherweise bei einem Suizid beistehen darf. Ich bin selber für eine relativ liberale Regelung. Die Geschichte von Hape Kerkeling aber zeigt, dass auch dieses Handeln Folgen hat. Auch wenn man sie nicht mehr direkt an seinen Urenkeln miterleben kann, weil man sich dem entzogen hat. Gestern im Stadtanzeiger fragte ein Arzt nach genau diesen Folgen. Von jedem Suizid sind mindestens 10 Menschen betroffen. Haben das alle Menschen bedacht, die, – wie man so schön sagt – „in die Schweiz gehen“ wollen?

Drei Generationen – man könnte sagen: Dann ist auch genug! Die Erfahrung eines Pflegevaters zeigt: Manchmal sind es in der Realität viel mehr Generationen!

Ein letzter Gedanke:

Viel zu oft hat man im Christentum gedacht, das Neue Testament habe das Alte Testament abgelöst. Die Guten, das sind die Christen, die Bösen, das sind die Juden.

Ich möchte sagen: Wir sind keinen Deut besser, wir waren auch nie besser.

Die ersten Jünger waren allesamt raue Kerle mit Ecken und Macken, die immer wieder zeigten, wie wenig sie von dem verstanden haben, was Gott ihnen gepredigt hat. Wenn ich mir die gegenwärtigen Diskussionen in der ev. Kirche anschaue, auf die besonders im Rheinland große Probleme zukommen oder die Bischofssynode in Rom, dann wird auch da das ganze Spektrum deutlich.

Wenn wir mit ernst Christen sein wollen, dann können wir gar nicht anders, als es Mose nachzusprechen:

„Mein Herr, wenn du mir wohl willst, dann gehe doch mit uns, Herr, es ist ein starrköpfiges Volk, doch du kannst uns unsere Schuld und Verfehlungen vergeben. Nimm uns doch als dein Eigentum an.“

Auch wir gehören dazu. Zu den Halsstarrigen gegenüber Gott. Zu denen mit Schuld. Zu denen mit Verfehlungen.

Sind wir es Wert? Weißt Du Gott, worauf Du dich einlässt, wenn Du Dich mit uns einlässt? Du wirst nichts als Ärger haben mit uns. Naja, manchmal wirst Du auch lächeln können, und vieles wird dir gefallen. Aber willst du wirklich unser Gott sein?

Gott wollte der Gott dieses halsstarrigen Volkes sein. Es ist bis heute halsstarrig – und es ist sein Volk geblieben. Die Juden wurden über alle Kontinente verteilt, aber sie sind Gottes Volk geblieben.

Und wir? Sind wir weniger halsstarrig? Gott hat uns hinzugenommen. In seinen Bund.

Er will auch unser Gott sein.

Er will uns vergeben. Er will uns trotzdem mit Haut und Haaren. Trotz der Dinge, die wir anstellen.

Und immer wieder erinnert er uns: Denkt an die Folgen. Nichts, was ihr tut bleibt ohne Folgen. Andere werden es mit ausbaden müssen.
Aber ich will Euer Gott sein und bleiben. Einer der lieber vergibt, als zu strafen. Einer, der am liebsten überhaupt nicht straft. Einer, der auch dann bei euch bleibt, wenn ihr die Folgen Eures Handelns ertragen müsst. Und wenn ihr ertragen müsst, dass auch andere euer Handeln ausbaden müssen.

1000 zu 3: Das ist meine Verhältnisbestimmung von Gnade.

Soweit der Abend vom Morgen lasse ich Eure Übertretungen von Euch sein.

Wenn Ihr euch auf mich einlassen könnt und wollt:
Ich lasse mich auf euch ein. Das ist unser Gott.
(Phil 4,7)

7 Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

EG RWL 677,1-4 Die Erde ist des Herrn

Fürbitten

Guter Gott,
du willst unser Gott sein und wir wollen zu dir gehören.
Du bist ein Gott, der bei uns ist ein Leben lang – und der uns im Tod nicht loslässt. Wir denken an HP und EM. Bei Dir wissen wir sie geborgen. Und trotzdem tut ihr Tod uns weh und besonders den Menschen, für die sie da waren. Gib ihnen Trost und hilf uns, bei den Trauernden zu sein. Hilf den Trauernden, auf uns zuzukommen. Du bist unser Gott. Hilf uns, das Richtige zu tun.

Guter Gott, wenn wir in der Bibel lesen, erschrecken wir, wenn wir von Flucht und Vertreibung lesen, von Hass und Gewalt, von Grenzen zwischen den Menschen und Völkern, von Grenzen zwischen Nachbarn.

Guter Gott, diesen Hass und diese Gewalt gibt es nun schon so lange. Warum ist damit nicht endlich Schluss? Warum fühlen sich religiöse Menschen so oft als etwas so Besonderes, dass sie auf andere Menschen herabschauen und sie bedrängen und unterjochen und vertreiben?

Guter Gott, wir möchten zu Dir gehören. Wir möchten Deine Bibel lesen und sie Richtschnur für unser Leben sein lassen. Hilf uns, dass wir uns und unseren Glauben nicht missbrauchen lassen für Hass und Gewalt, für Grenzen zwischen Menschen, die allesamt Deine Ebenbilder sind.

Hilf uns, das Nötige zu tun. Hilf uns, großzügig zu sein, wenn wir für Bibeln in Ruanda spenden. Es geht um viel mehr als nur um Bibeln. Noch gilt Ruanda als frei von Ebola. Wie lange noch? Auch dort haben die Menschen Angst. Auch sie brauchen unsere Unterstützung zu einem Glauben, der Menschen vereint und sie nicht trennt.

Guter Gott, hilf uns zu glauben, dass wir uns in unserem Glauben nicht einigeln müssen. Hilf uns zu glauben, dass wir eine Botschaft haben, die Menschen auch ohne Gewalt und Druck überzeugt. Hilf uns an die frohe Botschaft zu glauben, dass das Lachen eines Babys mehr überzeugt und größere Kraft hat als Bomben und Waffen. Und hilf uns, wenn trotzdem Waffen benötigt werden, um Menschen zu schützen, dass sie in die richtigen Hände gelangen und nicht mehr Unheil anrichten als nötig ist, um andere Menschen gegen Hass und Gewalt zu verteidigen.

Guter Gott, wir können nicht leben, ohne schuldig zu werden. Guter Gott, es tut oft so weh, an Kindern, Enkeln oder Urenkeln zu sehen, welche Folgen unser Handeln oder unser Unterlassen hat. Im Kleinen und im Großen. In der Familie und auch weltweit.

Steh denen bei, die wegen uns leiden müssen. Die für uns schuften für selten Erden oder die unsere Jeans nähen. Die für unsere Nahrung von ihrem Land vertrieben wurden – und wir wissen oft gar nicht davon.

Steh uns bei, wenn wir erkennen, wo unsere Schuld liegt. Wie sehr wir in Schuld verknüpft waren und in Schuld verknüpft sind. Weil Du trotzdem unser Gott sein möchtest, beten wir Dein Gebet:

Vaterunser

EG RWL 607 Herr, wir bitten: Komm und segne uns

Segen

Gehet hin im Frieden des Herrn.

Der Segen und die Güte Gottes
führe uns von der Ungerechtigkeit
zur Gerechtigkeit.

Der Segen und die Güte Gottes
führe uns vom Krieg
zum Frieden.

Der Segen und die Güte Gottes
führe uns
von den Ersten
zu den Letzten.
(Gottesdienst in gerechter Sprache, 2003, S. 129)

24 Der HERR segne euch und beschütze euch!
25 Der HERR blicke euch freundlich an und schenke euch seine Liebe!
26 Der HERR wende euch sein Angesicht zu und gebe euch Glück und Frieden!

Überwinde das Böse mit Gutem

13.07.2014 – 10:00
Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Swisttal-Odendorf
Gottesdienst zum
4. Sonntag nach Trinitatis (VI) Röm 12,17-21

Wochenspruch:
Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Galater 6,2

Eingangslied
EG 671 Unfriede herrscht auf der Erde

Liturgische Begrüßung

“Vergeltet nicht Böses mit Bösem, überwinde das Böse mit Gutem!” –
Geht es Ihnen auch so wie mir? Man freut sich über die Erfolge auf der Fußball-Weltmeisterschaft – und dann bleibt einem die Freude im Halse stecken, wenn man von den Raketen in Israel hört, von Toten und Verletzten. Und dann diese Nacht Raketen auf Städte in Israel, Jerusalem, auf den Flugplatz in Tel Aviv, Abwehrraketen, zum Glück nur Verletzte, Raketen auf Gaza, mehr als 56 Tote dort, Israel ist mit ersten Bodentruppen in Gaza.
Dazu schlimme Nachrichten aus der Ost-Ukraine.
Irgendwie kommt dieser Gottesdienst heute zu spät.
Soll ich heute meine Stola ablegen? Ist sie zu bunt? Oder soll ich sie anbehalten als Zeichen dafür, dass Gottes Liebe trotz allem grenzenlos bleibt?
Gerade wegen der Entwicklung in der Welt möchte ich stellvertretend als Sündenbekenntnis gleich ein Gebet für Israel / Palästina lesen.

Psalm EG 709.2
Ps 22,23.24a.25-29.32

Ehr sei dem Vater …

Gebet für Israel / Palästina
Du Gott des Friedens:
Wir alle leben davon,
dass du unsere Bosheit
nicht mit Bösem vergiltst,
und an die Stelle von Rache
dein barmherziges Recht setzt.
Du bist Anwalt der Schwachen,
weist die Starken in Grenzen
und schaffst Versöhnung.
An dich wenden wir uns,
ratlos und empört
angesichts der neuen Welle von Gewalt
im Nahen Osten.
Wir können die Trauer ganz Israels
über den Mord an drei Schülern verstehen.
Wir teilen den Zorn der Palästinenser
über den grausamen Rachemord.
Aber die Hassparolen auf beiden Seiten,
die Bereitschaft zu Gewalt
und der Ruf nach weiterer Vergeltung
wecken die Sorge um die Zukunft
der ganzen Region.
Nach unserem Ermessen
gibt es kaum noch Möglichkeiten
der Versöhnung,
und wir fürchten die Folgen eines Flächenbrandes
auch für uns.
Gott, bewahre uns davor,
uns in den Konflikt hineinziehen zu lassen,
einseitig Schuld zuzuweisen,
und die Verletzungen und Ängste
der anderen Seite
nicht anzuerkennen.
Wir haben keine tauglichen Rezepte.
Deshalb bitten wir dich:
Schaffe du Frieden
für Israel und Palästina,
und für die angrenzenden Staaten.
Heile die Wunden,
die Hass und Gewalt geschlagen haben
und führe die Menschen zusammen
in Respekt füreinander
und im Geist der Versöhnung.
Sylvia Bukowski, 7. Juli 2014
http://www.reformiert-info.de/13278-0-12-2.html

Kyrie-Gesang
EG 600 Meine engen Grenzen

Zuspruch
Gott kennt unsere Grenzen, und Ohnmacht und unsere Sehnsucht. Seine Liebe ist der Schlüssel, dass wir auf sein Erbarmen vertrauen und uns auch in Schwierigkeiten stark und frei fühlen dürfen. Bei ihm sind wir zu Hause – auch in Angst um das, was in der Welt geschieht. Gott ist der Gott aller Menschen.

Ehre sei Gott in der Höhe

Kollektengebet
Gott voll Barmherzigkeit und Liebe,
hilf, dass auch wir barmherzig sind und die ertragen, die du erträgst.
Gib, dass wir einander verstehen lernen.
Durch Jesus Christus, unsern Herrn.
(EG zum 4. S.n.Tr.)

Evangelium: Lk 6,36-42

Halleluja
Das ist ein köstlich Ding, dem HERRN danken *
und lobsingen deinem Namen, du Höchster.
Psalm 92,2 Halleluja.

Glaubensbekenntnis

Lied
EG RWL 665 Liebe ist nicht nur ein Wort

Predigt
Römer 12, 17-21
17  Vergeltet niemandem Böses mit Bösem.  Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.
18 Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so  habt mit allen Menschen Frieden.
19  Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«
20 Vielmehr,  »wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22).
21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Liebe Gemeinde,

leichter gesagt als getan.

Wenn man uns fragte, wie konfliktfähig wir sind, die meisten von uns würden sich wohl bescheinigen, dass wir eine ganze Menge aushalten können, und dass wir nicht besonders nachtragend sind.

Aber gibt es nicht irgendwie in jeder Familie Konflikte, die irgendwann einmal jemand unter den Teppich gekehrt hat, an die man nicht wirklich heran kommt?

Ich gestehe, ich kenne so etwas in der Familie. Ich mache das nicht gerne, aber es gibt so etwas. Menschen, die von der Beerdigung ihrer Geschwister ausgeschlossen wurden, weil es vorher so sehr gekracht hatte, dass man sich nur noch aus dem Weg gehen konnte.
Solche Konflikte haben eine Vorgeschichte. Wie oft hat man dann da gesessen, sich angehört, was der eine der Konfliktpartner über den anderen sagte, und dann auch, was der andere über den einen sagte.
Man kennt beide, man merkt, dass man beide Positionen ein Stück weit nachvollziehen kann, auch wenn man selber die jeweils andere Person so ganz anders kennt. Ja, beide haben ihre Schwächen, man erkennt den anderen in der Kritik durchaus wieder, und trotzdem tut es weh, den anderen so missverstanden zu sehen. Es tut weh, zu sehen, wie beide Seiten leiden. Der Konflikt tut niemandem gut, es gibt nur Opfer, nur Verletzungen. […]
Andere Konflikte sind globaler.

Israel konnte und wollte nicht aufhören, Siedlungen zu bauen. Die Hamas konnte und wollte nicht aufhören, Raketen zu schmuggeln, aufzustellen und abzuschießen.
Dann der grausame Mord an drei Jugendlichen. Dann der grausame Mord an einem Jugendlichen. Eine Verhaftungswelle. Raketen. Hunderte Tote.
Aktivisten und Zivilisten. Aktivisten, die sich hinter Zivilisten versteckten. Israel, das erst anruft und eine leere Rakete schickt, bevor sie ein Haus bombardiert. Eine Hamas, die Zivilisten auffordert, in dieses Haus zu kommen, damit die Israelis es nicht bombardieren können. Aber wenn die Rakete bereits unterwegs ist, wenn man das bemerkt, gibt es viele Tote.
Politiker, die zu Rache aufrufen und denen man hinterher ihre Bemühungen um Mäßigung nicht mehr wirklich abnimmt. Und nun die Eskalation.

Ich muss an den jungen Mose denken, Pflegekind bei der ägyptischen Prinzessin, Terrorist, der den Ägypter erschlägt, der den jüdischen Landsmann bedrängt.
Dem man den Friedenswillen nicht mehr abkauft, als er unter seinesgleichen Streit schlichten will.
Der Böses mit Schlechterem vergolten hatte. Der fliehen musste. Ins Exil. Der dort seine Liebe fand und – nach der Priesterlehre beim heidnischen Schwiegervater – am brennenden Dornbusch auch den jüdischen Jahwe-Glauben kennenlernte.
Den Gott des Alten Testaments, der von so vielen Menschen als Rachegott abgelehnt wird.

Hat er das nicht so oft gesagt: „Mein ist die Rache, spricht der Herr?“ Paulus zitiert hier in seinem Römerbrief 5. Mose 32,35.

Aber was bedeutet die Stelle in ihrem Zusammenhang?

Viele Menschen zu allen Zeiten dachten, dass Gott ein besonders effektiver Rächer ist. Und wenn er das so effektiv kann und tut, dann darf man ihm auch mal zuvor kommen und die Sache in die eigene Hand nehmen.  So haben es dann später oftmals die Christen gemacht. Sie fühlten sich berufen, an Gottes Stelle für ihn zu kämpfen und an seiner Stelle das Schwert in die Hand zu nehmen. Und wir müssen uns immer noch schämen über die Kreuzzüge, über Inquisition, über Kämpfe gegen die Achse des Bösen, über Todesstrafe und vieles mehr.

Denn was ist, wenn es ganz anders gemeint ist? Wenn Gott sagen will: Haltet Euch da raus. Lasst die Rache mal bitte meine Sache sein. Ihr seid viel zu aufgeregt; Ihr seid viel zu parteiisch. Wisst Ihr nicht, dass ich ein gnädiger Gott bin, der den Brudermörder Kain unter seinen Schutz stellte statt auch von ihm das Leben zu fordern?
Rächt euch nicht selbst, so heißt es im Römerbrief.
Paulus zitiert 3. Mose 19,18, und jeder bibelfeste Jude weiß sofort, wie der Vers dort fortgesetzt wird: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; in bin der HERR.“

Rächt Euch nicht, und dann folgt in 3. Mose das Gebot der Nächstenliebe, das uns vor allem aus dem Neuen Testament bekannt ist. Der Nächste, der Volksgenosse ist nicht der Fremde. Aber auch dazu gibt es Anweisungen, und selbst die Feindesliebe kommt in praktischen Anweisungen des Alten Testaments zum Ausdruck.

„Vergeltet niemandem Böses mit Bösem.  Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.“

Was für Kreisläufe kann man in Gang setzen, wenn man immer nur auf Stärke und Vergeltung setzt?
Was für Kreisläufe kann man in Gang setzen, wenn man auf Versöhnung setzt, ohne seine Sicherheit ganz außer Acht zu lassen?

Der Kreislauf aus abblocken, Siedlungen bauen, täglich sticheln, Wasserzuteilungen kürzen, er hat jedenfalls in die Eskalation geführt. “Anders geht es nicht. Eine andere Sprache verstehen die nicht. Man kann sich doch nicht alles gefallen lassen …”
Immer schneller hat sich die Spirale gedreht. Und diese Nacht hatten wir Krieg, und es sieht so aus, als würde er noch weiter eskalieren.

Unser Bundespräsident wurde gescholten, weil er mehr Engagement in der Welt gefordert hat. Ich bin überzeugt davon, dass es ihm Ernst war, dass bewaffnete Einsätze nur die allerletzte Möglichkeit sein dürfen, die er aber nicht ausschließen wolle. Und ich habe alle seine Äußerungen so verstanden, dass es vor dieser Schwelle viel zu tun gibt. Dass man vorher nicht locker lassen darf, dass man nichts unversucht lassen darf, um zu deeskalieren, um Menschen in die Lage zu versetzen, ihren Hass zu bändigen.

Ist wieder einmal viel zu wenig getan worden? Hätte man doch noch intensiver darauf hinweisen müssen, dass ausgeweiteter Siedlungsbau in die Katastrophe führen wird? Wo stehen wir als Christen? Dürfen wir einstimmen in den Chor derer, die sagen, es hat ja doch keinen Zweck?

Gibt es keine Alternativen?

Ich verfolge seit Jahren das Projekt www.Ferien-vom-Krieg.de
Angefangen hat es mit Kindern und Jugendlichen der verfeindeten Volksgruppen im ehemaligen Jugoslawien, seit einigen Jahren finden auch Ferienprojekte für Jugendliche aus Israel und Palästina statt. Fast alle Teilnehmer haben zum ersten Mal in ihrem Leben die Chance, den Konflikt mit den Augen der Gegner zu sehen. Es kostet sie unendliche Mühen, aus ihren Gebieten auszureisen und ein Visum zu bekommen. Hinterher müssen sie sehr vorsichtig sein wegen der Vorwürfe, sie hätten sich mit den Feinden eingelassen und seien nun Verräter. Aber alle wollen Sie weiter für den Frieden mitarbeiten. Alle können sie nicht aufhören, feurige Kohlen auf das Haupt der Feinde zu sammeln, ihnen Gutes zu tun, um sie so zu beschämen, dass aus Feinden Freunde werden.

Die Kollekten heute kann ich nicht umwidmen, aber ich kann Ihnen die Flyer empfehlen, die ich mitgebracht habe. Gerade eben noch kam über Twitter die Meldung, dass es dem ARD-Korrespondent Markus Rosch gelungen ist, Gaza zu verlassen. Und die Meldung: Die Straßen sind voller Flüchtlinge.

Die Jerusalem Post analysiert heute früh: Es sei ein Irrglaube, Israel könnte die Hama zerschlagen, ebenso wie es ein Irrglaube der Hamas ist, es werde nach der Vernichtung Israels aus den Ruinen ein neues Palästina entstehen. Bis jetzt habe die „eiserne Abwehrkuppel“ der israelischen Abwehrraketen gehalten. Aber das könne keine Option auf Dauer sein. Israel habe die Zahl ziviler Toter auf ein Minimum begrenzen können, so sehr jeder einzelne Tote schmerze. Vielleicht – das ist die Hoffnung – sei die militärische Führung der Hamas jetzt so geschwächt, dass sich die zivilen Palästinenser in den nächsten Wahlen für eine weniger gewaltbereite Regierung entschließen. Aber zu engagierten Friedensbemühungen gebe es keine Alternative.

Liebe Gemeinde, mir scheint, selten war ein Predigttext so aktuell. Selten waren seine Mahnungen so wertvoll. In der großen Politik wie im menschlichen Miteinander. Sind die Tischtücher erst zerschnitten, wird es unendlich schwer, sie wieder zusammen zu nähen. Es bleiben Wunden und Verletzungen. Um so wichtiger ist es, Böses mit Gutem zu überwinden. Hass auf Israel bringt gar nichts. Hass auf die Hamas auch nichts.

Ganz ehrlich: Ich kann jeden verstehen, der nach den Demütigungen der letzten Jahre und Jahrzehnte auf Gewalt nicht verzichten mag.
Und trotzdem führt dieser Weg immer in die Katastrophe. Es war noch nie anders.

Aber in all den Konflikten, in denen man den Betreffenden echte Perspektiven anbieten konnte, konnten auch die Konflikte überwunden werden. Nordirland, Baskenland, in Deutschland die RAF, Südafrika die Apartheid, Martin Luther King in den USA: Es hat sich gelohnt, nichts unversucht zu lassen.

Es lohnt sich, wenn wir nicht locker lassen und immer wieder fragen: Haben wir unseren Gegnern schon genug Gutes getan? Hat Deutschland sich schon genug für Frieden engagiert – oder immer nur für den eigenen Wohlstand? Was kann man noch für Frieden tun?

Und letztlich unser Gott: Was wäre, wenn er sagen würde, es hat doch keinen Zweck mehr…

Aber er sagt: Es hat immer noch Zweck, mit Liebe auf Hass zu antworten. Versucht es. Es ist für ihn ebenso mühsam wie für uns. Aber er lässt nicht locker.

Darum sollten wir uns einsetzen. Im Privaten – da gibt es für jeden genug zu tun, angefangen von der Erziehung unserer Kinder und Enkel: Können sie von uns lernen, wie man Gegner und Feinde liebt und ihnen Gutes tut?

Über unsere öffentlichen Äußerungen, wenn wir die Nachrichten hören, bis zu den Wahlen: Wählen wir Parteien, die zuverlässig für Deeskalation eintreten oder solche, die lieber die Zügel schleifen lassen, bis alles zu spät ist?

Überlassen wir die Rache lieber Gott. Er kennt auch die andere Seite. Und wenn Gott den anderen lieber in den Arm nimmt, um auch ihn zu trösten, werden wir nicht böse. Denn auch wir können nur deswegen leben, weil Gott auch uns in den Arm nimmt. Immer wieder neu.

Lied
EG 666 Selig seid Ihr

Meditation zum Abendmahl
„Du bereitest einen Tisch im Angesicht meiner Feinde“, so heißt es in Psalm 23.
Die Raketen fliegen, aber Du lässt dich nicht abbringen, deckst den Tisch, lädst mich ein ebenso wie die, mit denen ich streite.
Wir sollen zu Besinnung kommen, wir sollen unsere Kriegsbeile begraben, wir sollen merken, dass wir alle als Menschen Deine Ebenbilder sind.
Wir sollen merken, dass wir alle Menschen sind.
Manchmal fällt es uns schwer angesichts unserer Wut und unserer Trauer, dass wir uns auf Deine Einladung einladen. Trotzdem wollen wir Dich loben und preisen mit allen Völkern – gerade auch wenn einige jetzt noch verfeindet sind…

Dankgebet
Auch in Krieg und Not können wir Dich preisen, Gott, denn Du lädst uns ein an deinen Tisch. Hab Dank, dass wir dort auch unsere Gegner finden. Du hast sie eingeladen. Hab Dank, dass du nicht zulässt, dass wir Feinde bleiben.
Hab Dank, dass Du nicht Hass predigst, sondern Liebe.
Hab Dank, dass wir an deinen Tisch kommen dürfen.

Abendmahl

Joh 20,21
Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

LIed
EG RWL 678 Wir beten für den Frieden

Segen

Das Licht der Vergebung erhelle uns den Weg,
der Baum des Friedens gebe uns den Schatten,
die Welle der Liebe trage uns über das Meer,
die Kraft der Verwurzelung lasse uns beweglich sein.
Gottes Segen fließe durch unsere Hände und Füße,
damit wir, von Gott gesegnet,
für andere ein Segen sind.
(aus benno 2003, Segensworte für das ganze Leben, S. 181)

Pfingsten waren die JüngerInnen nicht ängstlich

War Pfingsten ein Aufbruch von Angsthasen, wie man es immer wieder in Andachten und Kommentaren zum Pfingstfest lesen kann?

Warum die Jüngerinnen und Jünger voller Erwartung waren und was Christinnen und Christen vom Judentum lernen können.
Meine Pfingstpredigt zu Apostelgeschichte 2 und (kurz) zu Römer 8 vom 19.05.2002, Pfingsten 2014 neu eingestellt und 2022 nachbearebeitet

War Pfingsten ein Aufbruch von Angsthasen, wie man es immer wieder in Andachten und Kommentaren zum Pfingstfest lesen kann?

Warum die Jüngerinnen und Jünger voller Erwartung waren und was Christinnen und Christen vom Judentum lernen können.
Meine Pfingstpredigt zu Apostelgeschichte 2 und (kurz) zu Römer 8 vom 19.05.2002, Pfingsten 2014 neu eingestellt und 2022 nachbearebeitet:


Welche Vorstellung haben wir von den Jüngern, wie sie da im Hause sitzen?
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich hatte bis zur Kindergottesdiensttagung um Himmelfahrt den Text mit dem ungläubigen Thomas aus dem Johannesevangelium vor Augen.

„Die Jünger waren beisammen und hatten aus Angst vor den führenden Juden die Türen abgeschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: »Frieden sei mit euch!«“

Vor meinem inneren Auge sitzen ängstliche Jünger, die sich gegenseitig anstarren, wie sie voller Angst zittern. Sonst machen sie nichts.

Aber mit den inneren Augen ist es wie mit den richtigen Augen: Manchmal sind sie arg kurzsichtig.

[Ergänzung 2022:
Denn die letzten Verse des Lukasevangeliums, am Ende der Verse über die Himmelfahrt (!), lauten:
51 Noch während er sie segnete,  entfernte er sich von ihnen und wurde zum Himmel emporgehoben. 52 Sie fielen zu Boden und beteten ihn an. Dann kehrten sie voller Freude nach Jerusalem zurück. 53 Sie verbrachten die ganze Zeit im Tempel und lobten Gott.]

Auf der Kindergottesdienst-Helfer-Tagung [2002] in Duisburg gab es Bibelarbeiten zur Pfingstgeschichte, und eine davon wurde von Sasja Martel gehalten. Sasja ist Jüdin und leitet ein Lehrhaus in der Nähe von Amsterdam.

Für manchen Juden ist unser Neues Testament das bedeutungsloseste, was man sich vorstellen kann. Andere, und dazu gehörten ihre Lehrer Aschkenasi, Flusser und Safrai, haben das NT als ein jüdisches Buch schätzen gelernt. Sie glauben zwar immer noch nicht, dass Jesus der Messias ist, aber sie entdecken darin so viel aus ihrer eigenen jüdischen Religion.

Ostern und das Pessach-Fest gehören einfach zusammen. Und fünfzig Tage nach dem Pessachfest liegt das Wochenfest, das Schawout-Fest, das unserem Pfingsten entspricht. “Pfingsten” bedeutet hat auch nur “50”, nämlich 50 Tage nach Ostern, 50 Tage nach Pessach.

Was machen fromme Juden fünfzig Tage nach Ostern? Sasja Martel erklärte es uns so:

Pessach, zum Passafest, denken die Juden daran, wie sie aus der Sklaverei in Ägypten befreit wurden. Aber es ist gar nicht so einfach, in Freiheit zu leben. Wirklich frei zu sein, wirklich in allem frei entscheiden zu können, das muss man lernen.

Und wirklich frei entscheiden zu können, das bedeutet, Ebenbild Gottes zu sein. Wir sind von Gott geschaffen, um frei entscheiden zu können. Einfach ist das nicht. Die Juden sagen, 40 Jahre lang mussten sie es lernen, 40 Jahre lang sind sie deswegen durch die Wüste gezogen. Und am Schawout-Fest, am Wochenfest, zu unserem Pfingsten, da feiern sie diese Freiheit, die Gott uns allen gegeben hat. So wie wir Adventskalender haben, in denen wir jeden Tag ein Türchen aufmachen und auf Weihnachten zugehen, so zählen die Juden jeden einzelnen der 50 Tage bis Schawout.

Und wodurch wird man frei? Wenn man sich frei entscheiden will, braucht man Tradition, muss man wissen, woher man kommt, muss man seine Geschichte kennen, muss man im Gespräch bleiben mit den Alten, mit den ganz alten Geschichten.

Diese alten Geschichten mit der Tora, dort finden die Juden ein Modell für das Leben, ein Modell dafür, frei zu sein. Die 5 Bücher Mose sind wie Steno, wie eine Kurzfassung alles dessen, was das Leben möglich macht.

Und deswegen ist es so wichtig, die Bibel zu lesen und zu studieren. Nicht so sehr, um die richtigen Antworten zu finden. Die Antwort ist nur für jetzt, aber mit einer guten Frage kann man 50 Jahre lang leben.

Dafür muss man streiten und diskutieren und immer wieder die Bibel studieren.

Dass ist Leben, dass ist frei sein, entscheiden können, das ist Mensch sein.

Es geht nicht darum den anderen zu überzeugen. Jeder soll er selber bleiben. Denn es gibt nicht die Wahrheit. Die Wahrheit entwickelt sich weiter, bis die Erlösung kommt.

Deswegen soll man streiten, aber das Ziel ist das Leben, das Ziel ist es, frei zu sein. Und für dieses Ziel ist für die Juden das Torastudium so ungeheuer wichtig.

Und was hat dies alles mit Pfingsten zu tun? Warum heute dieser lange Ausflug ins Judentum?

Zum Wochenfest, zu Schawuot, zu Pfingsten nehmen sich orthodoxe Juden den ganzen Tag frei zum Torastudium.

Sie beginnen am Abend und lesen und diskutieren die ganze Nacht hindurch, wenn sie es durchhalten. Sie lesen und streiten, denn es geht um das Leben und um die Freiheit.

Und wenn man sich so intensiv um die Tora bemüht, dann geschehen auch schon einmal merkwürdige Dinge.

„Es wird erzählt, dass Rabbi Elieser und Rabbi Joschua einmal im Haus von Abuja zu Gast waren, als dort ein Fest gefeiert wurde. ‚Lasst uns auch Vergnügen haben’, sagten die beiden zueinander, und sie befassten sich mit den Worten der Tora; von der Tora gingen sie zu den Propheten über und von den Propheten zu den Schriften, Und ein Feuer kam vom Himmel herab und umgab sie. Abuja rief erschrocken: ‚Meine Lehrer, seid ihr gekommen, um mein Haus in Brand zu stecken?’ ‚Keineswegs’, sagten sie, ‚aber die Worte erfüllen uns mit der gleichen Freude wie damals, als sie auf dem Berge Sinai offenbart wurden, und damals brannte der Berg bis ins Herz des Himmels.’“

Für eine Jüdin wie Sasja Martel ist völlig klar, was die Jüngerinnen und Jünger damals zu Pfingsten gemacht haben in Jerusalem: Sie haben ihre Torastudien betrieben, sie haben intensiv die Bibel gelesen und sich darüber unterhalten.

Zu Pfingsten wird übrigens die Rolle mit dem Buch Ruth gelesen, die Geschichte der Ausländerin, die nicht-jüdische Frau, die sagt, ‚dein ist mein Gott’, die Geschichte also, die deutlich macht, dass Gott die Freiheit und Erlösung für jeden Menschen will, nicht nur für Juden etwa.

Und für diese Jüdin ist überhaupt nicht verwunderlich, dass an einem solchen Tag der Geist Gottes in dieses Haus des Torastudiums kommt, in dieses Haus, in dem ganz intensiv die Bibel gelesen und diskutiert wird.

Schöpfung, Offenbarung, Erlösung: Mit diesen drei Worten hat Sasja die ganze jüdische Tradition zusammen gefasst.

Gott der Schöpfer, würde ich übertragen, Jesus der, in dem sich Gott uns Menschen offenbart hat, und der Geist, in dem Gottes Erlösung zu uns kommt. So würde ich als Christ die Analogie zu diesen drei Begriffen sehen.

Und in Pfingsten läuft dies zusammen. Gott hat den Menschen als sein Ebenbild geschaffen, als freien Menschen, aber die Menschen konnten mit der Freiheit nicht umgehen. Darum kam am Sinai mit der Tora die Offenbarung, und zu Pfingsten bemühen sich die Juden um das Torastudium, um die Freiheit, um das Leben, kurz: um die Erlösung.

Und so sitzen die Jünger im Haus, und über dem Torastudium kommt der verheißene Geist. Völlig unverwunderlich erleben sie eine Flammenerscheinung, völlig unverwunderlich öffnet sich die Erlösung zu den vielen Menschen und Völkern, wie es schon in der Geschichte der Ruth angedeutet ist.

Genau um diese Freiheit geht es auch im Predigttext aus Röm 8.

Wenn man diese Zusammenhänge mit dem Torastudium und dem Geist und der Erlösung für alle Menschen begriffen hat, dann versteht man auch recht schnell die Verse aus dem Predigttext.

Paulus schreibt:

„Ihr aber seid nicht mehr von eurer eigenen Natur bestimmt, sondern vom Geist. Es will doch etwas besagen, dass der Geist Gottes in euch Wohnung genommen hat! Wer diesen Geist – den Geist von Christus – nicht hat, gehört auch nicht zu ihm. 10 Wenn nun also Christus durch den Geist in euch lebt, dann bedeutet das: Euer Leib ist zwar wegen der Sünde dem Tod verfallen, aber der Geist erfüllt euch mit Leben, weil Christus die Sünde besiegt hat und ihr deshalb bei Gott angenommen seid.“

Pfingsten feiern wir Christen, dass Gottes Geist zu uns gekommen ist, dass er die Erlösung gebracht hat, dass dieser Geist in uns wohnt., dass wir zu Jesus gehören.

Wir leben noch in dieser Welt, in einer Welt, in der es auch Krankheit und Tod noch gibt.

Aber wir feiern Pfingsten: Das Fest des Geistes Gottes, der uns mit Leben erfüllt, der uns die Sünde wegnimmt, der uns frei macht zu einem erfüllten Leben, zu einem Leben gefüllt mit Lernen und Tun. So feiern wir Pfingsten als ein besonderes Fest des Lebens.

[2. Ergänzung 2022:
Woher kommt nun das Missverständnis?
Das findet sich im Lesungstext II von Pfingstmontag aus Joh 20,19-22.
Es handelt sich um eine Ostergeschichte (!), die schon am Ostersonntagabend in der Geistausgießung mündet. Auch dort werden die Jünger zu Ostern aus der Angst gerissen.
Das geht parallel zur Lukasvariante:

Am Abend des ersten Tages der Woche,
da die Jünger versammelt
und die Türen verschlossen waren
aus Furcht vor den Juden,
kam Jesus und trat mitten unter sie
und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!
20 Und als er das gesagt hatte,
zeigte er ihnen die Hände und seine Seite.
Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.
21 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch!
Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an
und spricht zu ihnen : Nehmt hin den Heiligen Geist!
23 Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen ;
welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“

Nimmt man aber mit Lukas Bezug auf das Pfingstfest 50 Tage nach Ostern, gibt es dort keine Furcht mehr.

Bei Johannes erscheint der Hinweis auf den Heiligen Geist abschließend wie eine Warnung:
Wer nicht aus Gottes Liebe und Vergebung heraus lebt, kann Menschen in ihren Sünden festhalten. Aber das ist noch ein ganz anderes Thema.]

Schatz und Perle

Gottesdienst Christuskirche Zülpich
9. Sonntag n.Tr. (5.8.2007)
Predigttext: Mt 13,44-46
Prediger: Bernd Kehren

GLOCKENGELÄUT
MUSIKALISCHES VORSPIEL
BEGRÜSSUNG / ABKÜNDIGUNGEN [PresbyterIn]

WOCHENSPRUCH
Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man um so mehr fordern. Lukas 12,48

LIED 447,1-3+6+7 Lobet den Herren

ERÖFFNUNG

Pfr.:  Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen
des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.
Gemeinde: Amen
Pfr.: Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat,
(der Bund und Treue hält ewiglich
und der nicht preisgibt das Werk seiner Hände.)
Pfr.: Der Herr sei mit euch!
Orgel und Gemeinde „Und mit deinem Geist.“

Am 9. Sonntag nach Trinitatis geht es im Gottesdienst darum wie viel Gott uns schenken will – und dass wir es auch ergreifen.
Der Psalm lobt Gott, der uns im Mutterleibe geschaffen hat.
In der Brieflesung hören wir auf Paulus, der merkt, dass das, was ihm früher wichtig war, nun ganz unwichtig geworden ist, weil er einen neuen Schatz gefunden hat.
Gott will ihm den Schatz schenken, darum will Paulus diesem Schaft nacheifern.
Im Evangelium hören wir die Geschichte von den Sklaven und den Talenten. Jeder hat ganz unterschiedliche Fähigkeiten, der eine mehr, der andere weniger.
Wer diese Fähigkeiten nutzt, gewinnt. Wer die Fähigkeiten brach liegen lässt, den bestraft die Geschichte.
Und der Predigttext schließlich appelliert an unseren Egoismus. Ihr findet einen unermesslichen Schatz. Jetzt grabt ihn auch aus und nehmt ihn für euch in Anspruch.
Gott will uns das Leben in seiner ganzen Fülle schenken.
Darum wünschen …

FRIEDENSGRUSS
Pfr.: … wir uns Frieden mit den Worten: „Der Friede Christi sei mit dir!“
Gemeinde „Der Friede Christi sei mit dir!“

EINGANGSPSALM EG 759.2 (= Ps 139,13-18.23.24)
Denn du hast meine Nieren bereitet
und hast mich gebildet im Mutterleibe.
Ich danke dir dafür, daß ich wunderbar gemacht bin;
wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.
Es war dir mein Gebein nicht verborgen,
als ich im Verborgenen gemacht wurde,
als ich gebildet wurde unten in der Erde.
Deine Augen sahen mich,
als ich noch nicht bereitet war,
und alle Tage waren in dein Buch geschrieben,
die noch werden sollten und von denen keiner da war.
Aber wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken!
Wie ist ihre Summe so groß!
Wollte ich sie zählen, so wären sie mehr als der Sand:
Am Ende bin ich noch immer bei dir.
Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz;
prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine.
Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin,
und leite mich auf ewigem Wege.
Kommt, lasst uns anbeten:

Orgel und Gemeinde „Ehr‘ sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

SÜNDENBEKENNTNIS
Pfr.: Guter Gott, du hast die Welt geschaffen, damit wir darauf leben können. Guter Gott, du bist auf die Welt gekommen, damit wir spüren, wie nahe du uns bist, damit wir spüren, wie viel du uns schenken willst. Guter Gott, so oft lassen wir die Fülle deiner Gnade liegen,  zu oft sind wir mutlos und kraftlos und tun lieber gar nichts, um nichts falsch zu machen. All dies bringen wir in der Stille vor dich.
[STILLE]
Gott, wir brauchen deine Nähe, gib uns die Kraft, die richtigen Schritte zu tun. Macht uns Mut zum Glauben. „Kyrie eleison – Herr, erbarme dich.“

Orgel und Gemeinde Kyrie eleison. Herr erbarme dich. Christe eleison. Christe erbarme dich. Kyrie eleision. Herr, erbarm dich über uns.

GNADENZUSPRUCH
Pfr.: Guter Gott, auch wenn unsere Begabung nur klein sein mag: Du ermutigst uns zum Handeln. Und auch wenn es nur kleine Schritte sind, die wir gehen können, so lobst du uns, wenn wir sie gehen und sagst: Du warst im Kleinen zuverlässig, ich beauftrage dich nun mit einer großen Aufgabe. Du bist eine Freude für mich.

Orgel und Gemeinde „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen.“ Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmer mehr und rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

GEBET 
Pfr.: Schenkender Gott, in einer Welt, die gebaut ist auf Gewinn und Verlust, haben wir Angst, wir könnten verlieren. Mache uns Mut, dass wir mit dir rechnen. Gib uns Anteil an der Fülle deiner Gerechtigkeit, dass wir das Leben gewinnen durch Jesus Christus.
Orgel und Gemeinde „Amen“

Verkündigung und Bekenntnis

Brieflesung (Phil 3,7-11(12-14)

Presb.:  Wir hören die Epistel aus dem Brief des Paulus an die Gemeinde in Philippi:

7 Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet. 8 Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne 9 und in ihm gefunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird. 10 Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleich gestaltet werden, 11 damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten. 12 Nicht, dass ich’s schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich’s wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin. 13 Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, dass ich’s ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, 14 und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.

Halleluja. Lass deiner sich freuen und fröhlich sein alle, die nach dir fragen; * und die dein Heil lieben, lass allewege sagen: Der HERR sei hoch gelobt! Psalm 40,17 Halleluja.
ORGEL & GEMEINDE „Halleluja, Halleluja, Halleluja“

LIED EG 272 Ich lobe meinen Gott

EVANGELIENLESUNG Mt 24,14-30
Pfr.: Aus dem Evangelium nach Matthäus

14 Die Welt Gottes solltet ihr auch mit der Geschichte von einem Mann vergleichen, der im Aufbruch zu einer Reise seine Sklaven rief und ihnen sein Vermögen zur Verwaltung übergab. 15 Dem einen gab er fünf Talente, dem nächsten zwei, dem dritten eins, jedem nach seiner Tüchtigkeit. Dann reiste er ab. 16 Sofort ging der mit den fünf Talenten los, machte mit ihnen Geschäfte und erwirtschaftete weitere fünf hinzu. 17 Ebenso erwirtschaftete der mit den zwei Talenten weitere zwei.  18 Der mit dem einen Talent ging los, grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Besitzers. 19 Nach langer Zeit kommt der Besitzer dieser Sklaven und rechnet mit ihnen ab. 20 Der mit den fünf Talenten trat herzu und brachte weitere fünf mit den Worten: ‚Herr, du hast mir fünf Talente übergeben, hier sind die weiteren fünf, die ich erwirtschaftet habe.’ 21 Sein Besitzer sprach zu ihm: ‚Richtig gemacht, du guter und treuer Sklave. Du warst im Kleinen zuverlässig, ich beauftrage dich nun mit einer großen Aufgabe. Du bist eine Freude für deinen Besitzer. 22 Der mit den zwei Talenten trat herzu mit den Worten: ‚Hier sind die weiteren zwei, die ich erwirtschaftet habe.’ 23 Sein Besitzer sprach zu ihm: ‚Richtig gemacht, du guter und treuer Sklave. Du warst im Kleinen zuverlässig, ich beauftrage dich nun mit einer großen Aufgabe. Du bist eine Freude für deinen Besitzer.’ 24 Auch der mit dem einen Talent trat herzu und sprach: ‚Herr, ich wusste, dass du ein harter Mensch bist, der erntet, wo er nicht gesät hat, und einsammelt, was er nicht ausgeteilt hat. 25 Ich bin aus Furcht vor dir losgegangen und habe dein Talent in der Erde versteckt. Hier hast du dein Geld zurück.’ 26 Der Besitzer antwortete ihm: ‚Du böser und fauler Sklave, du wusstest also, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und einsammle, was ich nicht ausgeteilt habe? 27 Du hättest also mein Geld zur Bank bringen sollen. Dann könnte ich jetzt mein Eigentum mit Zinsen zurückbekommen. 28 Nehmt ihm das Talent weg und gebt es dem mit den zehn Talenten. 29 Die schon etwas haben, denen wird mehr gegeben, sogar bis zum Überfluss. Die nichts haben, denen wird das Wenige, das sie haben, noch weggenommen. 30 Werft diesen nutzlosen Sklaven in den finstersten Kerker. Dort wird er schreien und vor Todesangst mit den Zähnen knirschen.’

Pfr.: „Lob sei dir Christe!“
ORGEL & GEMEINDE „Lob sei dir, o Christe“

GLAUBENSBEKENNTNIS

LIED EG 497,1.3-9 Ich weiß, meinGott, dass all mein Tun

PREDIGT
„Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt ! Amen.“

Liebe Gemeinde, die Bibel steckt immer wieder voller Überraschungen.

Man kann Texte immer wieder lesen und denkt: Hm, soll da wirklich noch etwas stehen, was ich noch nicht weiß? Und dann plötzlich, lesen Sie ihn noch einmal, und sie merken, da steckt noch viel mehr und vielleicht sogar ganz anders drin, als man bisher gedacht hat.

So ist es mir mit dem Predigttext heute gegangen. Bei Matthäus 13,44-46 heißt es…

44 Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker. 45 Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, 46 und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.

Zweimal wird etwas Wertvolles gefunden, das eine mal ein Schatz, das andere mal eine Perle. Und beide Male wird der Himmel damit verglichen. Was soll uns das nun sagen?

Es gibt mehrere Möglichkeiten:

Z.B.: Der Himmel ist so wertvoll, dass man dafür alles andere liegen lässt. Viele Menschen haben das auch so gemacht. Nur: Ich habe Frau und drei Kinder, wenn ich die liegen ließe, alles was ich habe verkaufe, und mich auf den Weg mache, vielleicht als Wanderprediger: Sie würden sagen: Herr Kehren, als Pfarrer sind Sie nicht glaubwürdig, wenn sie die Familie verlassen und uns von Gottes Liebe und seiner Familie erzählen.

Oder: Man hat aus den Gleichnissen das Ideal der Armut herausgelesen:  Der Bauer hat nichts mehr, er hat nur noch den Acker mit dem Schatz. Und der Händler hat alles für die Perle gegeben, nun schaut er sie innig an, bis er verhungert ist, weil er nichts anderes mehr im Sinn hat als diese Perle. Ist Jesus wirklich so weltfremd, dass er so etwas gemeint haben soll?

Martin Luther hat dazu festgehalten, dass man das Evangelium und das Himmelreich geschenkt bekommt, allein aus Gnade und dass man nichts dazu tun könne. Das ist in gewisser Weise auch richtig. Aber mir scheint, dass man da noch nicht genau genug hingesehen hat.

Beide Gleichnisse haben etwas Anrüchiges an sich.

Der Arbeiter könnte ja auch sagen: Chef, ich habe hier einen tollen Schatz gefunden, ich habe ihn schon mal ausgebuddelt, bitte bediene dich.

Und der Händler könnte ja sagen: Sagen Sie mal, wissen Sie eigentlich, was Sie da für ein seltenes Exemplar haben? Also an Ihrer Stelle würde ich diese Perle beiseite legen, da können Sie locker das Zehnfache für verlangen!

Das könnten die beiden so machen. Aber sie machen es anders. Beide Gleichnisse, die etwas über den Himmel aussagen wollen, predigen zunächst einmal eine ganz erhebliche Portion Egoismus.

Jesus sagt nicht einfach: Der Himmel ist ja ungeheuer wertvoll, erzählt mal den anderen davon, damit die es gut haben…

Jesus sagt: Der Himmel ist ungeheuer kostbar, seht zu, dass ihr davon genügend ab bekommt, schaut nicht so sehr auf die anderen, dass die etwas davon bekommen, sondern greift erst mal selber zu. Der Himmel ist für euch! Für jeden einzelnen. Lasst euch den nicht durch die Finger gleiten. Haltet ihn fest!

Schauen wir noch einmal ganz genau hin. Erst müssen wir noch einmal darüber nachdenken, was da genau geschieht.

Dieser Händler, ist das ein Händler oder ist das ein Sammler?

Was meinen Sie, warum der diese Perle unbedingt haben will, warum der unbedingt alles andere verkauft, nur um an diese Perle heranzukommen?

Sammler oder Händler?

Ich behaupte: Der war Händler und er blieb Händler. Der hat die Perle nicht gekauft, um von da an in Sack und Asche – aber mit einer tollen Perle – durch die Welt zu gehen.

Der wollte ein Geschäft machen.

Wenn ein Perlenhändler alles zusammen kratzt, um eine wertvolle Perle zu kaufen, dann doch deshalb, weil er sie mit Gewinn wieder verkaufen will!

Und der Ackerbauer mit seinem Schatz: Der wird doch nicht andächtig vor seinem Acker sitzen und darüber meditieren, wie toll das ist, dass er nun einen Acker hat, in dem ein toller Schatz vergraben ist. Der wird als allererstes den Schatz ausgraben, und nun zusehen, dass er damit etwas bewirkt. Erst einmal mit seiner Frau essen gehen, Menschen anstellen, die nun für ihn arbeiten und seinen Reichtum vermehren. So wie er früher für andere gearbeitet hat und damit deren Reichtum vermehrte.

Aber was sollen uns diese beiden Gleichnisse sagen? Was haben sie mit uns zu tun? Was hat der Himmel mit uns zu tun? Was können wir heute mitnehmen aus diesem Gottesdienst?
Wofür ist der Himmel gut?
Und was ist für uns der Himmel?
Und was hat beides miteinander zu tun?

Komische Frage: Wofür ist der Himmel gut?
Der Himmel ist der Himmel, wir sprechen vom „7. Himmel“, oder vom „Himmel auf Erden“: Da geht es uns gut, da müssen wir uns keine Sorgen machen, da haben wir ausgesorgt…

Aber was ist für uns der Himmel?
Dazu gehört wahrscheinlich das Leben nach dem Tod! Das ist ganz wichtig! Das ist die Zuversicht, dass nicht alles aus ist, dass wir bei Gott geborgen sind…
Der Himmel, das ist auch Erfolg, das ist ein gesundes Selbstwertgefühl trotz aller Schwächen und Mängel, die uns als Menschen auszeichnen.
Der Himmel, das ist das Selbstbewusstsein: „Ich bin ein Kind Gottes. Ich bin ein Ebenbild Gottes, Gott hat mir seine Verantwortung gegeben.

Bekommen wir den Himmel geschenkt?

Diese Auslegung stimmt schon: Weniger findet der Ackermann den Schatz, sondern der Schatz findet ihn. Weniger findet der Händler die Perle, als die Perle ihn. Aber ist dieser Unterschied wichtig?

Mir scheint: Die beiden erhalten plötzlich und unerwartet eine ungeheure Chance. Was machen sie damit?

Ich lese den Text auch ganz persönlich in einer Zeit, in der meine eigene Arbeitsstelle in eineinhalb Jahren auslaufen wird. Bin ich vor Angst wie gelähmt? Oder tue ich treu meine Pflicht? Wenn sich eine Chance auftut, pflüge ich einfach den Acker weiter und lasse den Schatz links liegen? Rechne ich damit, dass ich auf einen Schatz stoßen könnte?  Oder sagen wir: Ist mir zu unsicher, ich pflüge meinen Acker zu Ende, und das mit dem Schatz hat ja sowieso keinen Zweck?
Oder sage ich mir: An dieser Perle kann ich zwar ein Vermögen verdienen, aber bis ich das Geld zusammen habe, um diese Perle kaufen zu können, hat der jetzige Besitzer sie bestimmt lange verkauft, und dann habe ich alles Geld flüssig gemacht, mein Haus verkauft, und alles war umsonst…

Ich lese aus diesen Gleichnissen: Wag etwas, um den Schatz zu bekommen. Richte dich nicht zu fest ein.
Wenn du der Meinung bist, da bist du auf einen Schatz gestoßen, warte nicht, bis die anderen ihn haben, sondern mach dich auf! Sei selbstsüchtig! Diese Chance bekommst du nie wieder!

Aber was können das für Schätze sein?
Wir wissen alle, die Renten sind nicht mehr sicher.
Jungen Menschen muss man empfehlen, gründlich vorzusorgen.
Finanzielle Schätze sind wichtig und nützlich und sollen nicht verachtet werden. Auch die Gesundheit ist wichtig. Was passiert, wenn man nicht mehr arbeiten kann? Fachleute empfehlen uns eine Berufsunfähigkeitsversicherung.

Geld und Gesundheit sind zweifellos wichtige Schätze. Was tun wir dafür? Ich schaue mich selbstkritisch an, denke an die Bemerkung im letzten Altenheim-Gottesdienst, dem ersten nach dem Urlaub, wie eine ältere Dame mich kritisch ansah und sagte: Herr Kehren, Sie sind auch etwas dicker geworden.

Wenn die Gesundheit ein wichtiger Schatz ist: Tue ich genug dafür?
Wenn die Ausdauer und die Kraft in den Beinen wichtig sind, damit ich im hohen Alter nicht stürze und mir den Oberschenkelhals nicht breche: tue ich genug dafür, um meine Muskeln und Knochen zu trainieren und mir zu erhalten?
„Ach, für mich ist das nichts – sollen doch die anderen…“  Ja ist das mein Oberschenkelhals, der bricht, wenn ich unsicher werde? Oder ist das ein anderer? Wenn es mir wichtig ist, wenn es mir wirklich wichtig ist, wenn dort mein Schatz ist, dann tue ich etwas dafür!

Aber sind Gesundheit und Geld die einzigen Schätze, die wichtig sind?

Wie sieht es aus mit meinen sozialen Kontakten?
Wie sieht es aus, wenn ich alt werde, wenn ich gepflegt werden muss?
Wer besucht mich dann? Wer singt mit mir? Wer liest mir die Zeitung vor? Wer erträgt meine Alzheimer-Demenz und geht so mit mir um, dass ich auch dann noch menschenwürdig lebe?
Wer betet mit mir? Wer hält meine Hand?

In vielen Gesprächen mit jüngeren Menschen höre ich: So möchte ich nicht enden. Und sie meinen: Dann möchte ich mir lieber das Leben nehmen.

Man könnte ja auch die Perspektive umdrehen:

Ist es nicht ein großer Schatz, wenn man Menschen hat, die einen auch dann betreuen, wenn nicht nur die körperlichen Kräfte schwinden, sondern auch die geistigen Kräfte?
Das ist doch ein riesiger Schatz! Das ist doch ungeheuer wertvoll für mich! Um an diesen Schatz zu gelangen, unternehme ich Anstrengungen. Da warte ich nicht, bis andere mir diesen Schatz wegschnappen, da greife ich selber zu!

Aber was kann ich denn tun?

Beim Ackerbauer ist es ganz einfach: Der verkauft alles, was er hat, und kauft den Acker, damit er an den Schatz kommt. Wenn er erst einmal den Schatz hat, kann er sich alles andere zurückkaufen und noch viel mehr.
Beim Händler ist das ebenso: Er muss sein Vermögen flüssig machen, damit er das Geschäft seines Lebens machen kann: Die kostbare Perle kaufen, zum wirklichen Wert verkaufen…

Aber wie kaufe ich die Hand, die mir am Lebensende über die Stirn streichelt?
Wie mache ich meine Liebe und Zuneigung so flüssig, dass ich damit an die Liebe und Zuneigung anderer Menschen komme, wenn ich alt werde?

Vielleicht ist der Unterschied zum Schatz im Acker gar nicht so groß!

Was macht denn genau dieser Ackermensch?

Er bringt all seine Habe an die Menschen. Wie oft wird er gesagt haben: Dieser Stuhl ist eigentlich mehr Wert, aber ich brauche jetzt dringend das Geld, damit ich an den Schatz komme. Wie oft mag er mit seinem Preis herunter gegangen sein, wie oft mag er zu preiswert verkauft haben. Damit er an das Geld kam für den Acker, hat er seinen Besitz unter die Leute gebracht!

Kann das nicht im Vergleich heißen: Wir müssen unsere Liebe und Zuneigung unter die Leute bringen?

Kann es nicht heißen: Wir geben unsere Liebe auch mal zu preiswert ab, ohne den Gegenwert zu bekommen, aber dafür haben wir hinterher einen Schatz, für den es sich gelohnt hat?

Als Vertreter der Kirche ist man immer auf der Suche nach Ehrenamtlichen, die etwa für andere tun. Und meistens appelliert man an das soziale Gewissen. Da ist jemand bedürftig und braucht Hilfe. Willst du ihm nicht helfen?

Von den beiden Gleichnissen heute kann man die Sache auch herum drehen: Was ist es dir wert, in Notsituationen oder im Alter Hilfe zu bekommen? Ist das nicht ein riesiger Schatz? Was kannst du heute dafür tun?

Wenn du dich heute im Heim engagierst, wenn du heute dazu beiträgst, dass Menschen im Rollstuhl in den Gottesdienstraum geschoben werden, wenn du heute dazu beiträgst, dass dies wieder ganz normal wird in unserer Gesellschaft, wenn du mitmachst und andere mitziehst, erwirbst du dir vielleicht einen riesigen Schatz, der dir hilft, deinen Lebensabend angemessen zu verbringen.

Ja, wir brauchen Ehrenamtliche. Ja, wir brauchen z.B. auch Presbyterinnen und Presbyter. Aber ich möchte nicht mehr an Ihr soziales Gewissen appellieren, sondern an Ihren Egoismus!

Wenn es Ihnen ein Schatz ist oder eine wertvolle Perle, dass gute Entscheidungen für die Gemeinde getroffen werden, dann bewerben Sie sich um das Presbyteramt, weil Sie etwas für Ihren Schatz tun.

Wenn für Sie ganz wichtig ist, dass Sie am Ende Ihres Lebens gute Sterbebegleitung durch Hospizhelfer bekommen, dann gehen Sie in die Hospizhilfe. Dann lassen Sie sich ausbilden, dann helfen Sie, andere Menschen auszubilden. Setzen Sie Ihr Vermögen ein, auch ihr Vermögen an Kraft und Zeit, damit Sie das bekommen, was wichtig ist für Sie.

Wenn Kinder und Familie für Sie wichtig sind, dann nehmen Sie sich Zeit dafür. Wenn die Enkel für Sie wichtig sind, dann lassen Sie auch mal ein Ehrenamt sein und nehmen sich die Zeit für die Kinder und die Enkel.

Wir lernen in der Kirche immer, wie wichtig es ist, selbstlos zu sein.
Heute treffen wir auf zwei Gleichnisse, die sagen: Der Himmel (egal, was das nun konkret ist), der ist so wertvoll und kostbar: Tu etwas dafür! In deinem eigenen Interesse!
Wenn es um den Himmel geht: Sei Egoist!
Tu nicht alles zuallererst für die anderen! Tu es für Dich! Wenn du nicht dafür sorgst, dass du an deinen Schatz gelangst, wird es auch niemand anderes für dich tun!

Dass wir dabei nicht über Leichen gehen, versteht sich von selbst.

Und dass die anderen von unserem Egoismus profitieren, schadet doch nichts!

Wenn wir uns dafür einsetzen, dass Menschen zum Beispiel in den Kapelle des Heims kommen, damit wir später einmal selber von diesem Bringedienst profitieren, das ist doch in Ordnung.
Wenn wir uns jetzt für eine sauber Luft einsetzen und dafür, dass der Klimawandel nicht so extreme Folgen hat, da haben doch auch andere etwas davon.

Aber wir tun es nicht auch reiner Nächstenliebe, sondern eben auch aus Eigenliebe. Weil wir es nicht ertragen können, dass unser Enkelkinder einmal leiden.

Die beiden Menschen aus unseren beiden Gleichnissen stoßen auf etwas, das wertvoll für sie ist.  Da kann es große Überraschungen geben.  Wir können auf Schätze stoßen, mit denen wir nicht gerechnet haben.
Das kann ein Sechser im Lotto sein, aber eben auch das Gebet am Sterbebett.
Das kann ein guter Handel sein, mit dem wir nicht gerechnet hätten, aber auch ein Gottesdienst in einem Altenheim.
Das kann etwas sehr Materielles sein, aber auch etwas Ideelles wie eine Gesellschaft, die liebevoll mit psychisch kranken, körperlich behinderten oder dementen älteren Menschen umgeht.

Wenn wir merken: Da ist ein wichtiger Schatz für uns, dann sollten wir uns auf den Weg machen, dann sollten wir nicht locker lassen, dass wir diesen Schatz auch bekommen.

Motivationsexperten sagen auf ihren Seminaren: Wir brauchen Ziele, sonst leben wir nur so vor uns her. Wenn wir Ziele haben und die richtigen Schritte auf sie zugehen, dann können wir auch Erfolg haben. Wenn wir einen Schatz finden, dann sollten wir auch zusehen, dass wir ihn bekommen und die richtigen Schritte darauf hin tun.

Denn der Himmel ist nicht etwas Tolles für alle anderen.
Der Himmel ist auch genau für Dich. Du bekommst ihn geschenkt.
Was ist Dein Schatz? Was ist der Himmel für dich?
Und was musst Du dafür tun, damit du dieses Geschenk auch bekommst?

KANZELSEGEN

„Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all‘ unsre Vernunft, bewahre unsre Herzen und Sinne in Christus Jesus!“

LIED 229(,1-3) Kommt mit Gaben und Lobgesang

Abendmahl

DANKGEBET UND FÜRBITTEN

Danket dem Herrn, denn er ist freundlich
und seine Gnade währet ewiglich.

Guter Gott, du hast uns den Himmel ganz nahe gebracht. Wir freuen uns über das neue Leben, das du uns geschenkt hast. Wir freuen uns über alle Schätze, die du uns gebracht hast. Du bringst das Leben in seiner ganzen Fülle. Wir können dabei sein, wie wir sind. Und trotzdem lässt du uns nicht, wie wir sind. Du möchtest, dass wir uns auf den Weg machen. Du möchtest, dass wir Dinge los lassen können und uns ganz darauf konzentrieren, was uns wichtig ist. Damit wir die ganze Fülle deines Lebens erhalten, die du uns verheißen hast. Darum bitten wir um deinen Frieden. Nicht nur um inwendigen Frieden, sondern um Frieden zwischen den Menschen. Um das Ende von Angst und Not, von Krankheit und Tod. Sei du bei unseren Angehörigen, bei unseren Nachbarn und Freunden, bei allen Menschen unserer Gemeinde, bei allen Menschen in der Welt, dass wir alle merken, dass wir schon jetzt Anteil haben an deinem Mahl, an Brot und Wein: Weil du uns einlädst und bei uns bist. Amen

LIED EG 228(,1-3) Er ist das Brot, er ist der Wein

SENDUNG UND SEGEN
Gehet hin im Frieden des Herrn.
ORGEL & GEMEINDE „Gott sei ewiglich Dank.“
Der HERR segne dich und behüte dich;
der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
+ Orgel und Gemeinde „Amen.“

MUSIKALISCHES NACHSPIEL

Altenheim-Gottesdienste

Predigten aus dem Altenheim finden Sie hier keine. Das liegt einfach daran, dass ich diese Predigten so gut wie alle frei halte und daher keine fertigen Texte habe, die ich ins Internet setzen könnte.

Zur Zeit [Anmerkung: Dieser Text entstand ca. 2009] feiere ich zwei Arten von Gottesdiensten:

  • Taize-Andachten für Menschen mit einer Demenz
  • Etwas gekürzte Abendmahlsgottesdienste mit vielen traditionellen, auch gesungenen liturgischen Anteilen.

Taize-Andachten

Diese Andachten werden mit einigen Ehrenamtlichen und Pflegenden für die schwerer dementen Bewohnerinnen und Bewohner gehalten. Sie haben einen relativ festen Ablauf und dauern etwa 20 bis 25 Minuten. In den Wohngruppen wird ein Tisch mit Tüchern, Kerzen, einem Kreuz und Dekomaterial festlich gestaltet. Die Wiederholungen der Taize-Lieder tun den Menschen – Bewohnern wie Pflegenden – sichtlich gut. Bei einem der Lieder wird der Handrücken gesalbt: Es ist ein Gottesdienst für alle Sinne: Hören, Sehen, Riechen, Hautkontakt spüren.

Als Pfarrer oder Pastor habe ich vor allem gelernt, mit Worten umzugehen und zu predigen. In den Taize-Andachten geht es um eine Form der Kommunikation, die viel mehr das Gefühl anspricht: Das ist die Ebene, auf der Menschen mit einer Demenz sehr gut kommunizieren können. Angeregt zu dieser Form der Gottesdienste wurde ich von Mechthild Lärm. Ehrenamtliche Besucherinnen und Besucher singen und gestalten die Andacht mit, bei der die Lieder mit der Konzertgitarre und nach Möglichkeit weiteren Instrumenten begleitet werden. Auf diese Weise haben sie auch einen leichteren Zugang zu einer für Außenstehende manchmal auch sehr belastenden Situation im Altenheim.

Nicht zuletzt tut diese Form auch den Mitarbeitenden gut, die ihre Bewohnerinnen und Bewohner in dieser Andacht begleiten.

Abendmahlsgottesdienste

Sie bestehen aus möglichst vielen alten bekannten Elementen.

Begrüßung, Lied, Psalm 23 mit gesungenem “Ehr sei dem Vater und dem Sohn…” freiem Tagesgebet, Glaubensbekenntnis, Lied, Predigt, Lied, Abendmahl mit vielen gesungenen Teilen, Einzelsegnung, Segen, “Großer Gott, wir loben dich”.

Selber würde ich gerne etwas mehr modifizieren, aber die alten Texte bieten den Gottesdienstbesuchern ein wichtiges Stück “Heimat”. Seit den Erfahrungen mit den Taize-Andachten begleite ich die Gottesdienste auch nicht mehr mit der Schlaggitarre, sondern mit der Konzertgitarre und einem einfachen Zupfmuster. (Nur In einem meiner Heime wird der Gottesdienst von einem Pianisten begleitet.)

Für die Predigten versuche ich nach Möglichkeit, ein kleines Stück Anschauungsmaterial mitzubringen: Eine Postkarte (die man dann auch mit auf das Zimmer nehmen kann), eine Handpuppe oder auch eine der Erzählfiguren aus dem Bistum Aachen, weil man mit ihnen so gut Gefühle ausdrücken kann. Weihnachten 2005 hatte ich für jeden einen kleinen Esel aus gedrechselten ”Reifentieren” aus dem Erzgebirge mitgebracht, und noch heute finde ich das kleine Tier auf vielen Nachtschränken in den Zimmern liegen. Dank Laserdrucker und Elektronischem Gesangbuch kann ich schnell und unkompliziert die Liedtexte in extrem großer Schrift abdrucken, so dass auch Menschen mit stärkerer Sehbehinderung die Worte noch entziffern können. An hohen Feiertagen benutze ich “Gemeindebrief-Mantelbögen”, um darauf die Liedtexte zu drucken. So haben die Besucherinnen und Besucher ein dem Feiertag angemessenens “Mitbringsel”, das oftmals noch lange Zeit aufgehoben wird.

Die frohe Botschaft des Evangeliums soll den zuhörenden Menschen in ihrer Alters- und Heimsituation gepredigt werden. Sie sollen nicht allein bleiben, wenn sie Bilanz ziehen und hoffnungsvoll in die Zukunft, nicht mehr in die ferne Zukunft, sondern auf die nächsten Monate oder auch immer nur auf die nächsten Tage (vgl. Ursula Schmitt-Pridik, Hoffnungsvolles Altern – Gerontologische Bibelauslegung, Neukirchen 2003). Einige haben sicherlich aufgrund von Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz schon am Ende des Gottesdienstes vergessen, wovon die Predigt handelt. Aber in ihrem emotionalen Gedächtnis bleibt diesen Menschen das Gespür für die Atmosphäre in ihrem Gottesdienst und sie merken (und sagen das auch), dass sie einen schönen Gottesdienst erlebt haben.

Die Form der Einzelsegnung habe ich erst nach meiner Einführung in den Dienst als Altenheimseelsorger in Bad Münstereifel kennengelernt. Für einige der Gottesdienstbesucher ist dies die dichteste Form der Feier, fast noch wichtiger als das Abendmahl. Zu Beginn habe ich mit Händeauflegen gesegnet. Allerdings ist dies bei durchgängig sitzenden Menschen immer “von oben herab”. Seit einiger Zeit habe ich von einem Kollegen eine Form “auf Augenhöhe” übernommen: Ich gehe vor dem sitzendenden Bewohner oder der Bewohnerin in die Hocke und halte nun seine Hände. Wer möchte, bleibt mit dem Segnenden in Augenkontakt, und wer die Situation nicht versteht, hat dem Pastor einfach die Hand gegeben. Der Segensspruch greift meistens einen Gedanken der Predigt auf und endet mit der trinitarischen Form. Im Ostergottesdienst lautete er zum Beispiel: “Jesus spricht: Ich lebe und du sollst auch leben. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.”

Das Abendmahl gestalte ich als Intinctio. Einzelkelche sind bei einem Dienst in fünf verschiedenen Heimen relativ unpraktisch. Am liebsten hätte ich den Gemeinschaftskelch, aber das lässt sich im Heim aus hygienischen Gründen schlecht realisieren. Aber in jedem Gottesdienst findet sich ein Besucher oder Helfer, der noch gut zu Fuß ist und den Kelch tragen kann, in den ich dann die Oblate tauche.

Geist und Bibel – Bibel fordert zum Widerspruch

Wie wörtlich muss man die Bibel nehmen? Darf man ihr auch einmal widersprechen? Die Bibel selbst fordert zum Widerspruch heraus.

Der Geist macht lebendig (2. Korinther 3,2-9)
20. Sonntag nach Trinitatis – Reihe 6

Predigt am 13. 10.2002 in der Versöhnungskirche, Essen
Pfarrer z.A. Bernd Kehren

Liebe Gemeinde,

der Predigttext heute ist spannend, ungemein spannend.
Er stellt uns eine Art Falle.
Man kann ihn lesen und hören und sagen: Ja ja, alles richtig, und man kann das Gefühl haben: Wenn ich dem Text und den Buchstaben darin überall zustimme, dann mache ich nichts verkehrt.
Und genau in diesem Moment schnappt die Falle zu und wir müssen uns fragen, ob wir denn wirklich verstanden haben, als wir eben sagten: Ja ja, alles richtig…

Vorgestern habe ich zwei Menschen besucht, die kurzen Kontakt mit unserer Gemeinde hatten, und deren Leben deswegen eine völlig neue Wendung genommen hat. Sie lebten an der Flora, man kannte sie, wenn man genauer hinsah, mit einer Bierdose in der Hand, sie waren – nein, sie sind – Alkoholiker. Wie es genau passierte, ich weiß es nicht. Vielleicht, weil ich einen von ihren Kollegen einmal zu beerdigen hatte. So kamen wir ins Gespräch, zumindest mit dem einen. Der andere sprach ein Gemeindeglied an, bat um Hilfe. Der erste Kontakt war hergestellt. Zwei ganz unterschiedliche Menschen zu unterschiedlichen Zeiten.

Beide kamen in Kontakt zur Blau-Kreuz-Gruppe, die jeden Mittwoch im Gemeindezentrum tagt. Und beide Male hieß es: Ihr müsst auf Entzug, sofort, und wir kennen ein gute Anlaufstelle für die Therapie hinterher. Erst haben sie sich gesträubt. “Herr Pfarrer, wenn ich gewusst hätte, wohin sie mich bringen, ich wäre nie gekommen.” Und ich sagte nur: ”Der Tag heute wird noch ihr ganzes Leben verändern…”

Der eine hat zwar seine Therapie nicht ganz durchgezogen, aber er ist immer noch trocken, der andere ist noch mitten in der Therapie. Und ich bin überglücklich, weil sie es bis dahin geschafft haben. Und nun kommt der Punkt, warum ich ihnen davon erzähle:

Ich frage den einen, wie ihm denn die Therapie gefällt. „Ganz gut“, sagt er, „aber nicht alles. Ich könnte Ihnen Dinge erzählen…“

Um die Einzelheiten geht es jetzt nicht. Denn wir merken schnell: In der Therapie kann es nicht darum gehen, dass die Therapeuten immer lieb und nett sind. In der Therapie kann es nicht darum gehen, dass die Alkoholiker in Watte gepackt werden. Die Therapie muss sperrig sein und kantig. Den die Welt ist nicht glatt, sie ist nicht immer lieb und nett. Wenn die Therapie nicht zum Widerspruch herausfordert, denn gehen die Alkoholiker unter, wenn sie wieder in die tägliche Welt kommen, wenn sie wieder mit ihren Problemen konfrontiert sind, wenn sie selber gefordert sind, einmal “Nein” zu sagen, und wenn sie nicht stattdessen wieder ihren Frust mit Alkohol ersäufen sollen. Darum muss die Therapie auch Fallen stellen, Kanten bilden, zum Widerspruch herausfordern.

Unser Predigttext ist solch eine Therapie. Nicht für Alkoholiker, sondern für Gemeindeglieder. Und darum muss er uns kantig entgegenkommen, und wir müssen an diesem Text selber lernen, Widerspruch zu üben. Wenn wir das nicht machen, haben wir ihn noch nicht verstanden. Ich werde später darauf zurückkommen. Mal schauen, ob Sie merken, wo denn die Falle steckt.

Worum geht es?
Paulus hat die Gemeinde in Korinth gegründet, er hat von Jesus erzählt, die Menschen dort sind Christen geworden und haben sich – heute würde ich formulieren – taufen und konfirmieren lassen. Paulus hatte ihnen viel von Gott und Jesus erzählt. Und nun kommen andere und sagen: Alles Quatsch. Schaut euch doch mal den Paulus an. Wie der schon aussieht. Und wie der spricht. Der bekommt doch keinen Satz richtig zu Ende. Der kann doch gar nichts. Und habt ihr mal überprüft, wo der herkommt? Der war doch Christenhasser. Vor dem hat man doch gewarnt. Und auf den hört ihr? Hier, wir haben ein Zeugnis. Wir sind geprüft, schaut mal unsere Empfehlungsschreiben. Und was hat Paulus?
Paulus hat von all diesen Vorwürfen gehört, und nun schreibt er einen Brief, den zweiten Brief an die Korinther. Der Predigttext steht in Kapitel drei, die Verse 2 bis 9.

2. Kor 3,2-9 (Nach Klaus Berger)
2 Mein Empfehlungsbrief seid einfach ihr selbst,
denn da ich euch liebe, seid ihr in mein Herz geschrieben,
und das ist ein Brief, den alle erkennen und lesen können.
3 Dieser Brief ist von Jesus Christus verfasst, und ich bin nur der Überbringer.
4 durch Jesus Christus vertraue ich auf Gott, dass all dies wahr und gut ist.
5. denn ich bin ja nicht kraft meiner eigenen Vollkommenheit zu meinem dienst geeignet, sondern dadurch, 6 dass Gott mir die Fähigkeit geschenkt hat, den neuen Bund zu den Menschen zu bringen. Dieser Bund ist nicht mit Buchstaben, sondern dem Heiligen Geist aufgezeichnet. Der Buchstabe tötet, aber der Heilige Geist macht lebendig.
7 Die Bundesordnung, die mit Buchstaben in Stein eingemeißelt war, hat Menschen zum Tode verurteilt. Zwar hat Gott diese Ordnung, als er sie stiftete, mit dem Lichtglanz seiner Herrlichkeit ausgezeichnet, so dass die Israeliten Mose nicht ins Angesicht blickten, weil es so hell leuchtete von Gottes Feuerglanz. Aber dieser Glanz war vergänglich und wurde mit der Zeit immer schwächer.
8 Die neue Bundesordnung, die durch den Geist vermittelt wird, dagegen ist viel, viel herrlicher.
9 Denn wenn schon die Ordnung, die zum Tode verurteilt, mit soviel Herrlichkeit vermittelt wird, um wie viel leuchtender muss da die Ordnung vermittelt werden, die gerecht spricht.

Also, worum geht es? Und wo steckt die Falle?

Der Buchstabe tötet, aber der Geist, der Heilige Geist macht lebendig.

Wozu braucht Paulus Zeugnisse und Empfehlungsschreiben? Die Gemeinde, die er selbst gegründet hat, die ist seine Empfehlung. Nicht weil er es war, der sie gegründet hat: das hat alles Jesus durch seinen Geist selber gemacht. Paulus war nur das Werkzeug. Wie Werkzeuge so sind. Benutzt, kantig, nicht unbedingt hübsch, aber man kann sie gebrauchen. Paulus hat sich von Gott gebrauchen lassen. Er hat gestottert, sein Konfiunterricht hätte besser sein können, besonders hübsch war er auch nicht, egal: die Botschaft, die er hatte, die brachte Menschen zum Leben zurück. Und das so überzeugend, dass Paulus nur noch sagen konnte: Was für ein Zeugnis soll ich euch denn vorlegen: Schaut euch doch nur selber an. Was glaubt ihr? Was hofft ihr? Hat sich für euch nicht alles geändert? Geht es euch jetzt nicht gut? Buchstaben, auch Zeugnisbuchstaben können so viel kaputt machen. Auch Gesetzestexte, Gemeindeordnungen, und und und…

Aber wenn Gottes Geist uns beflügelt, wenn wir darauf hören, wie Gott uns lebendig macht, wenn wir nicht einfach nur den Buchstaben trauen, dann geht es uns gut, dann sind wir selber das Zeugnis, dann brauchen wir die Buchstaben nicht mehr, dann kann man unserem Leben ansehen, wie gut es uns geht mit diesem Glauben: Leute, ist das nicht wunderbar? Ist das nicht herrlich? Ist das nicht ein wunderbarer Glaube, den Gott uns gibt?

Da geht es nicht um ein paar hundert Mark Geschenke nach der Konfirmationszeit, vielleicht bei dem einen oder anderen auch ein paar Tausend Mark, da geht es um viel mehr, da geht es um das Leben selbst.
Und ich frage mich: Spürt man uns Älteren das noch ab?Paulus sagt: Ihr selbst seid der Brief. Vielleicht auch mit Ecken und Kanten, ihr fordert auch zum Widerspruch heraus, aber Gottes Geist ist in euch, ihr seid solch ein Brief, macht ihn auf, und lasst die Menschen in euch lesen. Der Tod hat keine Macht mehr. Ihr habt das Ewige Leben. Ihr müsst auch vor Krankheit und Tod keine Angst mehr haben. Euer Ziel ist das Leben, und das merken auch die anderen Menschen… Wunderbar.

Am liebsten würde ich jetzt aufhören. Christsein ist wunderbar, es geht um das Leben in all seiner wunderbaren Füllen, auch wenn man durch tiefe Täler geht, aber letztlich wird alles gut.

Und jetzt kommt die Falle. Und in der Geschichte unseres Christentums ist sie auf todbringende Weise zugeschnappt.
Paulus ist absolut vom Geist und vom Leben überzeugt. Leute, sagt er, das Gesetz und die Zehn Gebote, die Mose uns gebracht hat, die zeigen uns doch nur, wo wir versagen. Die zeigen uns doch nur unsere Fehler. Die bringen doch den Tod. Aber selbst die hatten doch göttlichen Glanz. Ihr kennt doch die Geschichte mit Mose. Wenn der mit Gott gesprochen hatte, dann war sein Gesicht so leuchtend, dass er nur mit einem Schleier verdeckt zu ertragen war. Das Gesetz und die Buchstaben, mit denen es in Stein gemeißelt war, war todbringend, aber selbst da konnte man Gottes Glanz leuchten sehen. Wieviel mehr leuchtet auf, wenn wir uns heute nicht auf die Buchstaben, sondern auf Gottes Geist verlassen?
Man spürt förmlich die Begeisterung von Paulus.
Das Gesetz, all die vielen Regeln, die dem Leben dienen sollen, die töten so oft das Leben. Verlasst euch auf den Geist, Gott macht das schon, von ihm kommt das Leben!

Und was ist draus geworden? Wir Christen haben die Buchstaben zu ernst genommen und den Geist zu wenig ernst. So wie die Buchstaben da stehen, muss man doch auf die Idee kommen, „mit dem jüdischen Glauben stimmt was nicht. Das sind die Heuchler und Pharisäer. Steht doch irgendwie so drin in unserer Bibel. Unser neues Testament bringt das Leben, im Alten Testament steckt der Tod. Leute, haltet euch lieber an das Neue Testament. Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.“

Schnack.

Haben Sie gemerkt, wie unsere Falle zugeklappt ist?

Eben noch waren wir mit Paulus voll davon begeistert, wie viel Leben die Frohe Botschaft von Jesus Christen bringen soll, und was haben wir gemacht? Wir haben den Buchstaben geglaubt, haben dem Paulus kein ”Nein” entgegen gerufen, haben – als Christentum – nicht laut erwidert: ”Das ist doch Antisemitismus, was du da machst!”
Sondern wir haben in Form von Martin Luther dazu aufgerufen, dass man Juden piesackt und aus der Stadt wirft, letztlich haben wir zum Holocaust und zur Judenvernichtung beigetragen.
Weil wir nicht sehen konnten, wie viel Glanz schon im alten Gesetz Gottes steckt, und wie viel Leben das Alte Testament schon selbst gebracht hat, und wie sehr Jesus daraus schöpfte, mit seiner Lehre. Jesus war Jude und blieb Jude. Sein Leben lang. Das Gesetz, von dem kein I-Punkt wegfallen sollte, das war das jüdische Gesetz. Das Alte Testament ist eben genauso gut wie das Neue Testament. Trotz aller Begeisterung für das Neue, das Jesus für Paulus gebracht hat.

Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.

Der Satz stimmt. Wir dürfen uns begeistern lassen, da steckt Extase drin. Ihr jungen Menscher hier traut uns alten vielleicht gar nichts mehr davon zu und versucht, selbst euren Weg ins Leben und in die Begeisterung zu finden.
Aber vor lauter Begeisterung darf man nicht den kritischen Blick darauf verlieren, wo denn der Buchstabe überall töten kann.
Antisemitismus geht viel zu oft auf solche wortwörtlichen Stellen zurück, die wir in der Bibel finden. Und der Buchstabe hat dann in der Tat ganz wörtlich getötet. Nicht nur, als es zu Hitlers Judenvernichtung kam. Auch vorher schon. Und Namen wie der von Adolf Stoecker aus Berlin erinnern daran, wie Christen zu fanatischen Antisemiten werden können.

Und da ist dann unser Nein gefordert. Wir haben Paulus und sein Wort vom Geist, der Leben bringt, erst dann verstanden, wenn wir ihm entgegen halten: Deine Buchstaben, dein Korintherbrief, der bringt den Tod, wenn wir das Alte Testament so abwerten, wie du es hier tust.

Das ist die Falle, oder vielleicht die Probe, auf die uns Paulus stellt.

Wenn wir einfach sagen: Jaja, der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig, und wir wollen ja lebendig sein, wir wollen doch das pralle Leben, dann haben wir das nur verstanden, wenn wir auch ”Nein” sagen, wenn wir Paulus erwidern: Deine Buchstaben können auch zum Tod führen, auch deine Buchstaben sind nicht alles, der Geist führt uns in einer andere Richtung, er führt zum Leben, und das geht –  wenn wir an die Juden denken – nur mit ihnen zusammen, nicht gegen sie.

Wenn wir den Predigttext heute richtig verstehen wollen, dann müssen wir uns daran reiben. So wie die Alkoholiker am Anfang, die die Therapie erst dann zum Erfolg bringen, wenn sie dem Widerstand der Therapeuten nicht ausweichen, sondern auch einmal Nein sagen, das gefällt mir so nicht, das muss doch anders laufen. Und ich greife nicht zur Flasche oder zur Tablette, ich stehe zu meinem Nein, ich bleibe beim Leben.

So müssen wir uns dran reiben und sagen: so geht das nicht. Es geht um das Leben in seiner ganzen Fülle, und damit hat Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit bei uns keinen Platz. Selbst wenn man etwas davon in der Bibel finden könnte.

Zwei Beispiele zum Schluss.

Eine meine ergreifensten Beerdigungen war die eines Homosexuellen. Seinen todkranken Partner hat er gepflegt wie ein Ehepartner. Er hat zu ihm gehalten bis zum Schluss. Drei Jahre später war er selber tot. Wie soll ich das bewerten?

Es gibt Paulusworte in der Bibel, die klar sagen, dass Menschen, die ihre Homosexualität auch leben, nicht in den Himmel kommen. Und es gibt immer noch die Meinung in der Kirche, dass deswegen Homosexuelle keine Pfarrer sein können oder Mitarbeiter in einem CVJM. Und ich muss sagen: wenn ich die Bibel wörtlich nehme, dann stimmt das. Dann muss ich mich entsprechend engagieren, muss Aufklärungsarbeit betreiben, und vieles mehr, und wenn jemand sagt, ”du, ich bin schwul und ich habe mich verliebt”, dann darf er (oder sie) die Kindergruppe oder sonst was nicht mehr leiten, denn es steht im Widerspruch zum Buchstaben der Bibel.

Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.

Wir haben Paulus erst dann verstanden, wenn wir unser Nein formulieren, auch zu Bibel-Buchstaben – dann, wenn sie töten und wenn sie das Leben verhindern.

Unsere frohe Botschaft von der Liebe Gottes zu uns Menschen steht für das Leben. Gott selber ist in den Tod gegangen, damit wir auferstehen und leben und lieben.

Und ich soll einem Menschen sagen: du durftest deinen Partner, den du bis zum Tod gepflegt hast, nicht lieben? Wenn ich das mache, dann töte ich mit dem Buchstaben. Dann tappe ich in die Falle, dann habe ich noch nichts verstanden von Gottes Geist, der das Leben bringt.

Dasselbe gilt beim Thema Ehescheidung aus dem heutigen Evangelium (Markus 10,2-9).

Es ist ganz klar: was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden. Es lohnt sich immer, um eine Ehe zu kämpfen. Wenn da Leute zusammenkommen und eine Diskussion anfangen, ob das denn wirklich so geht und ob das überhaupt praktikabel ist, dann kennt Jesus keinen Widerspruch. Ehescheidung gibt es nicht. Aber das ist nur der eine Teil der Wahrheit. Denn auch Jesus weiß, dass Ehepartner an Grenzen kommen, die sie zerstören. Dass an solchen Grenzen der Buchstabe tötet. Und dass beide – und auch die Kinder – die Chance haben sollen, zum Leben zu finden. Und dass ein Neuanfang vielleicht der bessere Weg ist, und darum spricht er vom Trennungsbrief des Mose, wenn sich unsere Herzen zu sehr verhärtet haben.

Wie war das mit Paulus? Er war nicht perfekt, und auch wir sind nicht perfekt. Gott liebt uns trotzdem und er will, dass es uns gut geht, dass wir zum Leben kommen, dass wir singen und tanzen und uns des Lebens freuen.

Darum halten wir eben nicht mehr an jedem Buchstaben fest, darum lassen wir uns begeistern – und sagen auch einmal Nein, wenn Buchstaben töten.

Denn wir sind Gottes lebendige Briefe, mit denen er uns und alle anderen Menschen auch zum Leben führen will.

Um nichts weniger geht es: Um das Leben in seiner ganzen Fülle.

Amen.

Gerechtigkeit statt Rache

16.09.2001
Gerechtigkeit statt Rache
Gottesdienst nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center
Evangelische Versöhnungskirche Essen-Rüttenscheid, 10.00 Uhr
Pfarrer z.A. Bernd Kehren

Vorspiel: Kyrie eleison (Kanon zu drei Stimmen)

Begrüßung

Herzlich willkommen heute zu diesem Gottesdienst.

Ich habe die Bilder von Dienstag immer noch vor Augen.

Erst das brennende World Trade Center, und der Interviewpartner des WDR sagte, mit Flugzeugen könne das nichts zu tun haben.

Und dann nach dem Konfirmandenunterricht die Nachricht: Zwei Passagierflugzeuge haben die beiden Türme gerammt. Tausende von Toten.
Zu diesem Zeitpunkt noch: Zigtausende von Toten.

Im Jugendclub Gazonga lief der Nachrichtensender.

Blankes Entsetzen. Wie kann das nur sein?

Am Morgen ging der Vater, die Mutter, der Freund, die Freundin wie immer aus dem Haus. Nun sind sie tot.

In Psalm 46,2-3 heißt es:
Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben, darum fürchten wir uns nicht.

Im Vertrauen darauf wollen wir heute Gottesdienst feiern.

Ich habe vor allem Friedenslieder herausgesucht, weil ich meine, dass Christen einen ganz bestimmten Auftrag haben, mit solchen unfassbaren Aggressionen umzugehen.

Davon wird dieser Gottesdienst geprägt sein, ebenso auch der Jugendgottesdienst am kommenden Samstagabend, zu dem ich Sie alle – besonders aber natürlich euch Jugendliche und eure Eltern – herzlich einlade.

Abkündigungen

Eingangslied
Gib Frieden, Herr, gib Frieden
(Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe Rheinland, Westfalen, Lippe Nr. 430)

ERÖFFNUNG
Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat,
der Bund und Treue hält ewiglich
und der nicht preisgibt das Werk seiner Hände.
Amen.

Eingangspsalm
Wir sprechen gemeinsam im Wechsel aus Psalm 37
unter der Nummer 719:

Befiehl dem Herrn deine Wege
und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen
und wird deine Gerechtigkeit heraufführen wie das Licht
und dein Recht wie den Mittag.
Sei stille dem Herrn und warte auf ihn.
Entrüste dich nicht, damit du nicht Unrecht tust.
Bleibe fromm und halte dich recht;
denn einem solchen wird es zuletzt gut gehen.
Der Herr hilft den Gerechten,
er ist ihre Stärke in der Not.

Kommt, lasst uns anbeten:
Gemeinde
Ehr‘ sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Gebet und stilles Gebet
Gott,
niemand ist hier, egal ob kleines Kind oder Erwachsener,
der nichts von diesem schrecklichen Unglück mitbekommen hat.
Manche von uns haben die Nächte am Fernseher verbracht,
um die neuesten Nachrichten zu erfahren.
Viele von uns haben Angst, wie es weitergehen soll.
Im Stillen Gebet versuchen wir nun, dir Gott von unseren Ängsten zu erzählen.

[STILLE]

Gott, du hörst uns. Darum bitten wir:
„Herr, erbarme dich.“

Gemeinde
Herre Gott, erbarme dich. Christe erbarme dich, Herre Gott, erbarme dich.

Zuspruch
Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben, darum fürchten wir uns nicht und singen:

Gemeinde
Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen.
Wir loben, preis’n, anbeten dich, für deine Ehr wir danken, dass du, Gott Vater, ewiglich, regierst ohn alles Wanken. Ganz ungemessn ist deine Macht, fort gschieht, was dein Will hat bedacht. Wohl uns des guten Herren.

Salutatio
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!

Gemeinde
Und mit deinem Geist.

Friedensgruß
So grüßt euch auch untereinander mit dem Gruß des Friedens. Wir haben ihn nötiger denn je.

Gemeinde (untereinander)
Der Friede Christi sei mit dir!

Verabschiedung der Kinder in den Kindergottesdienst
So singen wir heute auch die beiden letzten Strophen des Kindergottesdienstliedes, das Sie vorne in Ihren Gesangbüchern finden.
Die Kinder werden sich im Kindergottesdienstraum mit Gottes guter Schöpfung und seiner Erde beschäftigen.
3. Gott, der Vater und der Sohn und der Heil’ge Geist sei mit uns; sei mit uns bei Nacht und Tag, bei Traurigkeit und Freude.
La, la, la,  la…
4. Deinen Segen schenke uns, allen Menschen hier auf Erden.
Jede Stunde sei uns nah, Gott, Vater hoch im Himmel.
La, la, la, la…

Kollektengebet
Deinen Segen schenke uns,
allen Menschen hier auf Erden.
Gott, lass uns nicht aufteilen in Menschen,
die unsere Rache verdienen und Menschen,
die deinen Segen bekommen dürfen.
Wir vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit,
sondern auf deine große Barmherzigkeit
von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Gemeinde „Amen“

Schriftlesung
Wir hören die Schriftlesung aus Jesaja 32,9-17
9 Wohlan, … hört meine Stimme! … Die ihr so sicher seid, nehmt zu Ohren meine Rede!
10 Über Jahr und Tag, da werdet ihr Sicheren zittern; denn es wird keine Weinlese sein, auch keine Obsternte kommen.
11 Erschreckt, ihr Stolzen … , zittert, ihr Sicheren! Zieht euch aus, entblößt euch und umgürtet eure Lenden!
12 Man wird klagen um die Äcker, ja, um die lieblichen Äcker, um die fruchtbaren Weinstöcke,
13 um den Acker meines Volks, auf dem Dornen und Hecken wachsen, um alle Häuser voll Freude in der fröhlichen Stadt.
14 Denn die Paläste werden verlassen sein, und die Stadt, die voll Getümmel war, wird einsam sein, dass Burg und Turm für immer zu Höhlen werden, dem Wild zur Freude, den Herden zur Weide,
15 so lange bis über uns ausgegossen wird der Geist aus der Höhe. Dann wird die Wüste zum fruchtbaren Lande und das fruchtbare Land wie Wald geachtet werden.
16 Und das Recht wird in der Wüste wohnen und Gerechtigkeit im fruchtbaren Lande.
17 Und der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Ertrag der Gerechtigkeit wird ewige Stille und Sicherheit sein,
18 dass mein Volk in friedlichen Auen wohnen wird, in sicheren Wohnungen und in stolzer Ruhe.

GLAUBENSBEKENNTNIS
Liebe Gemeinde,
in besonderen Situationen bekennen wir unseren Glauben mit anderen Worten als denen des bekannten Apostolikums.
Ich möchte Sie bitten, im Gesangbuch den Heidelberger Katechismus aufzuschlagen auf der Seite 1352.
Dort finden wir die Erläuterungen zum sechsten Gebot:
„Du sollst nicht töten.“
Wir sprechen gemeinsam:

Frage 105
Was will Gott im sechsten Gebot?
Ich soll meinen Nächsten
weder mit Gedanken
noch mit Worten oder Gebärden,
erst recht nicht mit der Tat
auch nicht mit Hilfe anderer,
schmähen, hassen, beleidigen oder töten.
Ich soll vielmehr alle Rachgier ablegen,
mir auch nicht selbst Schaden zufügen
oder mich mutwillig in Gefahr begeben.
Darum hat auch der Staat den Auftrag,
durch seine Rechtsordnung das Töten zu verhindern.

Frage 106
Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?
Nein.
Gott will uns
durch das Verbot des Tötens lehren,
dass er schon die Wurzel des Tötens,
nämlich Neid, Hass, Zorn und Rachgier
hasst und dass alles für ihn heimliches Töten ist.

Frage 107
Haben wir das Gebot schon erfüllt,
wenn wir unseren Nächsten nicht töten?
Nein.
Indem Gott Neid, Hass und Zorn verdammt,
will er, dass wir unseren Nächsten lieben wie uns selbst,
ihm Geduld, Frieden, Sanftmut,
Barmherzigkeit und Freundlichkeit erweisen,
Schaden, so viel uns möglich, von ihm abwenden,
und auch unseren Feinden Gutes tun.

Kanzelabkündigung
des Präses unserer Evangelischen Kirche im Rheinland.

12. September 2001
Unbeschreibliches Leid ist durch die furchtbare Serie von Terroranschlägen in den USA über die Menschen gekommen.
Die menschliche Fähigkeit zum Bösen übersteigt alles, was wir uns vorstellen können. Die Schreckensbilder werden uns nicht mehr aus dem Sinn gehen.
Mit unseren Gedanken sind wir bei den Opfern, die ihr Leben oder ihre Gesundheit verloren haben.
Für Freitag, den 14. September 2001 haben die Evangelische Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz zu einem Friedens- und Gedenkgottesdienst in Düsseldorf eingeladen und dazu aufgerufen, auch vor Ort die Gemeinschaft im Gebet zu suchen.
Ich bitte Sie in diesen Tagen besonders um diesen wichtigsten Dienst, den wir Christinnen und Christen leisten können:

Beten Sie für die Opfer, für die Angehörigen und ihre Freunde.
Beten Sie für die Rettungskräfte, die weit über ihre körperlichen und seelischen Kräfte hinaus gefordert sind.
Beten Sie für die Politikerinnen und Politiker, von deren Urteilen und Entscheidungen so viel abhängt.

Untaten wie diese bringen neues Unrecht hervor. Wer auch immer hinter diesen Greueltaten steht, widerstehen Sie allen Versuchen, die allein den Islam als Weltreligion für diese Terroranschläge verantwortlich machen.
Gewalttäter, die ihre Taten religiös oder ideologisch begründen, irren. In Wahrheit sind sie den Götzen der Gewalt und des Fanatismus und des Hasses verfallen.
Stärken Sie alle Menschen, die sich für Vernunft und Verständigung einsetzen.
Suchen Sie das Gespräch, damit die Gräben des Hasses nicht noch tiefer werden.

Lassen Sie uns zusammen für ein Ende der Gewalt, für Gerechtigkeit und Frieden beten und arbeiten.
Manfred Kock

LIED EG 678 Wir beten für den Frieden

Predigt
Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt! Amen.

Liebe Gemeinde,

wenn wir uns jetzt Zeit nehmen würden, dass jeder von uns über die Ereignisse der letzten Wochen erzählen könnte, unsere Gottesdienstzeit würde nicht ausreichen.

Die einen schalteten zufällig genau in dem Moment den Fernseher ein, als die ersten Bilder vom brennenden World-Trade-Center gesendet wurden und dachten, einer der Weltuntergangsfilme würde diesmal nicht erst am Abend, sondern schon am Nachmittag gesendet.
Die anderen arbeiteten ganz normal weiter. Manche hatten von einem Flugzeugabsturz gehört, aber es klang so merkwürdig. Und dann sickerte ganz plötzlich die Erkenntnis durch: Da ist einer der schlimmsten Anschläge auf die Menschlichkeit geschehen, den wir alle jemals erlebt haben.
Immer wieder die Bilder vom Flugzeug, das fast durch das Hochhaus hindurch fliegt, immer wieder die Bilder vom Einsturz der Hochhäuser, die unter der Last der eingestürzten Etagen ganz in sich zusammen sackten.

Und nun die Nachrichten von den Menschen, die nach Freunden und Angehörigen suchen. Menschen, die genau wissen, dass niemand von ihren Arbeitskollegen überlebt hat, weil sie sich in den oberen Stockwerken, aus denen niemand mehr bis ganz nach unten gelangen konnte.

Wir sind entsetzt.
Wie kann das alles sein?
Das darf doch nicht wahr sein!
Gott, wo bist du? Gott, verlass uns nicht!

Wir fühlen mit den Opfern, wir fühlen mit den Überlebenden.
Wir fühlen mit den Amerikanern und stehen zu ihnen.
Sie brauchen uns. Wir wollen uns nicht entziehen.
Ich erlebe bei mir, wie emotional ich reagiere, wie mich das Entsetzten packt.

Doch dann klingen schrille Töne an mein Ohr.

Mein Mitgefühl können sie nicht hinwegwischen. Das bleibt.
Aber ich spüre Protest in mir aufkommen.

Ich höre von einem Kampf aller Guten gegen das absolute Böse.

Das absolute Böse ist schnell enttarnt: Alle diejenigen, die Tausende von Menschen mit einem Schlag umbringen und vor nichts zurückschrecken.
Und die Guten sind wir, wir, die wir keine solche Schreckenstaten vollbringen oder zulassen. Wir Guten müssen zusammenstehen, wir müssen das absolute Böse ausmerzen, wir müssen Flagge zeigen, wir müssen Soldaten schicken, wir dürfen uns das nicht gefallen lassen, wir müssen zum Gegenschlag ausholen.

Wie bitte?
Wir sind die Guten?
Woher wissen wir das?

Jesus wird einmal mit „guter Meister“ angeredet und weist dies entschieden zurück.
Gut ist nur einer, Gott.

Wir sind nicht gut. Niemand von uns.

Und ich denke an die 20 000 Kinder, die jeden Tag Stunde für Stunde, Minute für Minute an Hunger sterben. Und wir nehmen es hin. Niemand ruft mit 40 Milliarden Dollar dazu auf, das Böse auszumerzen, das es zulässt, dass diese Kinder sterben.

Im Gegenteil: Wenn die korrupten Regierungen, die ihre eigenen Menschen verhungern lassen, teuere Waffen bestellen, dann machen unsere Länder, deren Regierungschefs sich „gut“ nennen, selbstverständlich Geschäfte mit ihnen.

Im Gegenteil: Wenn in einem Drittweltland billiger produziert werden kann, weil dort für einen Hungerlohn 10 Stunden und mehr an sieben Tagen in der Woche gearbeitet werden kann, dann streichen wir gerne den Profit ein.

Im Gegenteil: Wenn der Welthandel den Kaffee zu preisen handelt, bei denen die Plantagenarbeiter verhungern müssen, dann greifen wir trotzdem zu. Nur eine verschwindende Minderheit bemüht sich, fair gehandelte Produkte zu kaufen, damit unsere Welt gerechter wird.

Wie glaubwürdig ist die angeblich christliche Welt, mit Werten wie der Feindesliebe, wenn sie regelmäßig schweigt, wenn Vergeltungsangriffe geflogen werden? Wie glaubwürdig ist unsere westliche Welt, wenn sie zusieht, wie Umwelt zugrunde geht, Hauptsache, der Euro oder der Dollar rollt?

Ich bin entsetzt über die schrecklichen Bilder,
aber das Entsetzen wird gesteigert dadurch, dass jemand sich für Gut erklärt und zum Kampf gegen das absolute Böse aufruft,
ohne jedes Schuldbewusstsein dafür, wie egal die Hungertoten unserer Welt letztlich sind –
ohne jedes Schuldbewusstsein dafür, wieviel Ungerechtigkeit auf der Welt von diesen angeblich Guten geduldet oder gar gefördert wird.

Ist nicht der Terrorist Osama bin Laden von den USA selbst ausgebildet und gefördert worden?
Hat er nicht einmal auf seiten dieser Guten gekämpft und dabei bei seinen Feinden für Angst und Schrecken gesorgt und Menschen vernichtet?

Wer ist da Gut? Wer ist da böse?
Wer kann sich da anmaßen, mit der Waffe in der Hand den Kampf gegen das absolut Böse aufzunehmen?

Damit ich nicht missverstanden werde: Ich halte jede polizeiliche Ermittlung für gerechtfertigt, damit die Terroristen enttarnt und verurteilt werden. Nach einem fairen Prozess und einem gerechten Urteil. So wie auch der Heidelberger Katechismus vom Auftrag des Staates spricht, durch seine Rechtsordnung das Töten zu verhindern. Keine Frage: Darin hat Amerika unsere volle Unterstützung nötig.

Aber müssen wir Vergeltungsschläge und Vernichtungsschläge „gegen das absolut Böse“ unterstützen?
Müssen gute Freunde nicht auch einmal sagen: Stopp: Hier gehst du zu weit, das darfst du nicht?

Als Predigttext habe ich bewusst zwei Verse aus Jesaja 32 herausgesucht.

Einen Teil haben wir schon in der Lesung gehört.

Jes 32,17-18: Und der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Ertrag der Gerechtigkeit wird ewige Stille und Sicherheit sein, dass mein Volk in friedlichen Auen wohnen wird, in sicheren Wohnungen und in stolzer Ruhe.

Diese schrecklichen Taten waren nicht gerecht, ihre Frucht ist massiver Unfriede. Die Terroristen bewirken Angst und Schrecken, sie bewirken Unrecht und Unsicherheit.

Aber diese Verse fragen auch uns selbstkritisch: Wie sieht es aus mit unserer Gerechtigkeit? Warum schotten wir uns ab gegen die Armut in der Dritten Welt?
Warum finden wir ab mit Tausenden Hungertoten jeden Tag?
Warum schreit niemand auf, wenn jeden Tag mehr Kinder (von den Erwachsenen reden wir erst gar nicht) am Hunger sterben als Menschen am letzten Dienstag in den Trümmern umgekommen sind?

Ist es vielleicht doch so, dass auch unsere Ungerechtigkeit letztlich nur zum Unfrieden führt?
Zu solchen Anschlägen, die gegen unser Unrecht und unsere Arroganz protestieren wollen?

Der Leiter der Caritas spricht von Entwicklungshilfe als Instrument der Terroristenbekämpfung.

Und so verstehe ich auch die Verse aus dem Jesajabuch:
Setzte dich für Gerechtigkeit ein, dann wirst du Stille und Sicherheit ernten.
Rufe nicht auf zu Gegengewalt, sondern bekämpfe den Terror mit Gerechtigkeit.

Dort ist wahrhaftig noch viel zu tun.

Und darum müssten unsere Kirchen noch deutlicher werden und nicht nur allgemein für Weisheit unserer Politiker bitten.

Darum müssen wir warnen, wenn die untauglichen Mittel ergriffen werden, die den Hass und den Terror nur steigern.

Darum müssen wir sagen: Vergeltung trägt nicht dazu bei, dass das Böse auf der Welt weniger würde.

Jesus hat die Welt nicht dadurch erlöst, dass er das Böse mit einem Streich auslöschte (dann gäbe es uns nämlich gar nicht mehr), sondern indem er für uns betete und für uns starb.
Sein Auftrag an uns war: Folgt mir nach. Dienet, sorget für Gerechtigkeit, ich will bei euch sein.

Darum wollen wir bitten, und darum wollen wir beten.
Darum wollen wir uns in Erinnerung rufen, dass unsere Religion nicht auf Rache aufbaut, sondern auf Feindesliebe.

Das ist schwer. Es übersteigt vielleicht unsere Vernunft.

Aber es könnte helfen, dass unsere Herzen und Sinne nicht hart werden.
Es könnte helfen, dass wir aus unserem Entsetzen und aus unserem Mitgefühl die richtigen Konsequenzen ziehen.

Darum beten wir für den Frieden.
Frieden zwischen den Religionen.
Frieden zwischen den Religionen, die letztlich alle nur Frieden wollen. So wie es unzählige Muslime betonen, die sich ebenfalls von den Terroristen distanzieren und für den Frieden beten.
Und darum schließe ich ganz betont die Predigt mit den Worten aus Philliper 4,7, die ich auch sonst gebrauche:

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all‘ unsre Vernunft, bewahre unsre Herzen und Sinne in Christus Jesus!

Lied
Unfriede herrscht auf der Erde (EG 671)

Fürbitten und Vaterunser
Lassen Sie um Frieden beten. Die einzelnen Bitten beantworten wir mit dem Lied „Verleih uns Frieden gnädiglich.“

Gott, wir beten für die Opfer, für die Angehörigen und ihre Freunde.
Nimm die Ermordeten in dein Reich auf, in dem es keinen Terror und keine Anschläge mehr gibt.
Gott, wir beten für die, die die Anschläge verletzt überlebten: verletzt an Leib, aber in jedem Fall an ihrer Seele, ebenso wie ihre Freunde und Verwandten. Wir beten auch für uns, die wir verletzt sind, und Wut spüren und Angst und Trauer.
Wir brauchen deinen Frieden, deine Nähe, damit wir nicht scheitern mit unserem Leben, alle, die wir von dieser schrecklichen Tat verletzt sind.
Damit wir nicht unseren Zorn zum Maßstab machen, sondern deine Liebe.
Darum singen wir:

Gemeinde:
Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten. Es ist ja doch kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du unser Gott alleine. (EG 421 )

Gott, ganz besonders beten wir jetzt für die Rettungskräfte, die bis an den Rand der Kräfte versuchen, Überlebende zu finden, und die dabei so viele finden, die alle nicht überlebt haben.
Gott, es kostet so viel Kraft, Leichenteile aus dem Schutt zu bergen.
Gibt ihnen Menschen, die ihre Trauer aushalten.
Gib ihnen Menschen, die schweigend mittragen, was sie erdulden müssen. Gib ihnen Menschen, die mit ihnen die Wut und den Hass herausschreien, weil diese Gefühle menschlich sind und verständlich.
Hilf ihnen, dass sie an ihrer schweren Aufgabe nicht zerbrechen. Gemeinsam singen wir:

Gemeinde:
Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten. Es ist ja doch kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du unser Gott alleine. (EG 421 )

Gott,
ganz besonders beten wir für die Politikerinnen und Politiker, von deren Urteilen und Entscheidungen so viel abhängt.
Gott, wir möchten konkreter bitten.
Wir bitten, dass unsere Politiker durch ihre Entscheidungen die Spirale von Gewalt und Gegengewalt nicht weiter anheizen.
Gott wir bitten, dass gerade unsere Politiker, die sich christlich nennen, sich an deinen Geboten orientieren und nicht Gewalt mit Gegengewalt vergelten.
Ihre Aufgabe ist es, Menschen vor Gewalt zu schützen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
Aber ihre Aufgabe ist es nicht, Gewalt zu vergelten, sondern für Gerechtigkeit zu sorgen in der Welt.
Solange jeden Tag 20 000 Kinder an Hunger sterben, nimmt uns in der Dritten Welt niemand ab, dass militärische Gegenschläge der Gerechtigkeit dienen.
Gott, viele Menschen in der Welt erleben die Länder unserer westlichen Welt als solche, die sie um des Profits willen ausbeuten und denen sie ansonsten egal sind.
Darum bitten wir für unsere Politiker, dass sie sich für Gerechtigkeit in aller Welt einsetzen, dafür, dass keine Kinder mehr am Hunger sterben müssen und dafür, dass man uns überall auf der Welt abnimmt, dass wir für deinen Frieden eintreten.
Wir singen gemeinsam:

Gemeinde:
Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten. Es ist ja doch kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du unser Gott alleine. (EG 421 )

Gott, gemeinsam beten wir, dass dein Wille im Himmel wie auf Erden geschehe, mit den Worten, die du uns gelehrt hast:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung;
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

LIED
Herr, wir bitten komm und segne uns EG 607

Sendung und Segen
Gehet hin im Frieden des Herrn.
Der HERR segne dich und behüte dich;
der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
Gemeinde: „Amen.“

ORGELNACHSPIEL

Warum heißt diese Homepage „Der TheoPoint“?

Der Name hat eine kleine Geschichte.

Es begann etwa 1987 mit einer Meldung im SPIEGEL, dass es christliche Mailboxen gäbe. Ein “Sysop”, der für Raubkopien bekannt gewesen wäre, hätte sich bekehrt und biete nun christliche Inhalte an. Das war der Anlass, mir ein 1200 Baud-Modem zu besorgen und erste Erfahrungen mit der Datenfernübertragung zu machen. Damals noch auf einem Atari 1040 STF, denn der konnte damals schon Hebräisch und Griechisch darstellen, als die üblichen DOS-Computer gerade mal das normale ABC in Rasterbuchstaben drucken konnten.

Aber diese Mailboxen waren im Süden Deutschlands und die Telefonkosten zu hoch, als dass man dort laufend anrufen konnte. Der nächste Schritt bestand in der Suche nach Mailboxen in der näheren Umgebung. Eine der ersten Mailboxen stand in Ratingen, eine Mailbox im weltweiten Fido-Netz. Die Zeit, in der die Sysops nachts den Akustikkoppler bereit liegen hatten, um den Telefonhörer schnell hineinzudrücken und die Verbindung herzustellen (es gab dann auch kurze Zeit automatische Konstruktionen, die das mit Hilfe eines Elektromotors bewerkstelligten), war erst kurz zuvor zu Ende gegangen.

Achim Drinkuth besorgte mir die entsprechende Atari-Software, und so konnte ich kurz darauf ohne Festplatte, nur mit einer internen Ramdisk und einem zweiten Floppylaufwerk, automatisch Nachrichten senden und abholen.

Es gäbe noch viel zu erzählen, von Z-Netz, von der ersten christlichen Mailbox im Ruhrgebiet namens Credo, von langen Jahren der Teilnahme und dann auch Moderation der “Kirche.ger” im Fido-Netz, vom Churchmail-Netz und auch vom LifeNet. Leider verschwand der Atari ST (inzwischen ein Mega STE) vom Markt und die Entwicklung der an sich sehr guten Software fand ein Ende, kurz bevor auch die Mailbox-Netze gegenüber dem Internet zu langsam wurden.

So aber bleibe ich bei jener ersten Mailbox im Fido-Netz. Die Systeme, die bei einer Fidobox anriefen, waren Points. Und jener Sysop nannte das System des Theologiestudenten, der bei ihm “pollte” den Theologen-Box-Point.

Daraus entwickelte sich dann für die erste eigene Homepage der TheoPoint oder Theologenpoint.

Man könnte nun noch mit dem Namen ein wenig spielen. The O-Point, auch das wäre möglich. “O” wie Original? Oder Ostern?

TheoPoint – es geht jedenfalls um Gott (theo). Das hat etwas mit Jesus Christus zu tun. Bei Rudolf Bultmann konnte man lernen, dass es im Wesentlichen auf das “Dass seines Gekommenseins” ankäme: Das ganze Evangelium komprimiert in einem mathematischen Punkt. Wenn man es so sagen will: Gott hat seine Frohe Botschaft auf den Punkt gebracht. Ich würde dazu heute sagen: Dieser Punkt ist mit 1. Kor 13,13 Liebe – noch wichtiger als Glaube und Hoffnung.